Ein per Video geführtes Interview mit dem amerikanischen Regisseur im Rahmen der Internationalen Filmwoche Moskau ruft empörte Reaktionen der Ukraine hervor.
In der Ukraine hat man ein wachsames Auge auf die Auftritte westlicher Künstler in Russland. Nun hat der amerikanische Regisseur Woody Allen mit einem Auftritt per Video-Zuschaltung an einem Moskauer Filmfestival für politische Irritationen gesorgt.
Das Aussenministerium der Ukraine reagierte umgehend mit scharfer Kritik: Der Auftritt am Sonntag sei «eine Schande und eine Beleidigung für die Opfer unter ukrainischen Schauspielern und Filmschaffenden, die durch russische Kriegsverbrecher getötet oder verletzt wurden», hiess es in einem via Social Media verbreiteten Statement. Allen habe mit der Teilnahme an dem Festival, das Anhänger und Unterstützer Putins versammelt habe, die Augen vor den Greueltaten verschlossen, die Russland seit 2014 täglich in der Ukraine begehe, so das Aussenministerium in Kiew weiter.
«Legenden des Weltkinos»
Allen war am Sonntag im Rahmen der «Internationalen Filmwoche Moskau» per Video zugeschaltet worden. Er trat in einer Programmsparte des Festivals auf, die mit «Legenden des Weltkinos» überschrieben war. In der «Atmosphäre eines vertraulichen Dialogs», so die Beschreibung der Veranstaltung auf der Website, sollten die Besucher die Möglichkeit erhalten, «die innere Welt des Regisseurs zu berühren, zu verstehen, wie Geschichten entstehen, die jahrzehntelang in der Kultur bleiben, und Gedanken zu hören, die selten in der Öffentlichkeit auftauchen».
Moderiert wurde die Veranstaltung von dem Regisseur und Schauspieler Fjodor Bondartschuk, der als Unterstützer Putins und als kremlnah gilt. Ob Allen dieser Umstand bewusst war, ist unklar. Bondartschuk war vor 2020 auch im Westen bekannt geworden, unter anderem mit dem ersten russischen 3-D-Film, «Stalingrad», einem patriotischen Epos über die Entscheidungsschlacht im Zweiten Weltkrieg, sowie zuletzt mit den Science-Fiction-Filmen «Attraction» und «Attraction 2 – Invasion». Mittlerweile steht er wegen seiner Unterstützung der russischen Kriegspolitik auf westlichen Sanktionslisten.
In dem Gespräch mit Bondartschuk äusserte Woody Allen nach Darstellung russischer Medien unter anderem seine Bewunderung für dessen Vater, den Filmregisseur Sergei Bondartschuk, dem er auch persönlich begegnet sei. Dessen monumentale Verfilmung von «Krieg und Frieden» zählt zu den zentralen Werken des sowjetischen Kinos; die Tolstoi-Adaption errang 1969 auch einen Oscar als bester fremdsprachiger Film. «Russisches Kino» habe ihm «immer gefallen», sagte Allen gemäss den Berichten.
Allen habe im Verlauf des Gesprächs ausserdem die Überzeugung vertreten, dass künstliche Intelligenz niemals Werke auf dem Niveau von Fjodor Dostojewski produzieren könne. Der Frage, ob er in Russland drehen wolle, wich Allen dagegen aus. Er habe keine Angebote für Dreharbeiten in Russland erhalten. Der inzwischen 89 Jahre alte Regisseur, der 2024 ein mögliches Ende seines Filmschaffens angedeutet hatte, zeigte sich aber grundsätzlich offen für einen Plot, der das Gefühl der Behaglichkeit widerspiegle, das er früher in Moskau empfunden habe. Explizit politisch äusserte sich Allen nicht.
«Moskaus blutiges Festival»
Gleichwohl verurteilte die Ukraine Woody Allens Entscheidung, «Moskaus blutiges Festival» mit seiner Ansprache zu beehren. Kultur dürfe nicht für die «Reinwaschung» von Verbrechen oder als «Propagandainstrument» dienen.
Woody Allen hat diese Darstellung unterdessen zurückgewiesen. In einer Erklärung gegenüber dem britischen «Guardian» versuchte er, seine Position deutlich zu machen: «Was den Konflikt in der Ukraine betrifft, glaube ich fest daran, dass Wladimir Putin völlig im Unrecht ist. Der Krieg, den er verursacht hat, ist entsetzlich. Aber, was auch immer Politiker getan haben, ich glaube nicht, dass das Abbrechen künstlerischer Gespräche jemals eine gute Methode ist, um zu helfen.»

