Mittwoch, Februar 5

Nur wenige Fernseh-, Kochbuch- und Promi-Köche geniessen einen solchen Ruf wie Yotam Ottolenghi. Mit seinen unkomplizierten levantinischen Rezepten hat er sich eine grosse Fangemeinde aufgebaut. Nun wurde in Genf das erste «Ottolenghi» der Schweiz eröffnet.

Knapp verpassen wir den Namensgeber. Er sei natürlich zur Eröffnung hier gewesen, hiess es beim Besuch des neuen Restaurants, dem ersten ausserhalb Englands, situiert im Genfer Luxushotel Mandarin Oriental. Mit dem Team habe Ottolenghi intensiv trainiert. Wahrscheinlich hat der in Jerusalem geborene Literaturwissenschafter, der erst auf dem zweiten Bildungsweg zum Koch wurde, nicht nur die Art der Zubereitung eingeübt, sondern auch jene mediterran anmutende Leichtigkeit, die sich durch seine Bestseller-Bücher zieht.

Genau deswegen lieben ihn seine Fans. Was Ottolenghi vorstellt, auf Buchseiten oder im TV, wirkt unkompliziert, mit leichter Hand zusammengestellt. Viele frische Kräuter, Gewürze und Kochprinzipien aus der Levante mit einem Hauch Schärfe. Nichts prinzipiell Neues, aber vieles mit Geschick kombiniert.

Grill, Bar und jede Menge Champagner

Der erste Eindruck hat aber nichts mit dem Essen zu tun, sondern mit der Einrichtung. Das neue Restaurant ist gross und verfügt über unterschiedliche Bereiche – vom Grill bis zur Bar, wirkt abwechslungsreich, lebendig. Eindruck Nummer zwei: Eine ganze Menge Kellner bevölkern den Raum, ohne sich in die Quere zu kommen. An diesem Abend ist auch der letzte Tisch besetzt.

Eindruck Nummer drei betrifft den Wein, besser gesagt: den Champagner. Gleich fünf unterschiedliche Schaumweine aus Frankreichs bedeutendster Weinbauregion sind glasweise erhältlich – sogar ein Grand Siècle, die Prestigecuvée von Laurent-Perrier, oder die rare Réserve perpétuelle von Henri Giraud. Ein klarer Hinweis darauf, dass sich hier nicht nur die snackenden Gäste, sondern auch jene angesprochen werden, die was zu feiern haben, die ausgiebig geniessen wollen.

Zu den stillen offenen Weinen würde mancher Weinkenner wohl ein paar mehr Informationen erhoffen; sie stammen von erstklassigen Erzeugern, scheinen mir aber nicht durchweg perfekt zum Essen zu passen.

Ein ganzer Steinbutt, Lamm mit Labneh oder einfach nur Gemüse?

Man sei auf Gemüse fokussiert, sagt der Maître, und das merkt man bei der Lektüre der Speisekarte schnell. Wer die Ottolenghi-Kochbücher kennt, wird sich hier wie zu Hause fühlen, erkennt aber auch ein, zwei Anspielungen auf die Region respektive die Schweiz. Gruyère-Gougères als Apéro-Snack sind ja weder englisch noch israelisch, den Chällerhocker, einen Käse der Käserei Tufertschwil, gibt es als Beigabe zu Lángos.

Ich bestelle aber erst mal einen Negroni nach Art des Hauses – gut gemixt, mit rosa Pfeffer und Safranlikör angereichert – und neben Karotten-Escabèche mit wunderbar animierend säuerlicher Marinade und Öl von der Kirschpaprika eine üppige Portion Hummus, für den Ottolenghi ja bekannt ist – diesmal aus Faves mit gepickelten Pilzen. Dazu sei, so der Kellner, ein Pita-Brot mit Tahini genau richtig. Er hat recht. Das Vorspeisen-Triple bietet viel Frische und einen guten Überblick über die Küche des Nahen Ostens. Auch wenn ich Hummus aus Kichererbsen am Ende wohl vorziehen würde.

Vegetarisch oder vegan zu bestellen, ist im Restaurant Ottolenghi problemlos möglich. Die gemischten Pilze vom Grill und die geschmorten Karotten mit Kumquats werden empfohlen. Ich verzichte, lasse auch Lamm und Steinbutt aussen vor und bestelle die Fisch-Köfte. Saftige, von vielen Kräutern, Kümmel und einer würzigen, aber nicht überbordenden Sauce ergänzte Fischfrikadellen. Mit 38 Franken sehr erschwinglich, handwerklich tadellos gemacht. Der beigefügte Salat ist schön mit Yuzu angemacht, aber die Blätter sind teilweise sehr gross geraten.

Beim Dessert bleibe ich zweiteilig. Dass Ottolenghi mal als Patissier gearbeitet hat, wird schon am Anfang deutlich: Pavlova mit confierter Zitrone und Mascarponecreme ist ein vermeintlich simples Dessert, aber eines, das mit Texturen und einer erfreulichen Balance zwischen Säure und Süsse gefällt. Und der Espresso Martini zum Abschluss mag nicht ultraoriginell sein, ist aber perfekt gemixt, beeindruckt mit einem Hauch Vanille. Alle Hardcore-Ottolenghi-Fans sollten übernachten und sich das Frühstück gönnen –schliesslich ist sein Shakshuka ja mittlerweile weltberühmt.

Auf einen Blick

Adresse:

Ottolenghi im Mandarin Oriental Geneva
Quai Turretini 1
Genf

Kosten:

Hauptgerichte kosten ab 26 Franken zuzüglich Beilagen.

Bewertung:

Küche: 7.5/10
Gastkultur: 8.5/10

Anmerkung: Die Bewertungen orientieren sich an der denkbaren Höchstnote von 10 Punkten. Die Note für die Küche betrifft ausschliesslich die Qualität der Speisen, jene für Gastkultur umfasst sämtliche übrigen Aspekte eines Restaurantbesuchs.

Der Besuch erfolgte auf Einladung.

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