Montag, September 30

Die Touristiker setzen auf neue Konzepte, um Zürich vor Overtourism zu bewahren.

Als Taylor Swift Anfang Juli zweimal das Stadion Letzigrund füllte, jubelten die Touristiker in Zürich: Swift bescherte der Stadt Gratis-Marketing, volle Hotels und gut gebuchte Restaurants.

Zürich Tourismus nutzte die Gunst der Stunde und gab den «Swifties», wie sich die Fans der Sängerin selbst nennen, Tipps für ihren Aufenthalt in der Stadt: in der Limmat schwimmen gehen, den botanischen Garten besuchen, bei «Tenz» Momos essen gehen, Glace holen bei der Gelateria di Berna. Zudem wurde jedem Stadtkreis ein Swift-Album zugeordnet.

Einige Fans waren aus dem Ausland ans Konzert gereist, viele dürften aber auch aus der Schweiz oder der Stadt Zürich gekommen sein.

Zürich ist nicht nur zu Konzertterminen eine beliebte Destination. Rund sieben Millionen Logiernächte verzeichnet Zürich Tourismus jedes Jahr. 2023 war ein Rekordjahr, und auch für 2024 sehen die Zahlen gut aus, wie die Organisation jüngst bekanntgab.

Auffallend war: Am stärksten gewachsen ist die Gruppe jener Touristen, die aus anderen Gegenden der Schweiz nach Zürich kommen. Sie machten rund einen Drittel aller Übernachtungen aus, 8,6 Prozent mehr als im Vorjahr.

Das sind erfreuliche Zahlen für die Touristiker. Gleichzeitig müssen sie sich die Frage stellen, in welche Richtung sich der Tourismus in Zürich entwickeln soll. Overtourism, über den insbesondere europäische Städte wie Barcelona, Dubrovnik oder Venedig klagen, will man hier auf keinen Fall. Eine repräsentative Umfrage von Zürich Tourismus letztes Jahr zeigte, dass die Mehrheit der Einheimischen dem Tourismus positiv gegenübersteht.

Verschiedene Strategien sollen dafür sorgen, dass auch künftig keine Touristenmassen in Zürich anzutreffen sein werden. Nächstes Jahr etwa startet ein Versuch mit «Neighbourhood Guides», die Reisenden die Aussenquartiere der Stadt näherbringen sollen.

Bereits etabliert hat sich die Strategie von Zürich Tourismus, die Region auch als Ausgangspunkt für verschiedene Ziele in der Schweiz zu vermarkten. Mit ein Grund dafür sei deren Grösse, sagte Guglielmo Brentel, Präsident von Zürich Tourismus, am Donnerstag vor den Medien. Kommt hinzu: Publikumsmagnete wie der Eiffelturm oder die London Bridge fehlen.

Als er vor 28 Jahren zur Organisation gestossen sei, habe man versucht, Zürich als Destination wie London oder Paris zu vermarkten. Das ergebe aber überhaupt keinen Sinn. Im internationalen Vergleich sei Zürich eher ein Resort als eine Stadt. «Zum Erlebnisraum Zürich gehören auch Basel oder St. Moritz.»

Eine von der Organisation in Auftrag gegebene Studie unter dem Titel «Tourismus neu denken» hat nun gezeigt: Für den Tourismus sind nicht nur die Tages- und Übernachtungsgäste interessant, sondern auch die Einheimischen. Sie besichtigen Museen, essen in Restaurants, besuchen Konzerte wie diejenigen von Taylor Swift. Damit tragen sie nicht nur zur wirtschaftlichen Wertschöpfung bei, sondern auch zur Belebung der Stadt. «Visitor Economy» lautet das Schlagwort dazu.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass ein erweitertes Tourismusverständnis nötig sei. Touristisches Management müsse in städtischen Strategien und der Politik strukturell verankert werden. Was das genau bedeutet, liessen die Touristiker am Donnerstag offen. Konkrete Massnahmen müssten erst definiert werden, sagte Guglielmo Brentel.

Zürich Tourismus selbst ist für gewöhnlich zurückhaltend mit politischen Äusserungen. In einem Punkt aber hat die Organisation eine klare Haltung: Damit Zürich weiterhin eine attraktive Stadt bleibe, müssten die Läden auch am Sonntag offen sein. Der Bundesrat sieht vor, sogenannte Tourismuszonen in Zürich, Genf, Luzern, Basel, Lausanne, Bern und Lugano einzurichten. Allerdings sollen nur Geschäfte öffnen dürfen, die Luxuswaren verkaufen.

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