Donnerstag, März 6

Das Medtech-Unternehmen wird neu von Bank of America zum Kauf empfohlen. Prompt steigen die Aktien. Ausserdem: Lindt & Sprüngli hat kurzfristig wenig zu befürchten, langfristig aber umso mehr, und Aryzta wird für Investoren noch etwas spannender.

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Es ist ein Auf und Ab am Schweizer Aktienmarkt. Belastete am Dienstag noch die Sorge vor den US-Zöllen gegen Mexiko, Kanada und China, ging es bereits gestern Mittwoch wieder freudig nach oben. Der Grund: Investorinnen erhoffen sich, dass vom angekündigten Infrastrukturprogramm in Deutschland in Höhe von 500 Mrd. € auch der eine oder andere Euro an Schweizer Unternehmen geht.

Entsprechend gehörten zyklische und insbesondere baunahe Aktien im bisherigen Wochenverlauf zuerst zu den grossen Verlierern und dann zu den Gewinnern.

Derartige Ausschläge nach unten und nach oben innerhalb von nur zwei Handelstagen sieht man selten. Und die Volatilität dürfte uns noch etwas erhalten bleiben, dafür sorgt nicht zuletzt der Herr im Weissen Haus. So ist noch offen, wie die angekündigten Zölle gegen die Europäische Union umgesetzt werden, sollten sie Anfang April tatsächlich eingeführt werden. Auch die Schweiz und die hiesigen Unternehmen werden sich dem Handelskonflikt kaum entziehen können.

Und bereits hat Donald Trump bei seiner Rede vor dem Kongress am Dienstag weitere einschneidende Massnahmen angekündigt, um das «Goldene Zeitalter Amerikas» einzuläuten: «We are just getting started.»

Die Analysten von Bank of America haben einen neuen Schweizer Favoriten: Ypsomed.

Die amerikanische Grossbank hat die Abdeckung der Aktien des Medtechunternehmens mit einer Kaufempfehlung neu aufgenommen. Ypsomed sei ein Hauptakteur in der GLP-1-Lieferkette, so die Kernaussage der am Montag publizierten Studie. Kursziel: 485 Fr., und damit ein Potenzial von fast 40% zum Schlusskurs vom Freitagabend.

Die Titel gewannen noch am Montag fast 5%.

Die Analysten halten den strukturellen Wachstumstrend im Markt für Medikamente gegen Übergewicht und Diabetes per se für attraktiv. Besonders interessant sei Ypsomed aber auch wegen des Entscheids des Managements, sich auf die Sparte Delivery Systems zu konzentrieren. Dieses Geschäft wachse überdurchschnittlich und umfasse mit Autoinjektoren die profitabelesten Produkte.

Nach der Publikation enttäuschender Studienresultate des Herstellers von Abnehmpräparaten und Ypsomed-Kundens Novo Nordisk für den Kandidaten Cagrisema am 20. Dezember sackten die Aktien der Schweizer mit dem gesamten Sektor ab und haben sich seither nicht mehr vollständig erholt. Die GLP-1-Euphorie hatte den Höhepunkt bereits davor überschritten.

Bank of America hält den zweistelligen Kursrückgang seit dem 24. September für nicht gerechtfertigt. Die Reaktion auf die Cagrisema-Ankündigung sei übertrieben, aber auch die Nomination des umstrittenen Politikers und Impfskeptikers Robert F. Kennedy Jr. zum US-Gesundheitsminister durch Präsident Trump sei übertrieben pessimistisch aufgenommen worden. Die gegenwärtige Bewertung spiegle die Gewinnaussichten nicht adäquat.

Das hört sich alles schön und gut an; den Schweizer Marktteilnehmern sind die Qualitäten Ypsomeds und die positive strategische Entwicklung in den vergangenen Monaten denn auch nicht verborgen geblieben. Der Aktienkurs hat sich seit dem Zwischentief im Sommer 2022 beinahe verdreifacht.

Bei mir weckt die euphorische Empfehlung aus den USA indes böse Erinnerungen. Mitte Januar 2021 nahm Bank of America die Abdeckung der Versandapotheke DocMorris – damals noch Zur Rose – mit einer Kaufempfehlung und einem Kursziel von 500 Fr. von knapp 350 Fr. auf. Die Titel gewannen in Kürze beinahe 50% an Wert.

