Mittwoch, Juni 25

Das Antlitz der Macarena hat sich verdüstert: Nach einer missglückten Restaurierung versucht man nun zu retten, was zu retten ist.

Nichts ist den Bewohnern von Sevilla heiliger als ihre Figur der Maria Santísima de la Esperanza Macarena. Bei der diesjährigen Osterprozession in Andalusiens Hauptstadt, die wie immer Abertausende von Gläubigen auf den Strassen versammelte, war noch alles in Ordnung. Wie gewohnt wurde die 1,75 Meter grosse Figur aus Pinien- und Zedernholz von siebzig kräftigen Männern, den sogenannten «costaleros», feierlich durch die Innenstadt getragen. Begeistert beklatschten die Sevillaner die Macarena mit ihrer goldenen Krone auf dem Haupt und riefen «guapa», «guapa», was so viel bedeutet wie «Hübsche».

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Dann, nach Fronleichnam, kam die böse Überraschung. Als die Jungfrau nach einer aufwendigen Restauration wieder auf dem Hochaltar ihrer Kirche, der Basílica de la Macarena, stand, war das sonst so sanfte Gesicht der Figur völlig verändert. Am meisten störten sich die Menschen an den viel zu langen Wimpern, die den Blick verschleierten. Auch die Augen waren schmaler als zuvor. Zudem war ihr Gesicht, das vorher einen eher olivfarbenen Ton hatte, zu weiss poliert worden.

«Das ist nicht mehr meine Macarena, das hätten sie nie machen dürfen», rief eine ältere Frau den Radio- und Fernsehreportern vor der Basilika zu. Sie war in Tränen aufgelöst. Vor einer Woche habe die Macarena noch so ausgesehen wie eh und je, klagte sie zudem.

Missglückte Schönheitsoperation

In der Tat hatte sich das Antlitz der Macarena nicht nur verdüstert, weil die Augen jetzt geschlossener wirken, die abgesenkten Augenbrauen verstärken den Effekt. «Die Macarena sieht viel müder aus als zuvor», urteilte ein junger Sevillaner über die runderneuerte Jungfrau. Sie müsse sofort in der Basilika eingeschlossen werden, so könne man sie den Katholiken nicht präsentieren, schrieb der Sevillaner Alvaro Escobedo in der Tageszeitung «El Mundo».

Die unglückliche Restaurierung sorgt auch über Spaniens Landesgrenzen hinaus für Interesse. Die britische «Times» etwa sprach von einer «missglückten Schönheitsoperation». Die Heiligenstatue habe den spanischen Bürgerkrieg schadlos überstanden, nicht aber die jüngste Aktion. Der Gesichtsausdruck sei nun ein völlig anderer.

Nun fragen sich die frommen Sevillaner, was bei der Generalüberholung ihrer geliebten Macarena geschehen sein könnte. Zwischen dem 16. und dem 20. Juni hatte Professor Francisco Arquillo Torres die Macarena einer «Behandlung» unterzogen. Vertrauensvoll hatte ihm die Bruderschaft der Esperanza Macarena die Statue überlassen. Schliesslich hatte der 85-jährige Arquillo die Jungfrau bereits 1978 und 1992 restauriert, stets zur Zufriedenheit der Gläubigen. Seither gilt er als «Hausarzt» der Heiligen. Doch diesmal hatte er keinen Erfolg.

Noch am selben Tag, an dem die Macarena dem Publikum gezeigt wurde, bot Arquillo an, den Schaden zu beheben, doch seine Offerte wurde ausgeschlagen. Spanische Medien berichteten, bei der jüngsten Restaurierung habe Arquillo die Figur einer Computertomografie unterzogen und sich an die Arbeit gemacht – ohne sich mit der Bruderschaft abzusprechen. Die Sevillaner fragen sich auch, warum Arquillo dieses Mal keine glückliche Hand hatte. In der Vergangenheit hatte er stets zufriedenstellend Statuen von Heiligen sowie Werke von Malern wie Pablo Picasso oder Goya restauriert.

Rücktritte bei der verantwortlichen Bruderschaft

Inzwischen hat die Bruderschaft, die mehr als 17 000 Mitglieder zählt, die Schuld auf sich genommen, zwei Mitglieder ihres Vorstands reichten ihren Rücktritt ein. Man habe nicht gewollt, dass sich der Blick der Jungfrau verändere. «Wir bitten um Verzeihung für den moralischen Schaden, den die Gläubigen erleiden mussten», hiess es in einer Erklärung, man sei sich bewusst, falsch gehandelt zu haben. Nun wolle man versuchen, die Veränderung rückgängig zu machen, so weit dies möglich sei.

Ob die Madonna ihr ursprüngliches Antlitz zurückbekommen kann, ist fraglich. Zunächst werden die Techniker des angesehenen andalusischen Instituts für historisches Erbe die Macarena untersuchen und künftige Restaurierungen überwachen. Experten fordern, dass nur noch staatliche Institutionen über die Restaurierung von Andachtsbildern entscheiden sollen und keine Bruderschaften mehr.

Immerhin hat die Bruderschaft der Macarena jetzt kurzfristig einen anderen Restaurator beauftragt, die viel zu langen Wimpern zu kürzen und ein Hauch Rot auf die blassen Wangen aufzutragen. Doch ihren traurigen Blick ist die Macarena noch nicht los.

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