Mittwoch, Dezember 4

Vor dem Derby gegen den FC Zürich gibt es nur ein Thema: die Polizeikontrolle vom vergangenen Samstag. Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart rechtfertigt den Polizeikessel.

Prompt biegt der Umzug der Schwarzgekleideten falsch ab. Die GC-Ultras versuchen am Dienstagabend, über die Hardbrücke zum Letzigrundstadion zu kommen. Weil das aber nicht der Weg ist, den die Behörden für sie vorgesehen haben, kommt unter den Polizisten kurz Hektik auf.

Einsatzwagen preschen nach vorne, Polizeigrenadiere schliessen die Reihen, und das reicht, um die GC-Anhänger wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Der Umzug der GC-Fankurve verläuft ab da ohne weitere Zwischenfälle. Keine Knallpetarden, kein Polizeikessel, nur viel Geschimpfe unter den Fans über die «Schikane», die man am Derby vor drei Tagen habe erleben müssen.

Die Stadtpolizei stoppte vergangenen Samstag den Umzug der GC-Fankurve vom Kreis 5 auf der Duttweilerbrücke, um Personenkontrollen durchzuführen. Knapp 600 Personen kesselte die Polizei ein und kontrollierte sie.

«Wie im Knast» habe man sich gefühlt, empören sich zwei GC-Fans am Dienstag. Sie hätten ein nummeriertes Schild hochheben müssen und seien damit fotografiert worden. Sie würden sich fragen, was nun mit den Daten weiter passiere.

Die Aktion dauerte rund vier Stunden. Fans berichten, dass sie nicht einmal ihre Notdurft hätten verrichten können, weil die mobilen Toiletten hinter der Personenkontrolle aufgestellt gewesen seien.

Viele Grasshoppers-Unterstützer schimpften zudem über eine vermeintliche Ungleichbehandlung. Denn die FCZ-Fans, die am Samstag ebenfalls marschiert sind und die ebenfalls Pyros gezündet hatten, wurden von der Polizei nicht kontrolliert.

Schnell machte am Samstag eine These die Runde: Die Stadtpolizei habe den deutlich grösseren FCZ-Fanmarsch gewähren lassen, weil die personellen Ressourcen nicht gereicht hätten, um diesen aufzuhalten.

Rykart nennt Knallpetarden als Grund für Polizeikessel

Die Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart (Grüne) widerspricht am Dienstag. «Die Polizei hatte genug Personal aufgeboten», sagt sie gegenüber den Tamedia-Zeitungen. Die FCZ-Fans seien deswegen nicht angehalten worden, weil sie die Gesundheit anderer Menschen auf ihrem Marsch nicht gefährdet hätten, sagt Rykart.

Anders die GC-Fans, die gemäss Rykart in letzter Zeit vermehrt sehr laute Knallpetarden zünden. Böller, die Unbeteiligte schwer verletzen könnten. Und es sei nun einmal Aufgabe der Stadtpolizei, zu verhindern, dass die Sicherheit von Menschen gefährdet werde.

Als am Samstag die GC-Fans bereits nach wenigen hundert Metern wieder Knallpetarden zündeten, habe die Polizei darum entschieden, den Fanmarsch zu stoppen, erklärt Rykart.

Gestützt wurde der Einsatz vom Samstag auf das Polizeigesetz. Gemäss diesem kann die Polizei auch ohne gesetzliche Grundlage Massnahmen ergreifen, wenn schwere Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung drohen.

Ein Anwalt wehrt sich und wird gefeiert

«Damit gibt die Polizei zu, dass sie keine gesetzliche Grundlage für die Einkesselung gehabt hat», sagt der Rechtsanwalt Simon Käch.

Kurz vor Anpfiff, der langjährige GC-Fan Käch steht im feinen Wintermantel aber ohne Fanutensilien vor der Tiefgarage zum Letzigrund. Als der GC-Fanmarsch um die Ecke biegt, laufen drei Frauen mit GC-Schals auf Käch zu. Sie schütteln ihm überschwänglich die Hand. Der Anwalt ist über Nacht zu einer Art Vereinsheld mutiert.

Denn Käch wehrt sich gegen die Einkesselung seiner Vereinsfreunde. Er hat am Montag eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft und eine Aufsichtsbeschwerde beim Statthalteramt eingereicht. Er wirft der Einsatzleitung und Behördenmitgliedern Amtsmissbrauch, Freiheitsberaubung und Nötigung vor.

Es habe an Verhältnismässigkeit gemangelt, findet er: «Wegen ein paar Böllern von einigen, die sich daneben benehmen, dürften nicht 600 Leute festgehalten und ihrer Freiheit beraubt werden.»

Der Anwalt aus dem Aargau versteht nicht, warum nicht gezielter gegen einzelne Personen strafrechtlich vorgegangen werde. So hätte die Polizei die Vermummten herausgreifen können. Stattdessen seien auch friedliche Fans aus den hinteren Reihen festgehalten worden. Käch: «Ich habe viele Nachrichten von Familienvätern bekommen, die Aussage machen wollen.»

Auch stört sich Käch daran, dass die Stadtpolizei die GC-Fans in den Medien als Wiederholungstäter bezeichnete. Eine Gruppe könne nie Wiederholungstäter sein. Und er findet, dass die Polizei indirekt zugebe, dass der Einsatz bereits im Vorfeld aufgegleist worden sei. Käch: «Man will den Einsatz nun auf Teufel komm raus rechtfertigen.»

Nun muss Käch los, ein ehemaliger GC-Präsident hat ihn zum Derby eingeladen. Und draussen wird der Anwalt gerade nicht mehr gebraucht. Der Fanmarsch ist diesmal ohne Zwischenfälle im Stadion angelangt.

Exit mobile version