Dienstag, Oktober 22


VIntage-Kauf

Der Secondhand-Handel mit begehrten Designertaschen boomt. Damit keine Fälschungen in den Umlauf kommen, ist die Echtheitsprüfung dieser Objekte entscheidend. Wo man seine Tasche checken lassen kann.

Sie sind heiss begehrt, ziemlich teuer und schier unmöglich zu ergattern: Luxushandtaschen, die von ihren Produzenten künstlich verknappt werden. Dazu gehört zum Beispiel die Kelly-Bag von Hermès. Wer sich beim französischen Luxuslabel dieses Modell kaufen will, hat sich erst mal als treue Kundin, die in weitere Hermès-Artikel investiert, zu beweisen, bevor sie auf eine Warteliste gesetzt wird.

Ausgewichen wird also immer öfter auf Secondhand- oder Pre-owned-Ware. Hier herrschen keine Wartezeiten, dafür muss der Zustand geprüft werden, denn es besteht die Gefahr von Fälschungen. Deshalb setzen immer mehr Wiederverkauf-Adressen für Luxushandtaschen auf Verifizierungssysteme.

Möglichkeiten für die Authentifizierung der Luxushandtasche:

1. Im Secondhand-Laden: Lux Zürich

Das Zürcher Geschäft Lux (Luxury Shops) handelt bereits seit 1997 von Zürich aus mit Luxusgütern aus zweiter Hand. Damals noch über die erst gestartete Plattform Ebay. Seit 2004 gibt es den eigenen Online-Shop, seit 2005 das eigene Lokal. Das Prinzip ist relativ einfach: Man gibt ein Produkt ab, Lux fotografiert es und stellt dieses anschliessend auf seinen Webshop und in den physischen Shop. Auch Verkauf und Versand werden über Lux abgewickelt. Die Verkaufskonditionen: Halbe-Halbe.

Abgegeben werden im Laden an der Rämistrasse häufig Taschen, die nur einmal oder nie getragen wurden. Der Authentifizierungsprozess findet hauptsächlich vor Ort im Laden statt. Geschäftsführerin Sara Cristina Hirt handelt seit über zehn Jahren mit Luxushandtaschen. Sie prüft wenige, aber entscheidende Details, um deren Echtheit festzustellen. Gibt es dennoch Zweifel oder Unsicherheiten, greift sie auf ein globales Netzwerk an Experten zurück.

Bei unserem Besuch zeigt Hirt eine Kelly-Handtasche von Hermès: Eine Kundin aus Neuseeland möchte sie über Lux verkaufen und schickte sie eingeschrieben zu. Schätzwert auf dem Sekundärmarkt: Rund 24 000 Franken (der Neupreis bei Hermès liegt bei etwa 12 000 Franken). Die Tasche wurde auf einer grossen, etablierten Wiederverkaufsplattform erworben.

Täuschend echt sieht sie auf den ersten Blick aus, aber Hirt erspäht verdächtige Details, von der Aufschrift auf der Kartonbox, dem Seidenpapier über den Dust Bag bis hin zum Innenleder und zu der Verarbeitung, der Form einer Doppelöse und gar dem so prestigereichen Hermès-Stempel beim Verschluss unter dem Taschendeckel.

Würde so ein Objekt beim Originalhersteller – etwa bei Chanel, Louis Vuitton oder Hermès – zur Verifizierung landen, würde er es vernichten, so Hirt. Ein bitteres Los für jemanden, der über zehntausend Franken für die Tasche bezahlt hat.

Wer wissen möchte, ob die Tasche, die er oder sie anderswo gekauft hat, echt ist: Lux bietet für 250 Franken einen Authentifizierungsservice an. Die Prüfung dauert ein bis zwei Wochen.

Lux, Rämistrasse 25, 8001 Zürich +41 43 537 05 21

2. Beim Auktionshaus: Sotheby’s

«Pre-owned»-Luxushandtaschen findet man heute nicht nur bei spezialisierten Vintagehändlern und Plattformen, sondern auch traditionsreiche Auktionshäuser wie Christie’s und Sotheby’s haben den Markt für sich entdeckt. Ihr Vorteil ist vor allem das grosse Beziehungsnetz mit Sammlern und Kundinnen, die nebst Kunst, Schmuck und Uhren auch andere Luxusgüter wie Handtaschen besitzen – und auch weiterverkaufen möchten.
Zudem strahlen die altehrwürdigen Handelshäuser eine hohe Vertrauenswürdigkeit aus.

Die Edeltaschen bilden bei Sotheby’s, zusammen mit Autos, Uhren, Wein und Spirituosen, das junge Luxussegment, das 2023 einen Umsatz von 2,5 Milliarden Dollar und ein Wachstum von 4,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr verbuchte – wobei die neue Kategorie der Luxushandtaschen sich am schnellsten entwickelt: Hier hat sich der Umsatz vergangenes Jahr verdoppelt.

