Mittwoch, März 12

In Südostasien wollte sich die Entwicklungsbehörde USAID für einen freien Indopazifik einsetzen. Mit ihrem Rückzug könnte sie das Gegenteil erreichen.

Die Neustrukturierung von USAID, der amerikanischen Behörde für internationale Entwicklung, hat Auswirkungen in Asien. Der Entscheid der Trump-Regierung, die Entwicklungshilfe per Ende Januar für 90 Tage auszusetzen, hat ein Finanzierungsloch in die Budgets vieler Hilfsorganisationen gerissen. USAID betreibt seit 2003 ein grosses regionales Zentrum für Südostasien in Bangkok, dieses kümmert sich um Projekte in einer Region mit rund 650 Millionen Einwohnern.

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Bevor die Website von USAID abgeschaltet wurde, hiess es dort, man engagiere sich in Südostasien unterstützend zu der amerikanischen Indopazifik-Strategie «und deren Vision einer freien, offenen, verbundenen, prosperierenden, widerstandsfähigen und sicheren Region». Mit der Kürzung der Entwicklungsgelder könnte die Trump-Regierung nun das Gegenteil erreichen.

Chinas Chance

Die Entwicklungsprojekte der USA stärken ihre Position in einer Region, in der China bereits grossen Einfluss hat. Dieser ist einerseits historisch bedingt, viele Menschen in Thailand oder Indonesien haben chinesische Vorfahren. Der Einfluss entsteht aber auch schlicht durch die geografische Nähe. Alarmiert durch Chinas Aufstieg verschieben die USA seit Jahren Ressourcen nach Asien, um ihre Sicherheitsinteressen in der Region zu wahren. Die Entwicklungsprojekte waren Teil dieser Strategie. Seit 2022 taucht die Indopazifik-Strategie der Biden-Regierung auch explizit in Konzepten für Südostasien auf der USAID-Website auf.

Noch sind die Auswirkungen des zumindest vorläufigen Rückzugs von USAID nicht vollumfänglich abzuschätzen. Viele Hilfsprojekte haben keine Alarmsignale gesendet, weil sie es sich nicht mit der neuen amerikanischen Regierung verderben wollen – es könnte sein, dass sie nach dem 90-tägigen Unterbruch wieder Geld erhalten. Sicher ist: Das Ausbleiben der Zahlungen eröffnet China die Chance, als Wohltäter aufzutreten.

Dies offenbart ein Beispiel aus Kambodscha. Wie Radio Free Asia berichtet, spendet China 4,4 Millionen Dollar für ein Jahresprogramm zum Aufräumen von Landminen. Kambodscha gehört zu den am meisten verminten Gebieten der Welt – die Landminen sind Überbleibsel des Vietnamkriegs, während des kambodschanischen Bürgerkrieges vergruben die Khmer Rouge weitere Minen im Land.

Die Aufräumarbeiten waren teilweise von den USA finanziert und kosteten jährlich 2 Millionen Dollar. Nach Beginn der Restrukturierung von USAID Ende Januar machte die kambodschanische Regierung bekannt, dass sie ihr Ziel, bis Ende 2025 minenfrei zu sein, so nicht erreichen könne. Sie müsse ihr Aufräumprogramm beenden.

Ebenfalls betroffen vom Rückzug der amerikanischen Hilfe ist ein Hilfsprogramm in Vietnam, das die Überreste eines Giftstoffs beseitigte, den die Amerikaner während des Vietnamkriegs einsetzten. In Thailand können Flüchtlinge, die aus dem Bürgerkriegsland Myanmar über die Grenze flohen, nicht mehr versorgt werden. In Nepal hat China offenbar der Regierung signalisiert, dass es Entwicklungsprojekte nach dem Wegfall der amerikanischen Gelder finanzieren würde.

«Ich glaube nicht, dass China direkt die Lücke schliessen wird, die USAID hinterlassen hat. Aber es ist sicher, dass China seine Investitionen und seine Kredite an Entwicklungsländer erhöhen wird – und sich so als die verantwortungsvollere Weltmacht präsentiert», sagt Joshua Kurlantzick, Südostasien-Experte bei der amerikanischen Denkfabrik Council on Foreign Relations.

Ehemalige Botschafter mit offenem Brief

China engagiert sich anders als die USA in Entwicklungsländern: Es vergibt eher Kredite und investiert in Infrastrukturprojekte. «Peking hat nicht das gleich starke Engagement für Entwicklungshilfe wie die USA. Das hat damit zu tun, dass ein grosser Teil der chinesischen Bevölkerung selber noch in relativer Armut lebt. Hilfe für die eigene Bevölkerung bleibt eine Priorität für die Regierung», sagt Bethany Allen, China-Analystin am Australian Strategic Policy Institute. Viele Chinesen sähen es zudem skeptisch, wenn Geld im Ausland verteilt werde, solange die einheimischen Probleme nicht gelöst seien.

Die Experten sind sich einig, dass das Image der USA in Südostasien mit dem Rückzug von USAID weiter leiden wird. Eine Studie des gesellschaftspolitischen Forschungsinstituts Iseas-Yusof Ishak in Singapur offenbarte im vergangenen Jahr, dass China bei der lokalen Bevölkerung in der Region als wichtiger eingeschätzt wird als die USA – die Ausnahme waren Vietnam und die Philippinen. Das Ausbleiben der Hilfsgelder könnte das Vertrauen in die USA in der Region weiter erschüttern – besonders in Ländern wie Vietnam, Laos oder Kambodscha, die noch immer mit den Folgen von Kriegen mit amerikanischer Beteiligung kämpfen.

Anfang Woche unterschrieben 17 ehemalige amerikanische Botschafter für Laos, Kambodscha und Vietnam einen offenen Brief an den amerikanischen Aussenminister Marco Rubio. Sie baten ihn, die Finanzierung der Minenprogramme in der Region nicht zu stoppen. Man verstehe das Bedürfnis der neuen Regierung, die Entwicklungshilfe zu überprüfen, schreiben die ehemaligen Botschafter. Es sei aber ein Fehler, dies in einem Finanzierungsvakuum zu tun – so drohten die Programme zu verschwinden. Diese seien aber «eine sehr sichtbare Demonstration der amerikanischen Unterstützung für Laos, Kambodscha und Vietnam, Länder in einer Region von hoher strategischer Wichtigkeit für die USA».

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