Höhere Bildungsausgaben seien sinnvoll, aber nur, wenn sie auch Studierenden zugutekämen, findet Raffaela Fehr, Vizepräsidentin der Zürcher Freisinnigen.
An der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) kostet eine Studentin, ein Student im Schnitt 52 000 Franken, 8000 mehr als noch vor vier Jahren. An der Universität Zürich sind es 26 000 Franken, 3500 mehr als 2020.
Eine schleichende Kostensteigerung an sämtlichen Zürcher Hochschulen, verteilt über die letzten Jahre: Das machte am Montag die zuständige Aufsichtskommission im Zürcher Kantonsparlament bekannt. Deren Präsidentin ist Raffaela Fehr, die Nummer zwei der Zürcher FDP.
Frau Fehr, die Kosten pro Studentin und Student steigen an Zürcher Hochschulen. Besorgt Sie das als parlamentarische Aufseherin?
Diese Entwicklung ist dann ein Problem, wenn die administrativen Kosten stärker steigen als die Studierendenzahlen. Oder wenn überteuerte Projekte lanciert werden. Beides beobachten wir zum Beispiel bei der ZHdK. Dort steigen die Kosten am stärksten, und das kann man nicht allein mit der Teuerung oder Investitionen in die Infrastruktur erklären.
Ein solches Kostenwachstum müsste Sie als FDP-Politikerin doch stören.
Wir müssen dem Hochschulstandort Zürich Sorge tragen. Bildung ist unsere wichtigste Ressource. Und in Bildung investiertes Geld ist sinnvoll investiertes Geld. Genau darum müssen wir aber auch darauf achten, dass zusätzlich ausgegebene Mittel tatsächlich zu einem Mehrwert führen – und nicht in der Bürokratie versickern.
Und gibt es nun solche Ineffizienzen bei den Zürcher Hochschulen?
Es gibt Anzeichen dafür. Aber es ist für uns als Milizpolitiker relativ schwierig, herauszufinden, wo dieses zusätzliche Geld genau hinfliesst, was für Stellen damit geschaffen werden. Wir als Parlament legen das Budget fest, aber es ist in der Verantwortung der Hochschulen, dass sie das Geld sinnvoll einsetzen.
Verstehe ich Sie richtig: Die Bildungsbürokratie ist derart undurchsichtig, dass sogar Ihnen als Oberaufsicht der Überblick fehlt?
Es braucht ein Vertrauen in die strategische und operative Führung der Hochschule. Unser Auftrag als Aufsichtskommission ist es, zu schauen, ob die finanziellen Risiken für den Kanton tragbar sind. Und das sind sie.
Nutzen die Verantwortlichen die Komplexität der Materie, um Entwicklungen wie das Kostenwachstum zu verwedeln?
Es kommt ihnen sicher nicht ungelegen. Die Komplexität des Systems führt dazu, dass nicht allzu schnell zum Vorschein kommt, wenn finanziell etwas nicht so gut läuft. Ein Beispiel: Im jetzigen Budget der Universität haben wir entdeckt, dass die Hochschule nächstes Jahr mit zehn zusätzlichen Studierenden rechnet, aber 10 Millionen an Mehrausgaben damit begründet.
Zehn Millionen mehr für zehn zusätzliche Studierende – kann das sein?
Ich habe es hier vor mir: In der Leistungsgruppe 7401 des Budgetentwurfs steht die Gesamtzahl Studierender, 28 570 für das Planjahr 2025. Das sind zehn mehr als für das Jahr 2024. Und in den Begründungen für Mehrausgaben sind 10,7 Millionen ausgewiesen als «höherer Beitrag zum Ausgleich der Mehrkosten infolge des Wachstums der Studierendenzahlen». Die zuständige Kommission ist jetzt daran, abzuklären, ob und wie sich das begründen lässt.
Universität Zürich widerspricht
sgi. 10,7 Millionen für zehn zusätzliche Studierende? Von der NZZ konfrontiert, erklärt Daniel Hug, Finanzdirektor der Universität Zürich, den auffälligen Budgetposten mit buchhalterischen Gründen. Die Kostenberechnung erfolge auf Basis langjähriger Trends und verlaufe «nicht in jedem Planjahr im Gleichschritt mit den aktuellen Studierendenprognosen». Diese seien jährlichen Schwankungen unterworfen, zeigten langfristig aber klar nach oben. Für 2025 rechnet die Universität unterdessen mit 170 statt 10 zusätzlichen Studierenden.
