Rewert Hoffer, Korrespondent in Tel Aviv: «Gestern Abend sehr spät war es dann so weit: Erst hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu für einen Waffenstillstand mit dem Hizbullah, mit der islamistischen Schiitenmiliz in Libanon, geworben.
Einige Stunden danach hat der US-Präsident Joe Biden verkündet, dass dieser Waffenstillstand tatsächlich in Kraft tritt, und zwar am Mittwochmorgen um vier Uhr, und im Moment sieht es danach aus, dass dieser Waffenstillstand hält.
Davor hat vor allem Israel massive Luftangriffe in Libanon geflogen, vor allem in Beirut, in der Hauptstadt, und zwar auch in Gegenden, die vorher von Bombardements verschont geblieben sind.
Was ich auch von meinem NZZ-Kollegen Daniel Böhm, der in Beirut Korrespondent ist, gehört habe, ist, dass die Menschen dort wirklich in nackter Panik geflohen sind, weil sie Angst hatten, dass Israel jetzt noch einmal quasi alles gibt, bevor dieser Waffenstillstand in Kraft tritt.
Der Hizbullah hat ebenfalls sehr viele Raketen, vor allem allerdings auf Israels Norden, abgefeuert.
So richtig grosse Euphorie hat sich hier noch nicht verbreitet, auch weil man nicht weiss, ob es dann nach diesen sechzig Tagen, für die die Waffenruhe vereinbart worden ist, tatsächlich einen langfristigen Waffenstillstand oder sogar einen Frieden gibt.
Es wurde vereinbart, dass sich der Hizbullah aus dem unmittelbaren Grenzgebiet südlich des Litani-Flusses, also etwa 30 Kilometer nördlich der israelischen Grenze, zurückzieht. Israel soll sich innerhalb von sechzig Tagen auch zurückziehen.
Allerdings soll Israel auch das Recht behalten, weiter gegen den Hizbullah vorzugehen, falls es unmittelbare Bedrohungen gibt, und das hat auch Ministerpräsident Benjamin Netanyahu noch einmal betont gestern, als er für den Waffenstillstand geworben hat.
Das bedeutet, dass, falls der Hizbullah dieses Abkommen bricht, der Krieg wieder losgehen könnte.
Das heisst, man ist hier noch irgendwie sehr vorsichtig, und man weiss auch, dass das vielleicht nur eine Atempause ist, dass der Hizbullah sich vielleicht neu gruppieren könnte, wieder aufrüsten könnte und man vielleicht in fünf oder zehn Jahren vor dem gleichen Problem steht.»