Das war der Schlusspunkt eines Höhenflugs an der Schweizer Börse. Seit dem Frühjahr 2021 kennen die Aktien nur eine Richtung: nach unten.

Nun sind die Fälle unterschiedlich gelagert. Ypsomed hat Verträge mit mehr als dreissig Kunden abgeschlossen, das Geschäft mit den Injektionssystemen läuft bereits sehr gut. Das verkleinert auch das Klumpenrisiko, das von Grosskunden wie Novo Nordisk ausgeht, zumal der grösste Bremsfaktor gegenwärtig die eigene Produktionskapazität ist. Über die kommenden fünf Jahre will das Unternehmen rund 1 Mrd. Fr. investieren, um der grossen Nachfrage nachzukommen.

Kapitalausgaben in dieser Grössenordnung sind für ein Unternehmen mit einem Umsatz von schätzungsweise 700 Mio. Fr. im laufenden Geschäftsjahr (per Ende März) und einem Gewinn von gut 100 Mio. Fr. ein risikoreiches Unterfangen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Bekämpfung der Volkskrankheiten Übergewicht und Diabetes um ein hoch politisches Thema handelt und der grösste Absatzmarkt für diese Medikamente derzeit die USA sind.

Und hier ähneln sich die Fälle DocMorris und Ypsomed eben doch: Die Onlineapotheke investierte Hunderte Millionen ins Marketing im Bereich des elektronischen Rezepts in Deutschland, und kämpft – auch wegen politisch bedingter Verzögerungen – bis heute damit, richtig Fuss zu fassen.

Weniger Fett und Zucker? Nicht bei Lindt & Sprüngli.

«Eine Lindor-Kugel am Tag schliesst eine langfristige Gewichtsabnahme nicht aus», sagt CEO Adalbert Lechner im Interview mit dem Onlineportal «Cash». So stünden Qualität und Genuss im Vordergrund – nicht die Menge. Ähnlich wie es wohl Menschen mit einem durch Abnehmmedikamente verringerten Appetit ergeht.

Tatsächlich geht die mantraartig vorgetragene Strategie bisher auf, wonach Premiumschokolade von Herstellern wie Lindt & Sprüngli auch dann noch gekauft wird, wenn Lebensmittel teurer werden und sich Konsumenten lieber günstigere Süssigkeiten wie Gummibärchen in den Einkaufswagen legen. 2024 erwirtschaftete der Konzern ein Traumergebnis. Die Profitabilität stieg erneut, die Betriebsgewinnmarge auf Stufe Ebit lag bei 16,2%. Der freie Cashflow legte um einen Drittel auf 635 Mio. Fr. zu, bei einem Rekordumsatz von 5,47 Mrd. Fr. Die Dividende soll um 7% auf 150 Fr. je Partizipationsschein erhöht werden.

Am Dienstag gingen die Titel gut 8% fester aus dem Handel und erreichten damit den höchsten Stand seit Anfang 2022, gestern Mittwoch legte sich die Euphorie bereits.

Die starken Zahlen sind umso erstaunlicher, zumal Lindt & Sprüngli die Verkaufspreise als Reaktion auf die stark gestiegenen Kosten für Kakaoprodukte zum Teil saftig und insgesamt um mehr als 6% erhöhen musste. Der Konzern kann die Verwerfungen am Kakaomarkt bisher beeindruckend gut wegstecken, wie ich auch schon geschrieben habe – und das macht die Titel kurzfristig zu einem guten Investment. Derzeit kostet die Tonne Kakao gegen 9000 Fr. und damit viermal mehr als im langjährigen Durchschnitt. Klar sei aber, so Lechner, dass es auch 2025 wieder deutliche Preiserhöhungen geben wird.

Darüber hinaus rechnet der CEO damit, dass sich die Preise normalisieren, ja dass sie sogar korrigieren werden. Im laufenden Jahr erwarte Lindt ein ausgewogenes Verhältnis von Angebot und Nachfrage am Kakaomarkt. Und der hohe Preis mache den Anbau zunehmend attraktiv, gerade in Mittelamerika würden die Bauern derzeit vermehrt investieren.

Dieses Argument höre ich auch von Investorenseite immer wieder: Die gegenwärtige Marktsituation bringe die Kakaofarmer dazu, mehr anzubauen.

