Die internationale Raumstation, neue Medikamente, Klimaforschung: Die US-Regierung schlägt vor, für all das künftig deutlich weniger Geld auszugeben. Was das für die Forschung weltweit bedeuten würde und wer das noch aufhalten kann.

Wie lässt sich Alzheimer verlangsamen? Welche Folgen hat der Klimawandel? Was hält das Universum im Innersten zusammen?

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Solche Fragen lassen sich nur durch Forschung beantworten. Und dafür braucht es Geld. Bislang haben die USA im internationalen Vergleich besonders viel Geld in Forschung investiert, in vielen Gebieten der Wissenschaft gelten sie als weltweit führend. Doch wenn es nach Präsident Trump geht, könnte damit bald Schluss sein.

In seinem Vorschlag für das Budget der US-Regierung für das kommende Jahr jedenfalls sind für die Forschung radikale Kürzungen von 30 bis 50 Prozent vorgesehen. Betroffen sind praktisch alle Fachgebiete, von der medizinischen Forschung bis zur Erforschung des Weltalls. Nur die Weiterentwicklung von KI und Quantencomputern sind laut einer Zusammenfassung der Regierung explizit ausgenommen.

Noch sind diese Kürzungen nicht bestätigt. Denn über den Haushalt der USA entscheidet nicht der Präsident, sondern der Kongress. Der Budgetvorschlag gilt als eine Art Wunschliste des Präsidenten, die dessen Prioritäten zeigt. Bereits in seiner letzten Amtszeit hatte Trump Kürzungen bei manchen der Forschungsbehörden vorgeschlagen, die jedoch vom Kongress nicht bestätigt wurden.

Allerdings sind die vorgeschlagenen Kürzungen dieses Mal viel umfangreicher. Und Trump bemüht sich bereits seit Januar darum, die Forschungsbehörden mithilfe von Executive Orders am Ausschütten ihrer für dieses Jahr bereits vom Kongress zugesagten Gelder zu hindern. Forscher fürchten, dass sein Vorgehen der amerikanischen Wissenschaft schwerwiegenden Schaden zufügen könnte – mit weltweiten Folgen.

Die Abnehmspritzen, die Covid-Impfung, Immuntherapien gegen Krebs sind nur einzelne Beispiele für medizinische Innovationen, die auf Forschung beruhen, die mit Geldern der amerikanischen Gesundheitsbehörde NIH gefördert wurden. Zwischen 2010 und 2019 wurde laut einer Studie die Entwicklung von 354 der 356 in den USA neu zugelassenen Medikamente vom NIH finanziell unterstützt.

Rund 40 Prozent dieser Gelder sollen laut dem Vorschlag der Regierung ab dem kommenden Jahr nicht mehr fliessen, insgesamt 18 Milliarden US-Dollar. Ausserdem soll die Gesundheitsbehörde komplett umstrukturiert werden, und aus den jetzt 27 Instituten sollen 5 werden.

Die vorgeschlagenen Kürzungen betreffen nicht alle Bereiche gleichermassen. Dem Institut für Minderheiten und gesundheitliche Ungleichheit sollen sämtliche Gelder entzogen werden. Auch die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit zu erforschen, sei keine Priorität der Regierung mehr, heisst es im Budgetvorschlag. Schon jetzt hat die Regierung viele Studien in diesen Bereichen gestoppt.

Zusätzlich zu solch gezielten Kürzungen dürfte es allerdings auch Massnahmen geben, die alle Forschungsprojekte treffen. So hat die Regierung bereits im Februar angeordnet, dass künftig deutlich weniger Geld für sogenannte «indirekte Kosten» bereitstehen soll. Diese Gelder finanzieren unter anderem Gebäude, Laborutensilien, Geräte, Versuchstieranlagen und administrative Tätigkeiten – Dinge, ohne die die Forschung nicht möglich ist.

Die NIH ist der mit Abstand grösste öffentliche Geldgeber für medizinische Forschung weltweit.

Die anteilsmässig grössten vorgeschlagenen Kürzungen treffen die National Science Foundation NSF. Die Behörde unterstützt Grundlagenforschung in allen Bereichen ausser der Medizin. Ganze 4,5 Milliarden US-Dollar weniger soll die Behörde im nächsten Jahr bekommen, eine Kürzung um mehr als die Hälfte. Sie habe Forschung von «zweifelhaftem Wert für die Öffentlichkeit» gefördert, heisst es im Vorschlag.

Vom NSF geförderte Forschungsprojekte haben unter anderem die Entwicklung des 3-D-Drucks vorangetrieben, die Magnetresonanztomografie (MRI) ermöglicht und zur ersten Detektion von Gravitationswellen geführt.

Bereits am 30. April hat die NSF sämtliche Fördergelder «bis auf weiteres» eingefroren, wie «Nature» berichtet. Wenige Tage zuvor hatte der Direktor der Behörde gekündigt. Wann wieder Gelder an die Wissenschafter fliessen, ist bislang unklar.

Die Raumfahrtagentur Nasa soll laut dem Budgetvorschlag ab dem kommenden Jahr in erster Linie zwei Ziele verfolgen: vor China wieder Menschen zum Mond bringen und den ersten Menschen zum Mars fliegen. Alles andere soll radikal zusammengekürzt werden. Insgesamt würde die Nasa 25 Prozent ihres Budgets verlieren. Betrachtet man nur das Budget für Forschung, sieht der Vorschlag eine Kürzung um beinahe die Hälfte vor.

Konkret soll unter anderem die «Mars Sample Return»-Mission gestrichen werden. Sie sollte Proben vom Mars auf die Erde bringen, die der Perseverance Rover eingesammelt hat. Ausserdem sollen die Crew und die wissenschaftlichen Aktivitäten auf der internationalen Raumstation ISS deutlich zurückgefahren werden. Der Budgetvorschlag sieht nur noch die Hälfte des Geldes für die Unterhaltung der Raumstation vor.

Auch die Beobachtung der Erde hat für die US-Regierung niedrige Priorität. So sollen neue Satelliten zur Klimaüberwachung nicht unterstützt werden.

Klimaforschung ist für die Trump-Administration keine Priorität. Gleich an mehreren Stellen im Budgetvorschlag wird gefordert, weniger Geld für die Erforschung der Klimaerwärmung oder die Weiterentwicklung von erneuerbaren Energien auszugeben.

Besonders stark trifft es die Nationale Ozean- und Atmosphärenbehörde NOAA. Nachdem Trump bereits im Februar per Executive Order 20 Prozent der Angestellten entlassen hatte, wünscht er sich nun Budgetkürzungen um etwa ein Viertel. Die Behörde verbreite Klima-Alarmismus, heisst es im Budgetvorschlag. Die Überwachung des Klimas wird als «unnötig» bezeichnet.

In einem offenen Brief an die US-Regierung betonen Klimaforscher, die NOAA erhebe einzigartige Messdaten für die Klimaforschung sowie für die Wetterprognose und die Vorhersage von Katastrophen wie Waldbränden, Hurrikanen und Überschwemmungen. Ohne eine starke NOAA würde die Welt den wachsenden Gefahren des globalen Klimawandels blind entgegentreten, schreiben die Forscher.

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