Freitag, Februar 28

Am 4. März sollen die amerikanischen Strafzölle von 25 Prozent auf mexikanische Waren in Kraft treten. Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum versucht, Donald Trump im letzten Moment umzustimmen, indem sie in den USA gesuchte Kriminelle ausliefert.

Es ist eine Auslieferung, wie es sie in der Geschichte Mexikos noch nicht gegeben hat. Am Donnerstag hat die mexikanische Regierung 29 zum Teil hochrangige Drogenhändler an die USA ausgeliefert. Unter ihnen befinden sich grosse Fische wie der Drogenboss Rafael Caro Quintero, der in den achtziger Jahren als der mexikanische Pablo Escobar galt, in Anlehnung an den legendären Anführer des kolumbianischen Medellín-Kartells. Die amerikanische Justiz hatte 2018 ein Kopfgeld von 20 Millionen Dollar auf Quintero ausgesetzt. Er soll 1985 einen Agenten der amerikanischen Drogenbehörde DEA ermordet haben. Seit 2022 sass er in mexikanischer Haft.

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Neben dem als «Drogenboss der Drogenbosse» bekannten Quintero wurden auch der ehemalige Chef des berüchtigten Drogenkartells Los Zetas, Miguel Ángel Treviño aka Z-40, und sein Nachfolger Omar Treviño, Z-42, ausgeliefert. Auf der vom amerikanischen Justizministerium veröffentlichten Liste der Ausgelieferten stehen auch der Finanzchef des Drogenkartells Jalisco Nueva Generación, Antonio Oseguera Cervantes, sowie José Ángel Canobbio Inzunza vom Sinaloa-Kartell. Das Sinaloa-Kartell gilt als grösster Produzent des synthetischen Opioids Fentanyl, dem im Jahr 2023 rund 75 000 Menschen in den USA zum Opfer fielen.

Die Einzelheiten der bis zuletzt geheim gehaltenen Auslieferungen sind noch unklar. Laut mexikanischen Medienberichten sollen die in verschiedenen Gefängnissen einsitzenden Straftäter im Laufe des Donnerstags mit mexikanischen Militärmaschinen nach Washington geflogen worden sein.

Zeitgleich mit dem Beginn der Auslieferungen am Donnerstagmorgen traf eine mexikanische Delegation unter Leitung von Aussenminister Juan Ramón de la Fuente und Sicherheitsminister Omar García Harfuch in Washington mit dem amerikanischen Aussenminister Marco Rubio, Verteidigungsminister Pete Hegseth und Justizministerin Pam Bondi zusammen. Im Zentrum der Gespräche stand die Zusammenarbeit im Kampf gegen den Drogenhandel.

Den Kriminellen werden laut einer Erklärung des amerikanischen Justizministeriums «organisierte Kriminalität, Drogenhandel, Mord, illegaler Waffengebrauch, Geldwäsche und andere Straftaten» vorgeworfen. Sie seien verantwortlich für die «Einfuhr grosser Mengen Gift – darunter Kokain, Methamphetamin, Fentanyl und Heroin – in die Vereinigten Staaten sowie für damit verbundene Gewalttaten». Die Auslieferungen seien eine Antwort Mexikos darauf, dass die Trump-Regierung Ende Januar mehrere Drogenkartelle als Terrororganisationen eingestuft habe.

So stammen sechs der acht von Trump als Terrororganisationen eingestuften Banden aus Mexiko. Dort hatte es daraufhin Befürchtungen gegeben, die USA könnten auf mexikanischem Boden militärisch gegen die Drogenbanden vorgehen. In einer Erklärung der mexikanischen Regierung von Donnerstag heisst es, die Auslieferungen seien Teil der bilateralen Kooperation unter Respektierung der Souveränität beider Nationen. Allerdings ist die schiere Zahl der Auslieferungen erstaunlich, weil Mexiko bisher in der Regel nur einzelne Straftäter ausgeliefert hat – und dies auch nur nach oft langwierigen juristischen Verfahren.

Mexiko drohen Strafzölle

Die spektakuläre Aktion kommt nur wenige Tage vor dem Inkrafttreten von Strafzöllen in Höhe von 25 Prozent auf mexikanische Waren. Der amerikanische Präsident Donald Trump hatte die Zölle auf Waren aus Mexiko und Kanada Ende Januar angekündigt, weil beide Länder angeblich nichts gegen den Schmuggel von Drogen und Migranten über ihre Grenzen zu den USA unternehmen. Trump hatte der mexikanischen Regierung zudem vorgeworfen, mit Drogenbanden zusammenzuarbeiten.

Die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum konnte jedoch einen einmonatigen Aufschub der Zölle erreichen und versprach im Gegenzug, 10 000 Soldaten an die Grenze zu entsenden. Auch Kanada erhielt von Trump einen solchen Aufschub. Allerdings zeigte sich Trump kürzlich unzufrieden mit den Ergebnissen der mexikanischen und der kanadischen Bemühungen. «Drogen strömen weiterhin in sehr grossen und inakzeptablen Mengen aus Mexiko und Kanada in unser Land», schrieb Trump am Donnerstagmorgen auf seiner Plattform Truth Social.

Ebenfalls am Donnerstag bestätigte Trump bei einem Treffen mit dem britischen Premierminister Keir Starmer, dass die Strafzölle gegen Mexiko und Kanada am 4. März in Kraft treten sollen. Der ehemalige stellvertretende US-Botschafter in Mexiko, John D. Feeley, sagte der «Washington Post», die mexikanische Präsidentin Sheinbaum ziehe mit den Auslieferungen nun «alle Register», um die Zölle zu verhindern. Um die Auslieferungen zu ermöglichen, setzte sich Sheinbaum laut mexikanischen Medienberichten sogar über Gesetze ihres Landes hinweg.

Die mexikanische Regierungsdelegation erklärte nach ihrem Treffen am Donnerstag in Washington, man habe der amerikanischen Seite die Erfolge der neuen Sicherheitsstrategie der Regierung von Claudia Sheinbaum präsentiert. Diese hatte nach ihrem Amtsantritt Anfang Oktober eine Offensive gegen die Drogenbanden gestartet. Bisher seien 13 000 Personen wegen ihrer Verwicklung in den Drogenhandel festgenommen worden. Zudem seien mehr als 6500 Waffen, 1,2 Tonnen Drogen und 1,3 Millionen Fentanyl-Pillen beschlagnahmt worden. Ob dies Trump dazu bewegen kann, auf die Zölle zu verzichten, ist derzeit noch unklar.

Für die mexikanische Wirtschaft wären die Zölle verheerend. Das Land liefert 83 Prozent seiner Exporte in die USA und erwirtschaftet rund ein Drittel seines Bruttoinlandprodukts durch die Zusammenarbeit mit dem nördlichen Nachbarn. Durch das Freihandelsabkommen USMCA, dem auch Kanada angehört, sind die drei Volkswirtschaften eng miteinander verflochten. Die Zölle wären ein Verstoss gegen die Regeln des Abkommens, das Trump in seiner ersten Amtszeit selbst ausgehandelt hatte. Der amerikanische Präsident hat bereits angekündigt, das Abkommen neu verhandeln zu wollen, da es den Partnern Mexiko und Kanada unfairen Wettbewerb zulasten der USA ermögliche.

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