Sonntag, Oktober 6

Das Parlament bekräftigt eine Reihe von Auflagen, die an die Nothilfe für die Klinik in Schieflage geknüpft sind.

«Die Finanzkommission ist sich einig, dass wir unzufrieden sind.» Der Frust im Votum der Grünliberalen Daniela Sun-Güller (Zürich) zog sich durch die Debatte. Trotz Kritik von allen Seiten befürwortete die vorberatende Kommission einstimmig zwei Nachtragskredit für das Zürcher Kinderspital. Das Kantonsparlament tat es ihr am Montag mit 172 zu 0 Stimmen gleich.

Anfang April wurde bekannt, dass das Kinderspital (Kispi) die gestiegenen Kosten für den Neubau im Spitalquartier Lengg samt einem separaten Gebäude für Forschung und Lehre nicht mehr aus eigener Kraft stemmen kann. Der Regierungsrat beschloss deshalb, der von der Eleonorenstiftung getragenen Klinik zu Hilfe zu eilen.

Begründung: Das Kispi mit seinem erstklassigen medizinischen Angebot und einem Einzugsgebiet weit über den Kanton Zürich hinaus sei systemrelevant. Das ist bei Spitälern der Fall, wenn sie «für eine funktionierende Versorgung unerlässlich sind oder wenn ihr Ausfall mit erheblichen Einschränkungen der Versorgung einhergeht», wie die Regierung erst kürzlich in einer Antwort auf eine Anfrage aus dem Kantonsrat schrieb. Ob dies in einem bestimmten Fall zutreffe, lasse sich nicht allgemeingültig beantworten.

Das Parlament beschloss, dem Kinderspital à fond perdu einen Beitrag an die Betriebskosten von 35 Millionen Franken zu gewähren. Dazu kommt ein Darlehen von insgesamt 100 Millionen Franken an die Investition in den Neubau, das zu verzinsen und zurückzuzahlen ist. 50 Millionen werden bereits in diesem Jahr benötigt, weshalb analog zum Betriebsbeitrag ein Nachtragskredit in dieser Höhe nötig wurde.

«Ambitioniert» oder «unwahrscheinlich»?

Die operative Leitung des Kispi verfolgte in der Person von CEO Georg Schäppi sowie dem Finanzchef Michael Bähler die Debatte auf der Tribüne des Rathauses. Ihnen hielt die Finanzkommission in ihrem Antrag zugute, sie hätten in den Gesprächen überzeugend ihre Entschlossenheit dargelegt, alle erforderlichen Massnahmen zu ergreifen, um den Businessplan und das Finanzierungskonzept erfolgreich umzusetzen.

Die Kommission hatte sich auch mit der Revisionsstelle ausgetauscht und erhielt Einblick in den Bericht der Wirtschaftsprüfer von KPMG, die den Businessplan untersucht hatten. Sie zitierte aus deren Bericht, wonach die vorgesehene Finanzierungsvariante «plausibel und zielführend», der Businessplan gesamthaft gesehen «ambitioniert, aber machbar» sei.

Das heisse übersetzt wohl, ein Erfolg sei «unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich», meinte Selma l’Orange Seigo (Grüne, Zürich). Mit der Hilfe des Kantons werde aus einer impliziten eine explizite Staatsgarantie für das Kispi. L’Orang Seigo forderte den Stiftungsratspräsidenten Martin Vollenwyder zum Rücktritt auf. Marc Bochsler (SVP, Wettswil am Albis) meinte, seitens der Stiftungsratsmitglieder hätte man etwas mehr Demut erwartet.

Tobias Langenegger (Zürich) ortete ein strukturelles Problem. Wer Geld gebe, könne auch etwas fordern, aber im Fall des Kispi habe der Kanton keine Mitsprache. Dieser müsse deshalb wie in der Vergangenheit wieder im Stiftungsrat vertreten sein. Die SP geht noch weiter und fordert, dass systemrelevante Spitäler in die öffentliche Hand gehörten. Dann könnten solch erpresserische Situationen gar nicht mehr entstehen, sagte Langenegger. Die in Form einer Motion eingespeiste Forderung fand auch Fürsprecher bei den Grünen und der EVP.

Grossspurige und radikale Massnahmen in Richtung Verstaatlichung weise die FDP zurück, hielt ihr Sprecher Beat Habegger (Zürich) dagegen. Auch er zeigte sich unzufrieden damit, dass der Kanton Geld einschiessen müsse, und meinte warnend, das Kispi sei noch nicht aus dem Schneider.

Private Lösung für nächstes Darlehen

Regierung und Kantonsrat knüpfen die Unterstützung für das Kinderspital an klare Auflagen, die unbestritten blieben. Die Gesundheitsdirektion gab eine Untersuchung über die Governance der Eleonorenstiftung in Auftrag, deren Ergebnis Ende Jahr vorliegen soll. Bis im September muss die Stiftung Massnahmen zum Umgang mit den Risiken erarbeiten und auch das Potenzial zur Kooperation zwischen Kispi und Universitätsspital prüfen. Die kantonale Stiftungsaufsicht wird ebenfalls einen Bericht abliefern.

Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (SVP) gab an der Sitzung bekannt, dass der Kantonsrat nach den zwei Krediten über zusammen 85 Millionen Franken die zweite Hälfte des Darlehens für den Neubau in Höhe von 50 Millionen für 2025 nicht genehmigen müsse. Inzwischen habe man eine Lösung mit privaten Geldgebern gefunden, die von der Zürcher Kantonalbank umgesetzt werde, während der Kanton mit einer Garantie das Ausfallrisiko absichere.

Auch Finanzdirektor Ernst Stocker (SVP) ergriff das Wort. Er habe gar keine Freude an der Situation des Kinderspitals, sagte er, aber man könne auf dessen Leistungen nicht verzichten. Dass eine Kantonalisierung der richtige Weg sei, zog er stark in Zweifel. Dann müsse der Kanton in Zukunft nämlich auf die beträchtlichen Spenden für das Kispi verzichten, die dann einbrechen würden. Stocker verdeutlichte, was ihn allgemein umtreibe: Das Kispi erbringe Zentrumsleistungen für grosse Teile der Schweiz. Bezahlen aber müsse einmal mehr der Kanton Zürich.

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