Da stellt sich die Frage, inwiefern diese Mehrausgaben den Studierenden zugutekommen.
Wir müssen genau hinschauen, sobald das Kostenwachstum über das Studierendenwachstum hinausgeht. Das kann zum Teil mit der Teuerung zusammenhängen, die 2023 wirklich hoch war. Es ist aber nicht nur das.
Bildungsdirektorin Silvia Steiner verweist als Begründung für die Mehrausgaben auf den Teuerungsausgleich für kantonale Mitarbeitende, den die Hochschulen auf Geheiss des Regierungsrats gewähren mussten, aber nicht vollständig aus der Kantonskasse vergütet erhielten. Das überzeugt Sie nicht?
Es erklärt, warum es jetzt teilweise zu einem Defizit kommt. Das Kostenwachstum pro Studentin und Student zeichnet sich aber seit Jahren ab. Das ist eine schleichende Erhöhung, die sich nicht nur mit diesem einmaligen Effekt erklären lässt. Und da muss ich als FDP-Politikerin klar sagen: Wir müssen dafür sorgen, dass die Bildungsbürokratie nicht einfach stetig wächst, sondern früh genug Gegensteuer geben.
Sie hätten es in der Hand. Was tun Sie denn konkret dafür?
Die FDP hat im Hinblick auf die nächste Budgetberatung bereits für alle Hochschulen beantragt, das übermässige Kostenwachstum zu reduzieren. Ich bin zuversichtlich, dass wir für diese Anträge eine Mehrheit finden. Damit, und mit kritischen Nachfragen, üben wir Druck auf jene aus, die für das Kostenmanagement verantwortlich sind: die Hochschulleitungen und die Aufsichtsräte. Aus demselben Grund haben wir Anfang Woche die finanzielle Führung der ZHdK öffentlich als unzureichend kritisiert.
Die Jahresberichte der Hochschulen wurden im Parlament dennoch einstimmig gutgeheissen. Ist das nicht ein Widerspruch?
Nein. Wenn wir Geschäftsberichte abnehmen, ist das ein formaler Akt. Es geht darum, ob diese Berichte formell stimmen – das tun sie. Und darum, ob unsere Hochschulen ihren Leistungsauftrag gut erfüllen – auch das tun sie. Hier ein Zeichen zu setzen, hätte keine Wirkung. Die erzielt man woanders, unter anderem beim Budget.
Bei den Zürcher Hochschulfinanzen mischen viele Akteure mit: Es gibt die Rektorate, die Bildungsdirektion, die strategische Führung durch den Fachhochschul- und den Universitätsrat und schliesslich die parlamentarische Oberaufsicht. Besteht da die Gefahr, dass ein Gremium dem anderen die Verantwortung zuschiebt – bis sie irgendwann niemand mehr trägt?
Da sehe ich tatsächlich ein Problem. Eigentlich ist die Verantwortung ja klar geregelt: Für Strategie und Führung sind der Fachhochschulrat und der Universitätsrat zuständig. Diese Gremien sind für uns als Parlamentarier aber kaum spürbar. Wir würden uns von ihnen eine sichtbarere, aktivere Führung wünschen. Das Problem ist, dass Regierungsrätin Steiner sowohl die Bildungsdirektion führt als auch die beiden Hochschulräte präsidiert. Sogar für uns ist es so schwierig, zu erkennen, wer die strategischen Entscheide am Ende wirklich fällt.
Die Hochschulräte als Abnickgremien?
Das ist schwer zu sagen, weil wir so wenig von ihnen hören. Aber ja, es macht etwas diesen Anschein.
Die Hochschulen selbst begründen die Kostenzunahme ja mit einer wachsenden Anzahl Teilzeitstudentinnen und -studenten. Was halten Sie von dieser Erklärung?
Wer Teilzeit studiert, studiert länger und verursacht trotzdem jedes Jahr dieselben administrativen Fixkosten – das stimmt. Aber dieser Effekt allein reicht nicht als Begründung. Sehen Sie, das ist genau die Schwierigkeit bei diesem Thema: Es gibt vom Teilzeittrend bis zur Teuerung etliche Faktoren, die einen Teil des Kostenwachstums erklären. Aber wenn es schleichend immer mehr wird, müssen wir irgendwann fragen: Wird dieses Geld wirklich alles für die Studierenden benötigt? Oder versickert es in einer wachsenden Administration?