Mittwoch, Oktober 2

Der Aufwand für die zwei Konzerte von Taylor Swift im Letzigrund ist einzigartig. Doch laut den Organisatoren wird er sich lohnen, auch weil Swift in Zürich Steuern zahlen wird.

Die amerikanische Pop-Sängerin Taylor Swift tritt erstmals in der Schweiz auf. Und sie tut dies auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, als die derzeit beliebteste und erfolgreichste Sängerin der Welt. 500 000 Personen wollten ein Ticket für die zwei Konzerte am Dienstag und am Mittwoch im Zürcher Letzigrund. 100 000 haben eines erwischt.

Zwei ausverkaufte Konzerte nacheinander sind für das Stadion Letzigrund und die Stadt Zürich keine Seltenheit. Doch wenn Taylor Swift kommt, ist vieles anders: Swift ist ein Massenphänomen, wie es selten vorkommt. Das bedeutet etwa, dass die Zürcher Stadtpolizei das Gelände um das Letzigrund weiträumig absperren muss, weil die Swifties oft auch ohne Tickets zum Stadion pilgern.

Der Aufwand vor dem Konzert ist für die Polizei und die Veranstalter unvergleichbar. Und doch könnten die Auftritte für die Stadt wichtig sein: aus finanziellen Gründen, aber auch, weil sich Zürich um Weltstars wie Taylor Swift bemühen muss.

70 Lastwagen im Albisgütli

Peter Landolt, seit 2007 Manager des Stadions Letzigrund, hat schon viele Grossevents mitorganisiert: die Fussball-Europameisterschaft, Konzerte von AC/DC, den Rolling Stones, Madonna. Zu den Konzerten von Taylor Swift sagt er: «Sie sind ein Mega-Ereignis und in der Grössenordnung für Zürich einmalig.»

Was um Taylor Swift herum passiere, die Begeisterung, das habe man bei Konzerten in Zürich bisher nicht gekannt, sagt Landolt.

Die Konzerte von Taylor Swift haben eine Dimension erreicht, die neu ist für Zürich. Nicht wegen der Zahl der Besucher im Stadion, sondern wegen all des Drumherums. Die Fans werden in der ganzen Stadt zu sehen sein. Mit pinkfarbenen Cowboyhüten, Glitzer im Gesicht, Freundschaftsbändern an den Armen. In den Wohnungen rund um das Letzigrund wird es Partys geben, mit offenen Fenstern, um das Konzert zu hören.

Zürich wird für zwei Tage Taylor Swift gehören. Swiftmania nennt sich das.

Die Tickets zu den beiden Konzerten waren vor einem Jahr in wenigen Minuten weg. 14 000 Fans reisen aus dem Ausland an. Der sogenannte Taylor-Effekt hilft auch dem Tourismus, der Gastronomie, der Hotellerie. Das hiess es zumindest in den Städten, in denen Swift bisher aufgetreten ist.

London, Paris, Berlin: Europäische Grossstädte gehören unbestritten zum Tourneeprogramm eines Weltstars. Swift bespielt in diesem Sommer acht Mal das Londoner Wembley-Stadion, vor 90 000 Zuschauern pro Abend.

Zürich und das Letzigrund sind im Vergleich dazu klein. Sehr klein. Das Letzigrund fasst 50 000 Zuschauer. Taylor Swift hätte zehn Mal auftreten können, um die Nachfrage nach Tickets zu decken. Und dann ist da noch der unvorteilhafte Standort des Stadions: mitten in einem Wohnquartier und umgeben von engen Strassen.

Doch die Anforderungen, die Swift und ihr Management an die Veranstalter stellen, sind überall gleich. Swift wird in Zürich dieselbe Bühne aufstellen wollen wie in London. Laut Medienberichten wird die Bühnentechnik von Swift in 90 Sattelschleppern von Konzert zu Konzert transportiert. Stadionmanager Landolt darf zur Künstlerin und zum Bühnenbild nichts sagen. Dazu musste er einen Vertrag unterschreiben, zum ersten Mal, wie er sagt. Nur so viel: 70 Lastwagen müssten beim Parkplatz Albisgütli abgestellt werden, weil beim Letzigrund der Platz fehle.

