Kürzlich hat die amerikanische Regierung einen Entwurf für das Budget 2026 vorgelegt. Das Dokument zeigt, welche Prioritäten die USA im Weltraum setzen wollen.
Die Wissenschaft zählt definitiv nicht zu den Prioritäten der neuen amerikanischen Regierung. Das bekommt auch die Nasa zu spüren. Sie soll sich in Zukunft darauf konzentrieren, China bei der Rückkehr zum Mond zu schlagen und den ersten Menschen auf den Mars zu bringen. So steht es im Budgetvorschlag für das Jahr 2026, den die Regierung von Donald Trump Anfang Mai vorgelegt hat. Dafür soll die Nasa bei den wissenschaftlichen Missionen, der Erdbeobachtung, der Technologieentwicklung und der Internationalen Raumstation sparen.
Dass Trump der bemannten Raumfahrt eine hohe Priorität einräumt, ist nicht weiter überraschend. Für ihn ist eine Flagge auf einem anderen Himmelskörper prestigeträchtiger als jede wissenschaftliche Erkenntnis. Überraschend ist vielmehr, dass der Budgetvorschlag erstmals öffentlich benennt, wohin die bemannte Reise gehen soll. Auf die Frage «Mond oder Mars?» lautet die salomonische Antwort: Mond und Mars.
Mit dieser Antwort war nicht unbedingt zu rechnen. Bei seiner feierlichen Amtseinführung hatte Trump versprochen, amerikanische Astronauten zum Mars zu schicken, um dort das Sternenbanner zu hissen. Über die Rückkehr zum Mond und das Artemis-Programm verlor er kein Wort. Dabei hatte Trump dieses Programm zur Erkundung des Mondes während seiner ersten Präsidentschaft selbst initiiert.
Dass das Herz von Trump inzwischen eher für den Mars zu schlagen scheint, dürfte ganz im Sinne seines Beraters Elon Musk sein. Der Gründer der amerikanischen Raumfahrtfirma SpaceX bezeichnet den Mond als Ablenkung und plädiert bereits seit längerem dafür, direkt zum Mars zu fliegen – natürlich mit einem Raumschiff von SpaceX.
Selbst ein Donald Trump muss jedoch erkennen, dass sich die amerikanische Raumfahrtpolitik nicht von einem Tag auf den anderen auf den Kopf stellen lässt. Dagegen regt sich auch in den eigenen Reihen Widerstand. Offensichtlich wurde das Anfang April, als der designierte Nasa-Direktor Jared Isaacman bei einer Anhörung vor dem Senat Rede und Antwort stehen musste.
Nicht nur demokratische Senatoren forderten von Isaacman ein klares Bekenntnis zum Mond. Auch der einflussreiche republikanische Senator Ted Cruz aus Texas, der den Senatsausschuss für Handel, Wissenschaft und Verkehr leitet, warnte vor einer Kehrtwende in der amerikanischen Raumfahrtpolitik. «Eine extreme Verschiebung der Prioritäten in diesem Stadium würde mit ziemlicher Sicherheit einen roten Mond bedeuten.» Damit malte Cruz das Schreckgespenst an die Wand, China könnte den Wettlauf zum Mond gewinnen.
Isaacman antwortete, dass er nichts lieber sähe als Amerikaner, die den Mond beträten. Gleichzeitig machte er aber klar, dass es für ihn kein Entweder-oder gebe. Die Nasa sei eine aussergewöhnliche Organisation, die in der Lage sei, das nahezu Unmögliche möglich zu machen. Sie könne Kurs auf den Mars nehmen und zum Mond zurückkehren, bevor die Chinesen dort ankämen. Einen Seitenhieb konnte sich der vermutlich nächste Nasa-Direktor allerdings nicht verkneifen. Er frage sich, warum die Rückkehr zum Mond so lange dauere und so viel Geld koste.