Grundsätzlich wird zwischen zwei Kauf- und Verkaufsmöglichkeiten bei Sotheby’s unterschieden: Auktionen mit relativ tiefen Startpreisen und «Retail», also über E-Commerce «Sotheby’s Buy now» wie auch im physischen «Sotheby’s Salon» bei Bucherer in Zürich. Hier kann man eine Tasche per Fixpreis sofort kaufen.

Die Auswahl ist exklusiv und beschränkt sich auf Modelle von Hermès, Chanel und Louis Vuitton – alles Ware in bestem Zustand, die von Besuchern nicht, und wenn, nur mit Handschuhen, angefasst werden dürfen.

Salome Hinora ist Handtaschen-Expertin bei Sotheby’s. Sie verantwortet die Auswahl für die Auktionen wie auch für das Sortiment auf der Online-Plattform sowie dem Sotheby’s Salon bei Bucherer in Zürich. Als Expertin mit rund sechs Jahren Erfahrung ist ihr Blick und Sinn für Luxushandtaschen geschult.

«Wenn man nach all den Jahren so viele Handtaschen bestimmter Luxusmarken geprüft hat, hat man einen Blick für eine Fälschung.» Details wie lose Hardware, ein nicht ganz perfekt gerundeter Henkel oder Nähte, bei denen Leim oder Plastik herausschaut seien einige verdächtige Indizien.

Weitere Retail-Stores zusätzlich zu Zürich sind in London, Paris, New York und Hongkong geplant. Ist ein gewünschtes Objekt in der gewünschten Filiale zur Besichtigung nicht vor Ort, werden Fotos, Videos und ein ausführlicher «Condition Report» organisiert. Auch spezifische Kundenanfragen werden erfüllt und global gesourct.

Im Vergleich zu anderen Händlern des Sekundärmarktes von Handtaschen sind die Verkaufskonditionen sehr gut: Sotheby’s nimmt nur zwanzig Prozent Kommission beim Retail-Geschäft, während andere Händler rund 40 Prozent Kommission verlangen.

Sotheby’s Salon, Bucherer-Flagshipstore, Bahnhofstrasse 50, Zürich.

3. Über den Online-Shop: Vestiaire Collective

#ThinkFirstBuySecond ist das Motto von «Vestiaire Collective», der grossen Plattform, die sich als Vorreiterin im Secondhand-Handel mit Luxusartikeln sieht. Heute ist das Unternehmen ein unumgänglicher Platzhirsch in der Branche, der auch entsprechend viel eigene Mittel in die Vermarktung steckt.

2022 publizierte das Unternehmen seinen «Trust Report». Darin wird betont, dass laufend geschulte Expertinnen und Experten jährlich je 40 000 Artikel authentifizieren. Seit 2019 wurden rund 1,5 Millionen Artikel von diesem fehlersicheren Prozess der Echtheitsprüfung physisch für echt erklärt.

30 Prozent des Sortiments, die nach der Prüfung als Fälschung enttarnt wurden, fielen 2022 in die Kategorie Luxus- und Designerhandtaschen. Bei Handtaschen sind die Verifizierung des Modellnamens und der Seriennummer in der Datenbank, Geruchstest am Leder sowie genaue Betrachtung der Nähte und Schutzbeutel nur einige cer Schritte. Alle Details werden genau unter die Lupe genommen, um sicherzustellen, dass das Produkt echt ist: vom Staubbeutel bis zur Rechnung, inklusive Material, Finish, Typografie, Stickerei, Seriennummer und Gravur.

Das Authentifizierungsteam von Vestiaire Collective zählt heute ein 140-köpfiges Expertenteam in Qualitätskontrolle und digitaler und physischer Authentifizierung: Erfahrene Spezialisten für Luxusartikel, Gemmologie, Streetwear und mehr. Laut Vestiaire Collective erkennt die aufwendige Authentifizierung Fälschungen mit einer Trefferquote von 99,9 Prozent. Dafür werden auch Algorithmen auf KI-Basis genutzt. Ziel ist es, die vertrauenswürdigste Secondhand-Plattform der Welt zu werden.

Die Konditionen bei einem Verkauf: 10 Prozent Verkaufsgebühr auf Artikel zwischen 100 Euro und 20 000 Euro, eine Fixgebühr von 10 Euro für Artikel unter 100 Euro, für Artikel über 20 000 Euro eine fixe Verkaufsgebühr von 2000 Euro. Die Zahlungsabwicklung kostet zudem eine Gebühr von 3 Prozent auf den Verkauf, um externe Abwicklungskosten der Transaktion zu decken.

vestiairecollective.com

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