Der grösste Aufwand wird jedoch rund um das Letzigrund betrieben: für die Sicherheit der Konzertbesucher, die bei Swift gerne früh und zahlreich vor dem Stadion erscheinen. Die Polizei sperrt von Sonntag bis Donnerstag mehrere Strassen im Quartier. Campen vor dem Stadion ist verboten. Trams fallen aus.

Die Kosten für die Veranstalter sind bei Taylor Swift höher als sonst. Das liegt an der immensen Bühnentechnik, am höheren Personalaufwand und an den umfassenderen Sicherheitsmassnahmen. Die Kosten sind auch höher als im Ausland, wo die Stadien oftmals grössere Kapazitäten und mehr Umschwung haben und keine Strassen gesichert werden müssen.

Zudem werden bei den Konzerten in Zürich mehr Prominente als sonst erwartet, auch für ihre Sicherheit ist der Veranstalter verantwortlich.

Der Aufwand lohne sich trotzdem, sagt Landolt. Weil die Fans sich so sehr darauf freuen, weil es einmalig ist und Zürich im Rampenlicht steht. Und doch sagt Landolt: «Die Stadt Zürich ist für eine Taylor Swift zu klein, das Stadion auch.»

Das Letzigrund ist das kleinste Stadion, in dem Taylor Swift auf ihrer Welttournee auftritt. Swift verdient damit weniger als andernorts, trotz erhöhten Ticketpreisen. Warum kommt sie dennoch nach Zürich?

Hohe Kosten und viele Auflagen der Stadt

Der Mann, der Taylor Swift in die Schweiz holte, heisst André Béchir. Er ist der erfolgreichste Konzertveranstalter der Schweiz und oft der Grund, warum Weltstars in der kleinen Schweiz auftreten.

Béchir ist auch dafür verantwortlich, dass AC/DC Ende Juni in Zürich auftrat. Er ist seit Jahrzehnten mit der Band befreundet. Nun kommt Taylor Swift, weil Béchir eine gute Beziehung zu ihrem Tournée-Veranstalter AEG pflegt. Die Firma habe ihn angefragt, ob er Interesse daran habe, Swift in Zürich auftreten zu lassen.

Wer kann bei solch einem Angebot Nein sagen?

Die definitive Zusage erhielt Béchir vor einem Jahr. Damals war der Hype um Swift noch kleiner gewesen. Laut Béchir entschieden die Veranstalter damals, dass das Risiko für Zürich bei zwei Konzerten absehbar wäre. Zwei Mal würde man es sicher schaffen, das Stadion voll zu kriegen, hätten sie gedacht.

Béchir hat in seiner Karriere schon Konzerte von etlichen Weltstars organisiert. Er sagt: «Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals so eine Euphorie entstanden ist wie bei Taylor Swift.»

Vielleicht ist Taylor Swift inzwischen eine Nummer zu gross für Zürich. Stadionmanager Landolt glaubt, dass Taylor Swift nach den zwei Konzerten nicht wieder kommt. Zürich kann mit London kaum mithalten. Für Swift, sagt Landolt, ist Zürich ein Dorf.

Der Konzertveranstalter Béchir sagt, die Schweiz müsse aufpassen, dass sie auf dem Konzertmarkt nicht abgehängt werde. Im Letzigrund sind Grossanlässe wegen der Belastung für die Anwohner seit Jahren ein Politikum. Es kommt vor, dass sich interessierte Veranstalter wegen der Auflagen der Behörden zurückziehen.

Dabei kommen die Anlässe auch der Stadt finanziell zugute: Taylor Swift muss für ihre Einnahmen aus dem Konzert in Zürich Steuern zahlen. Laut Béchir im sechsstelligen Bereich.

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