Sonntag, September 29

Der steuerliche Wert von Einfamilienhäusern und Stockwerkeigentum steigt fast um die Hälfte. Härtefälle soll eine kantonale Regelung vermeiden.

Finanzdirektor Ernst Stocker (SVP) redete nicht um den Brei herum. Er sei sich bewusst, dass er mit diesem Geschäft keinen Blumenstrauss gewinne, meinte er am Dienstag vor den Medien. Es geht um die steuerliche Bewertung von Liegenschaften. Diese wirkt sich nicht nur auf die Vermögenssteuer, sondern auch auf die Einkommenssteuer aus. Davon abgeleitet wird nämlich der sogenannte Eigenmietwert, den Wohneigentümer als Einkommen deklarieren müssen.

Dieses im Bundesrecht verankerte Naturaleinkommen, dessen Begründung nicht ohne weiteres erklärbar ist, setzen die Gemeinden nach Vorgaben des Kantons fest. Es liegt für eine durchschnittliche 4½-Zimmer-Wohnung im Bereich von 20 000 Franken.

Die Basis, der Steuerwert von Wohneigentum, wurde im Kanton Zürich letztmals 2009 angepasst. Inzwischen hat sich der Wert der Immobilien stark erhöht. Die Finanzdirektion beauftragte 2021 das Immobilienunternehmen Wüest Partner mit Abklärungen. Demnach beträgt die Wertsteigerung im Durchschnitt gegen 50 Prozent, bei grossen regionalen Unterschieden. Das ergibt einen um etwa 10 Prozent höheren Eigenmietwert.

Steuer- und Verkehrswert driften auseinander

Stocker betonte mehrfach, dass er keine Wahl hatte. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts muss der Steuerwert einer Liegenschaft mindestens 70 Prozent des effektiven Marktwerts betragen. Diese untere Limite wird im Kanton Zürich verbreitet und deutlich unterschritten. Das hat auch das kantonale Verwaltungsgericht in zwei Fällen festgestellt.

Immerhin: An der Berechnung nach einer schematischen Formel wird festgehalten. Der Kanton muss nicht jede Liegenschaft einzeln beurteilen. Wie der Projektleiter Harry Müller vom kantonalen Steueramt ausführte, ergibt sich der Vermögenssteuerwert aus dem Landwert und dem Alter, oder genauer: Zeitbauwert einer Liegenschaft. Daraus wird mit einem prozentualen Satz der Eigenmietwert abgeleitet.

2009 bei der letzten Festlegung galten einheitliche Ableitungssätze für den ganzen Kanton. Neu wird diese Prozentzahl für jede Gemeinde individuell festgelegt. Gegenüber einem ersten Entwurf vom Februar sind die Parameter leicht verändert worden. Steuerwert und Eigenmietwert haben sich in den sonst identischen Rechenbeispielen dadurch aber nur geringfügig verändert.

Verfeinert wurde ebenso die Einteilung der Lageklassen, auf deren Basis der Landwert einer Immobilie berechnet wird. Die neuen Lagepläne sind ab Mittwoch im geografischen Informationssystem des Kantons unter www.maps.zh.ch (Filter: Lageklassen) abrufbar.

Doch warum ist die Neuberechnung überhaupt nötig? Im Bundeshaus gibt es seit Jahren Bestrebungen, den Eigenmietwert abzuschaffen. Im Grundsatz ist dies mehrheitsfähig. Doch die beiden Räte streiten sich über die Rahmenbedingungen. Nächste Woche nehmen sie einen nächsten Versuch, sich zu einigen.

In der Zürcher Finanzdirektion glaubt man offenbar kaum mehr an eine Lösung auf diesem Weg. Ernst Stocker erinnerte daran, dass die Zürcher Regierung 2019 dafür eingetreten war, den Eigenmietwert abzuschaffen. Und zwar konsequent, indem im Gegenzug alle Abzugsmöglichkeiten für Eigenheimbesitzer gestrichen werden.

Härtefälle vermeiden

Der Regierungsrat will hingegen wieder eine Härtefallregelung einführen. Diese musste er 2023 aufgrund eines Bundesgerichtsurteils streichen, weil dafür eine gesetzliche Grundlage fehlt. Zürich will diese nun auf kantonaler Ebene schaffen, als Übergangslösung bis zu einer allfälligen Regelung auf Bundesebene.

Niemand soll also seine Liegenschaft verkaufen müssen, nur weil er oder sie den Eigenmietwert nicht bezahlen kann. Der Kantonsrat, der eine Härtefallregelung beschliessen muss, unterstützte bereits eine parlamentarische Initiative mit diesem Ziel.

In einigen Punkten änderte die Regierung aufgrund der Vernehmlassung den Entwurf noch. So wird etwa die maximale Altersentwertung von 30 auf 40 Jahre verlängert.

Der Zürcher Hauseigentümerverband, der in der Vernehmlassung vierzehn Forderungen aufgestellt hatte, ist dennoch unzufrieden und schreibt in einer Mitteilung von kosmetischen Anpassungen. Er fordert einen Marschhalt, bis der Bund über den Eigenmietwert entschieden habe. Die SVP kritisiert eine massive Steuererhöhung.

Tatsächlich spült die Neubewertung dem Kanton und den Gemeinden je etwa 40 Millionen Franken mehr Vermögenssteuer und zusätzlich je 45 Millionen Einkommenssteuer in die Kassen. Das sei aber nie der Zweck gewesen, betonte Stocker. Es sei darum gegangen, wieder einen rechtmässigen Zustand herzustellen.

Die Änderung wird auf das Steuerjahr 2026 eingeführt, ein Jahr später als zunächst geplant. Die Wohneigentümer erfahren ihre neuen Steuerwerte Anfang 2027 für die Steuererklärung 2026. Verhindern können das Hauseigentümer und SVP nicht, denn es handelt sich um eine Weisung an die Steuerämter in der Kompetenz der Regierung. Die betroffenen Steuerpflichtigen können aber die festgelegten Werte im Einschätzungsverfahren der Steuerperiode 2026 anfechten.

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