So einfach ist das aber nicht. Das zeigen etwa die gescheiterten Ausbaupläne Ghanas. 2012 setzte sich das Ghana Cocoa Board das Ziel, die jährliche Produktion bis 2026 von rund 850 Mio. Tonnen auf mehr als 1,5 Mrd. Tonnen zu steigern. Und das westafrikanische Land, schon damals der zweitgrösste Kakaoproduzent weltweit, unternahm viele Massnahmen zur Steigerung des Angebots. Eingetroffen ist das Gegenteil: In der Saison 2023/24 produzierte Ghana noch 580 Mio. Tonnen. Auch das Nachbarland Côte d’Ivoire als grösster Produzent litt zuletzt unter schlechten Ernten. Das ist umso einschneidender, weil in den beiden Länder zusammen je nach Ausbeute zwischen 40 und 50% des weltweiten Kakaos geerntet wird.

Der Produktionsrückgang und das Scheitern der Pläne in Ghana hat verschiedene Gründe, darunter profane wie Kakaoschmuggel nach Togo und der illegale Abbau von Mineralien auf fruchtbarem Land. Die Hauptursache aber liegt in den Wetterkapriolen der vergangenen Jahre, die durch den Klimawandel mindestens verstärkt, wenn nicht sogar ausgelöst worden sind.

Kakaopflanzen reagieren sehr sensibel auf Wettereinflüsse, Temperaturschwankungen und zu hohe Trockenheit führen zu Ernteeinbussen und -ausfällen. Die Klimazone rund um den Äquator – +/– 10 Breitengrade – eignete sich in der Vergangenheit besonders gut für den Anbau. Doch in den vergangenen Jahren ist die Zahl der Tage, an denen in den westafrikanischen Anbaugebieten Temperaturen über der für die Bäume überlebenskritischen Grenze von 35 Grad gemessen worden sind, markant gestiegen. Hinzu kamen ungewohnt trockene Perioden, die illegale Abholzung von Schutzpflanzen und die Ausbreitung von Schädlingen, die den Plantagen zusetzten.

Klimaexperten gehen davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzt. Die fruchtbare Zone verschiebt sich weiter in den Süden – und in die Berge, die gegenwärtig aber oft noch unter Naturschutz stehen. Es gibt sogar Schätzungen des World Economic Forum, wonach bis 2050 weltweit keine Kakaopflanze mehr überleben dürfte.

Noch schlägt sich Lindt & Sprüngli gut, und ich gehe davon aus, dass das auch 2025 der Fall sein wird. Kurz- bis mittelfristig sind die Aussichten dank der starken Marktposition nicht schlecht. Die weitere Zukunft sieht aber düster aus, für Investoren und Schokoladenliebhaberinnen wie mich.

Aryzta hat ihre Mittelfristziele frühzeitig erreicht und schliesst damit die Trendwende erfolgreich ab. Auch der Start ins Jahr 2025 ist gelungen, wie das Unternehmen anlässlich der Bekanntgabe des vollständigen Jahresberichts für 2024 am Montag kommunizierte. Das alles war nach dem Trading Update von Mitte Januar erwartet worden. Der Fokus richtet sich nun auf den Investorentag vom 7. Mai, wo der Tiefkühlbäcker neue Mittelfristziele publizieren und insbesondere den Weg zurück zur Dividende aufzeigen dürfte. Es gibt also nicht viel Neues zu berichten, seit ich mir die Aktien im Dezember unter die Lupe genommen und zum Kauf empfohlen hatte.

An der Börse ist die gute Entwicklung denn auch nicht unbemerkt geblieben. Die Titel haben seit Jahresbeginn fast 20% gewonnen.

Eine erfreuliche Ankündigung hielt die Pressemitteilung vom Montag für mich aber doch noch bereit. Aryzta plant einen Reverse Stock Split: Je vierzig Aktien sollen in eine neue gewandelt werden. Das mag nach Kosmetik klingen. Doch das Unternehmen schüttelt mit dem Penny-Stock-Image einen weiteren Teil seiner Vergangenheit ab, wie ich das schon im Juli 2022 gefordert hatte.

Freundlich grüsst im Namen von Mrs Market

Gabriella Hunter

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