Mittwoch, Oktober 9


Herrenmode

Angesichts anstehender Hochzeiten und Festanlässe hat der perfekt geschnittene Anzug derzeit Hochkonjunktur. Ein kleiner Überblick für Einsteiger – von «made to measure» bis zum Feinmass.

Die schlechte Nachricht vorweg: Wer für den besonderen Festanlass im Juni noch «rasch» einen Massanzug besorgen will, hat sehr wahrscheinlich Pech gehabt. In der Regel sollte man vom ersten Beratungstermin mit Massnehmen bis zur Auslieferung rund sechs Wochen rechnen.

Gegen einen Aufpreis könnte zwar eine Expresslieferung innerhalb von vier Wochen bei einigen Anbietern noch drinliegen. Da die Hochzeitssaison aber bereits voll im Gange ist, kämpfen viele mit zahlreichen Last-Minute-Anfragen von bestehenden Kunden. Für schnellentschlossene Neukunden könnte es knapp werden.

Zudem sollte man bei einer Bestellung vorsichtshalber auch verzögernde Faktoren einkalkulieren: etwa Probleme bei Zoll, Kurier oder gar kleine Webfehler im Stoff. Bei einem Discounter (siehe weiter unten) kriegt man den Massanzug aber auch innerhalb von drei Wochen.

Die gute Nachricht: Massgeschneiderte Anzüge sind ohnehin eine Alternative zu Designer-Outfits und werden immer häufiger auch in anderen Situationen getragen, in denen man gut und gepflegt aussehen will, sei es ein Lunch-Termin oder ein Apéro – und nicht zwingend nur zu einer Hochzeit.

Wer in einen Massanzug investieren will, setzt sich idealerweise schon einige Monate davor mit dem Thema auseinander: erst einmal, um ein paar Inspirationen zu sammeln und sich möglichst klare Vorstellungen vom Wunschanzug zu machen. Acht bis sechs Wochen vor dem Stichtag sollte man den passenden Anbieter gefunden haben, um mit ihm einen Termin zu vereinbaren.

Der grosse Unterschied: Masskonfektion und Feinmass

Was heute im Umgangssprachlichen als Massanzug gehandelt wird, ist oft Masskonfektion, auch «made to measure» genannt, oder salopp ausgedrückt: «Konfektionsware mit Anpassungen». Hierbei arbeiten Anbieter mit bestehenden «Schlupfteilen»: Mustermodellen in verschiedenen Grössen. Beim Besprechungstermin schlüpft der Kunde in das am besten passende Muster, an welchem dann persönliche Massänderungen abgesteckt werden. Die jeweiligen Details – von Ärmellänge über Bundweite bis hin zur Körperhaltung – werden in der Schnittvorlage vermerkt und an die Produktion zum Anpassen weitergeleitet.

Für einen ersten Made-to-measure-Termin rechnet man eine bis eineinhalb Stunden. Das Meeting ist etwa so wie beim Friseur und wird in der Anzugsbranche gerne als ganz persönliche Angelegenheit zelebriert. Es ist ein Austausch zum Kennenlernen und um persönliche Interessen, Stil und Geschmack zu erörtern, aber auch um gar eine langfristige Geschäftsbeziehung mit freundschaftlich-kollegialem Flair aufzubauen.

Nachdem der Kundenwunsch definiert ist – welcher Look, welcher Schnitt und welcher Stoff –, wird Mass genommen. Am Schluss kommen dann die Details wie Knöpfe, Revers, Innenfutter zur Bestimmung. Hat man einmal seine Adresse des Vertrauens gefunden, verkürzen sich zukünftige Bestelltermine auf etwa eine halbe Stunde.

