Samstag, November 23

«Van Life» ist angesagt. Von diesem Trend will auch Renault profitieren und bringt den Trafic Space Nomad gegen die etablierte Konkurrenz ins Spiel.

Wer auf Schweizer Strassen unterwegs ist, wird längst die vielen Wohnmobile bemerkt haben – besonders in der Sommerzeit und im beginnenden Herbst ist die Häufigkeit dieser kompakten Reisemobile nicht zu übersehen. Der Trend – auch «Van Life» genannt – ist vor einigen Jahren entstanden und wurde durch die Pandemie noch einmal befeuert.

Welcher Camper-Van dabei der beliebteste ist, zeigt sich an den Verkaufszahlen: Der VW California, das meistverkaufte Reisemobil der Welt, dominiert auch hierzulande den Markt. Allerdings gibt es gute Alternativen – etwa den neuen Renault Space Nomad.

Denn nicht nur VW, sondern auch Renault hat eine lange Camper-Van-Tradition. Fast zur gleichen Zeit, als die Deutschen in den 1950er Jahren ihren T1 auf den Markt brachten, lancierten die Franzosen mit dem Renault Estafette ein ähnliches Modell, das bald ebenso als beliebtes Reisefahrzeug entdeckt wurde. Doch während der VW-Transporter bis zur heute siebten Generation konstant weitergebaut wird, hatte Renault lange Zeit kein solches Modell mehr im Angebot. Mit der Einführung des Trafic Space Nomad hat sich das nun geändert. Verantwortlich dafür ist ein Schweizer.

Das Produkt entstand im Raum Zürich

Die Idee zu diesem Modell kam nämlich nicht aus der Firmenzentrale in Frankreich, sondern aus der Zürcher Agglomeration: Dort, beim Schweizer Renault-Importeur in Urdorf, erkannte der Nutzfahrzeug-Produktmanager José Noceda, dass auch die französische Marke vom Camper-Boom profitieren sollte. Er liess kurzerhand in Eigenregie ein Reisemobil auf Basis des Lieferwagens Trafic entwickeln, das ab 2020 ausschliesslich in der Schweiz verkauft wurde.

Doch der Trafic Space Nomad beeindruckte die Teppichetage in Paris – und so kam es, dass Renault das Modell nun in einer weiterentwickelten Form offiziell ins Programm aufgenommen hat und auch in Ländern wie Frankreich oder Belgien anbietet.

Für den Innenausbau ist der französische Wohnmobilhersteller Pilote verantwortlich. «Wir bauen seit vierzig Jahren Lieferwagen zu Camper-Bussen um», sagt der Chefentwickler Thibaut Renard. «Der Renault Trafic ist dafür aus unserer Sicht das am besten geeignete Modell auf dem Markt. Deshalb rüsten wir seit je ausschliesslich dieses Modell zu Camper-Vans um.» Welche Vorteile der Franzose gegenüber seinen Konkurrenten tatsächlich zu bieten hat, sollten zweiwöchige Campingferien mit Kind und Kegel am Neuenburgersee aufzeigen.

Rustikaler als die deutsche Konkurrenz, aber günstiger

Platz ist ein entscheidendes Kriterium bei einem Reisemobil – und davon bietet der Space Nomad mehr als seine Mitbewerber. Der Renault ist in zwei Längen (5,08 oder 5,48 Meter) erhältlich und bietet je nach Variante 1800 bis 2550 Liter Raum fürs Gepäck. Der Innenausbau ist allerdings etwas spartanischer als bei VW California, Mercedes-Benz Marco Polo oder Ford Nugget, dafür ist der Franzose mit einem Preis ab 59 900 Franken deutlich günstiger.

Die Serienausstattung ist dennoch umfangreich: Neben dem Aufstelldach, einer zum Doppelbett umklappbaren Rückbank und einer ausrollbaren Markise sind auch eine Küche mit Zwei-Flammen-Gasherd und Frisch-/Abwassertank an Bord. Hinzu kommen ein Kühlschrank mit Gefrierfach, eine Aussendusche, eine Standheizung und Solarpaneele auf dem Dach. Auf technische Spielereien wie eine digitale Steuerung der Camping-Funktionen oder ein automatisch ausfahrendes Aufstelldach verzichtet Renault beim Space Nomad hingegen.

Ein paar Komfortabstriche gibt es ausserdem. Auf dem oberen Doppelbett unter dem manuell aufstellbaren Dach liegt es sich zwar bequem auf einer dünnen Matratze, doch einen rückenschonenden Teller- oder Lattenrost gibt es nicht. Unten kann die Sitzbank zwar mit wenigen Handgriffen zu einer straff gepolsterten Schlafgelegenheit umfunktioniert werden, der Rückbau des Betts ist allerdings nichts für Menschen mit schwachem Kreuz.

Hier und da lässt die Verarbeitungsqualität etwas zu wünschen übrig. Und eine Dimmfunktion für die Innenbeleuchtung wäre praktisch – das verbaute LED-Licht ist nachts gar grell.

Insgesamt aber wohnt und schläft es sich gut im französischen Camper-Van. Und auch auf der Strasse ist der Renault Trafic Space Nomad ein angenehmer Begleiter: Dank dem übersichtlichen Cockpit lässt sich das Reisemobil stressfrei manövrieren, rollt komfortabel ab und ist nicht nur gut gegen Temperaturen, sondern auch gegen Fahrgeräusche isoliert.

Der 2 Liter grosse Vierzylinder-Diesel, der wahlweise mit 150 oder 170 PS mit manuellem oder automatischem Getriebe erhältlich ist, erfüllt seine Aufgabe tadellos. Mit einem realistischen Durchschnittsverbrauch von 10,4 Litern auf 100 Kilometer in der getesteten Version Grand Space Nomad ist das Wohnmobil mit stärkerem Motor und Doppelkupplungs-Automatikgetriebe durchaus sparsam.

Unterm Strich ist der Franzose also eine interessante Alternative zu den etablierten Modellen – geräumig, praktisch und vor allem preisgünstig. Damit wird der Renault unter den Camper-Fans seine Anhänger finden.

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