Damit nahm Isaacman vorweg, was auch im Budgetvorschlag der amerikanischen Regierung anklingt: Das bisherige Mondprogramm der Nasa ist nicht nachhaltig. Das betrifft vor allem das von der Nasa entwickelte Space Launch System (SLS) und die Raumkapsel Orion, mit der Astronauten zum Mond fliegen sollen. Ein einziger Flug kostet vier Milliarden Dollar. Damit lässt sich kaum eine permanente Präsenz auf dem Mond etablieren. In Zukunft sollen die Rakete und das Raumschiff deshalb durch kostengünstigere Systeme kommerzieller Anbieter ersetzt werden.
Diese Vorgabe zu konkretisieren und in ein Programm umzusetzen, wird eine der ersten Amtshandlungen des nächsten Nasa-Direktors sein. Für die Artemis-2-Mission und die für 2027 geplante Artemis-3-Mission, bei der erstmals wieder amerikanische Astronauten auf dem Mond landen sollen, will die Regierung jedoch noch am Space Launch System und an der Orion-Kapsel festhalten.
Sie tut das nicht aus Überzeugung, sondern mangels kurzfristiger Alternativen. Weder die Raketen von SpaceX noch die von Jeff Bezos’ Firma Blue Origin sind bis jetzt für bemannte Flüge zum Mond zertifiziert. Ohne das Space Launch System und die Orion-Kapsel müssten sich die USA im Wettlauf zum Mond geschlagen geben. China hat für das Jahr 2030 eine bemannte Mondlandung angekündigt. Und anders als die USA hat China sein Mondprogramm bisher sehr geradlinig umgesetzt.
Sendet die Nasa schon nächstes Jahr Raketen zum Mars?
Wenig konkret sind bis jetzt die Aussagen darüber, wie Donald Trump seine Ankündigung wahr machen will, die amerikanische Flagge auf dem Mars zu hissen. Im Budgetentwurf heisst es zwar, die Regierung wolle 2026 eine Milliarde Dollar in Mars-fokussierte Programme investieren. Aber das ist ein Tropfen auf den heissen Stein. Für das Artemis-Programm wurden in den letzten Jahren rund hundert Milliarden Dollar ausgegeben. Und noch immer ist die Rückkehr zum Mond nicht gelungen.
In der amerikanischen Zeitung «Politico» wurde kürzlich spekuliert, die zusätzlichen Mittel könnten SpaceX zugutekommen. Ganz ausgeschlossen ist das nicht. Elon Musk hat angekündigt, dass er bereits das nächste Startfenster im Jahr 2026 für einen unbemannten Flug zum Mars nutzen will. Wenn das Starship erfolgreich auf dem roten Planeten landet, soll 2029 der erste bemannte Flug folgen. Inzwischen hat Musk zwar eingeräumt, dass 2031 wohl ein realistischeres Datum für den ersten bemannten Flug ist. Trotzdem bleibt sein Zeitplan ambitioniert.
Das Starship von SpaceX hat bisher acht Testflüge absolviert. Keiner war ein voller Erfolg. Zwar ist es SpaceX bereits mehrfach gelungen, die erste Stufe der Rakete aufzufangen. Das Raumschiff selbst explodierte jedoch bei den letzten beiden Testflügen. Von einer sanften Landung auf der Erde ist SpaceX deshalb noch weit entfernt.
Auch das Betanken des Raumschiffs im Weltraum – für einen Flug zum Mars unerlässlich – wurde bisher noch nicht erprobt. Wie das Starship unter diesen Umständen bereits im nächsten Jahr auf dem Mars landen soll, ist das Geheimnis von Elon Musk.
Wie der zukünftige Direktor der Nasa mit dieser Situation umgeht, bleibt abzuwarten. Auf der einen Seite erwartet man von ihm, dass er keine Steuergelder verschleudert. Auf der anderen Seite muss er ein Zeichen setzen, dass die Nasa dem Mars eine ebenso hohe Priorität einräumt wie dem Mond. Alles andere würde seinen Chef erzürnen.
Jared Isaacman könnte der richtige Mann für diesen Spagat sein. Zumindest versuchte er in der Anhörung, diesen Eindruck zu erwecken. Allerdings wird auch der neue Nasa-Direktor die Erfahrung machen, dass es ziemlich teuer werden kann, das nahezu Unmögliche möglich zu machen. Er wäre nicht der Erste, der an dieser Aufgabe scheitert.