Über dieser massentauglichen Version steht dann das Feinmass, im Englischen auch bekannt als «bespoke» oder «custom made». Feinmass ist eine geschützte Domäne mit klar definierten Arbeitsschritten: Jedes Teil dieser Königsklasse – vergleichbar mit Haute Couture – ist ein aufwendig gefertigtes Erzeugnis. Für jeden Kunden werden eigene Schnitte erstellt, der Anzug wird dann vielfach von Hand und in mehreren Anproben gefertigt. Das Resultat hat seinen Preis: Um die 10 000 Franken und einige Monate Fertigung sollten kalkuliert werden.

Warum sollte man sich einen Massanzug zulegen?

Es gibt es viele gute Gründe, sich einen Anzug auf Mass zu leisten: In erster Linie steht die «bella figura» im Vordergrund. Denn ein Jackett-Hose-Ensemble, das auf die Körpermasse des Trägers geschnitten ist, verleiht diesem die bestmögliche Silhouette. Hinzu kommt der Komfort. Ein gut geschnittener Anzug ist fast so bequem wie ein Pyjama. Idealerweise entpuppt sich der Anzug nach Mass als kleines Liebhaberprojekt, das über einige Wochen hinweg Spass macht.

Für viele Kunden stellt die Passform von Normgrössen von der Stange ausserdem ein Problem dar – zu lang die Ärmel, zu weit die Oberschenkel –, so kann das Tragen einer Designermarke, die nicht perfekt sitzt und angepasst werden muss, schnell einmal teurer werden als ein Massanzug. Der Preis eines Made-to-measure-Anzugs startet oft schon bei 1200 Franken, bei einigen wenigen Anbietern auch schon darunter. Das ist ein Bruchteil von den Preisen der Modelle einer Luxusmarke, die meist ab rund 3000 Franken erhältlich sind. Und wer sein Modell clever wählt und seine Körpermasse hält, trägt den Massanzug über Jahre hinweg – vielleicht nicht nur für besondere Anlässe, sondern auch regelmässig im Alltag.

Fünf konkrete Tipps, die es beim Kauf zu beachten gilt:

1. Schrittweise einsteigen

Man kann auch erst einmal mit einem Stück beginnen, etwa einem Jackett oder einer Hose. Sie sind in Kombination ein Gewinn für bestehende Teile im Kleiderschrank, die mit dem neuen Massstück eine Aufwertung erhalten.

2. Körpermasse halten

Wer nach dem Massnehmen einen Anzug bestellt, wird sich ärgern, Muskeln oder Fett zu- beziehungsweise abgenommen zu haben und nicht mehr in das angefertigte Produkt zu passen.

3. Auf «full canvas» setzen

Damit die Front eines Jacketts schön und möglichst stattlich fällt, arbeitet der Schneider oder die Schneiderin mit Einlagen. Diese sind idealerweise leicht und doch stabil, im besten Falle aus biegsamem Rosshaar. Bei billigen Produkten werden die Einlagen geklebt, was dem Oberstoff eine gewisse Bewegungsfreiheit nimmt, sie können sich nach einer gewissen Zeit lösen, und es entstehen gar unschöne Druckblasen. Hochwertiger ist «full canvas»: lose, leinwandartige Gewebeeinlagen, die von Hand mit kleinen Stichen «pikiert» werden.

4. Casual Styles

Es muss nicht immer die klassische Schale sein. Es gibt mittlerweile viele Anbieter, die auch freizeitlichere Teile auf Mass anbieten: etwa Chinos und Jeans. Die lässige, moderne Alternative zum Jackett ist etwa das Overshirt. Das ist weniger steif, kann im Alltag getragen werden, macht sich aber in einer hochwertigen Version und mit passender Hose, Smokinghemd, Kummerbund und Fliege auch beim Festanlass ganz gut.

5. Kleiner Stiltipp

Bei einer Hose die Gürtelschlaufen weglassen und stattdessen sogenannte Seitenspanner wählen. Diese Spanngurte sind seitlich am Bund angenäht, das sieht eleganter aus und ist gleichzeitig sehr komfortabel – wenn es einmal nach einem deftigen Mahl etwas spannt, lockert man einfach seitlich die Bundweite.

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