Am Sonntag stimmt Liechtenstein über einen Zusatzkredit für den geplanten Spitalneubau ab. Der Entscheid könnte für die künftige Gesundheitsversorgung des Landes weitreichende Konsequenzen haben.

Dass Liechtenstein ein neues Landesspital braucht, ist eigentlich unbestritten. 2019 stimmte das Volk einem Kredit von 65 Millionen Franken für einen Neubau mit 56,2 Prozent zu. Jetzt geht es aber um einen Zusatzkredit von 6 Millionen Franken – und hier gehen die Meinungen weit auseinander. Ein Komitee hat erfolgreich das Referendum dagegen ergriffen. Am 16. Juni wird darüber abgestimmt.

Das Referendumskomitee spricht sich nicht grundsätzlich gegen ein neues Spital aus. Das geplante Projekt sei aber komplett aus der Zeit gefallen. «Die Planung für den Spitalneubau beruht auf einem Leistungsauftrag aus dem Jahre 2008 und der Eignerstrategie von 2012. Beides ist heute hoffnungslos veraltet. Dennoch basiert die Planung immer noch auf diesen beiden Grundlagenpapieren», schreibt das Komitee unter dem Titel «Vorwärts in die Vergangenheit mit einem Dorfspital?» in den Abstimmungsunterlagen. Nur wenn der Zusatzkredit abgelehnt werde, könne diese Fehlplanung noch gestoppt werden.

Für die Regierung führt dagegen kein Weg am Zusatzkredit vorbei. Seit der Abstimmung von 2019 habe sich gezeigt, «dass der ursprüngliche Kredit nicht für die Realisierung des geplanten Projekts auf dem Wille-Areal in Vaduz ausreicht», schreibt die Regierung. Ohne diesen Ergänzungskredit könne das Projekt nicht umgesetzt werden «und das Landesspital müsste weiterhin in der bestehenden, sanierungsbedürftigen Infrastruktur verbleiben».

Der Abstimmungskampf wurde emotional und mit widersprüchlichen Argumenten geführt, eine Prognose über einen möglichen Ausgang des Urnengangs wagt niemand. So fordert das Komitee ein zeitgemässes Konzept mit medizinischer Grund- und Notfallversorgung sowie Geriatrie. Die Regierung wiederum wirbt in den Abstimmungsunterlagen genau mit diesen Angeboten für den Zusatzkredit.

Gescheiterte Kooperationsbemühungen

Eine Rolle spielen könnte auch die Frage der Kooperation mit anderen Spitälern. Das Referendumskomitee wirft dem Landesspital vor, eine Konkurrenzstrategie gegenüber dem Spital Grabs im benachbarten Kanton St. Gallen zu verfolgen. Das Landesspital kontert, auf operativer Ebene funktioniere die Zusammenarbeit, doch steht die Spitalleitung einer institutionellen Kooperation mit der Aufteilung von medizinischen Leistungen im Rahmen einer «horizontalen Kooperation» skeptisch gegenüber.

Zwischen dem Kanton St. Gallen und dem Fürstentum Liechtenstein gab es in der Vergangenheit zwar Versuche einer solchen Zusammenarbeit. Doch für eine Partnerschaft fehlte letztlich immer der entscheidende politische Wille. Vor Jahren, als sowohl beim Spital Grabs als auch beim Landesspital in Vaduz über Sanierungen diskutiert wurde, schlug der damalige Gesundheitsminister Liechtensteins eine gemeinsame Trägerschaft für ein gemeinsames, neues Spital vor. Dafür war offenbar die St. Galler Seite nicht zu gewinnen.

Im Gegenzug erteilte Liechtenstein dem Angebot St. Gallens zum Einbezug in den St. Galler Spitalverbund aus souveränitätspolitischen Gründen eine Absage. Die Folge der gescheiterten Kooperationsbemühungen war, dass Liechtenstein mit dem Kantonsspital Graubünden als Zentrumsspital eine «vertikale Kooperation» einging.

Braucht das Land überhaupt ein Spital?

Ebenfalls umstritten bleibt die Frage, ob Liechtenstein überhaupt ein eigenes Spital braucht. Die klarste Position hat bisher die grün-alternative Freie Liste eingenommen. Angesichts einer Bevölkerungszahl von 40 000 Einwohnern fehlten die notwendigen Fallzahlen, damit ein Spital einen qualitativen und wirtschaftlichen Betrieb gewährleisten könne. Andere wiederum argumentieren, ein eigenständiger Staat brauche ein eigenes Spital.

Auch die Regierung hat wiederholt die Auffassung vertreten, «souveränitätspolitische Überlegungen» sprächen unabhängig von der geringen Bevölkerungszahl für ein eigenständiges Spital. Die medizinische Grundversorgung der eigenen Bevölkerung, etwa in ausserordentlichen Situationen wie Umweltkatastrophen, Epidemien oder Grossereignissen mit vielen Verletzten, sei ebenso aus staatspolitischen Gründen erstrebenswert.

Nicht alle sehen freilich einen so engen Zusammenhang zwischen Souveränität und medizinischer Versorgung in einem landeseigenen Spital. Vor einigen Jahren sagte Fürst Hans-Adam II. in einem Interview, Liechtenstein sei in den über 300 Jahren seines Bestehens die längste Zeit ohne eigenes Spital gewesen.

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