Donnerstag, Januar 30


The Market Momentum Screen

Nur eine Woche nach Amtsantritt hat US-Präsident Donald Trump bereits die Tabellen des Momentum Screen durcheinandergewirbelt, mit dem The Market starke Aktien mit Aufwärtstrend identifiziert: Luxushersteller, Autobauer und alles mit KI stehen dabei im Mittelpunkt.

Die von US-Präsident Donald Trump noch vor seinem Amtseintritt angedrohten Strafzölle sind vorerst ausgeblieben. Die Erleichterung darüber hat zuletzt wohl die grösste Wirkung auf die Aktienmärkte gezeigt. Deutschland wäre besonders stark von Einfuhrzöllen betroffen und bleibt zunächst verschont. Der deutsche Leitindex Dax hat mit 21ʼ412 Punkten am vergangenen Donnerstag gar ein neues Allzeithoch erreicht. Der breite US-Index S&P 500 konnte am selben Tag mit 6119 Zählern ebenfalls einen Rekord aufstellen. Beim Swiss Leader Index (SLI) fehlt nicht mehr viel bis zum Hoch von 2082 Punkten aus dem Jahr 2021.

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Nach einer versöhnlichen Aussage Trumps, China wolle die Zölle nicht, und er würde sie lieber nicht einsetzen müssen, wird am Markt nun sogar schon darüber spekuliert, dass ihre Einführung komplett ausbleiben könnte. Das erscheint zwar verfrüht und eher unwahrscheinlich. Aufgeschoben ist vielleicht nicht aufgehoben. Doch die Hoffnung ist genährt, dass die Belastung moderat bleibt und dass Trumps Administration womöglich nicht so übereilt und unüberlegt agiert wie befürchtet.

Betrachtet man die vergangenen acht Wochen, ist das Momentum klar auf der Seite der Europäer. Während der Dax und der Euro Stoxx 50 etwa 7,5% an Wert zulegten, war dem S&P 500 zuletzt nur eine Seitwärtsbewegung vergönnt. Entsprechend führen Dax und Kurs-Dax – die Dax-Variante ohne Berücksichtigungen der Dividenden – das Ranking der vierzig von The Market beobachteten Aktienindizes an.

Für deutliche Kursausschläge – in beide Richtungen – sorgte ebenfalls der Megatrend der künstlichen Intelligenz (KI).

Es war eine faustdicke Überraschung, als Masayoshi Son, Sam Altman und Larry Ellison dem US-Präsidenten vergangene Woche im Weissen Haus zur Seite sprangen. Die Chefs von SoftBank, OpenAI (ChatGPT) und Oracle verkündeten, in den nächsten vier Jahren 500 Mrd. $ ins Gemeinschaftsunternehmen Stargate in Abilene (Texas) stecken zu wollen. Es soll den USA die Vorherrschaft in Sachen KI sichern. Der Begriff «Sovereign KI» machte die Runde. Die Nachricht liess die Papiere des Tech-Investors SoftBank unter den japanischen Valoren nach ganz oben im Momentum Screen aufsteigen, wo sie allerdings nicht lange verweilen sollten.

Auch unter den deutschen Standardwerten gab es zunächst viel KI-Fantasie und dann wieder Ernüchterung für alle Titel, die Berührungspunkte damit haben.

Zu alter Stärke zurück hatten kurzzeitig Siemens Energy gefunden. Die Aktien des Energietechnikkonzerns waren nach einem enttäuschenden Quartalsergebnis des US-Konkurrenten GE Vernova und durch Gewinnmitnahmen unter Druck geraten. Dann kam die Trump-Show im Weissen Haus mit Stargate. Siemens Energy wäre ein grosser Profiteur, denn die KI-Rechenzentren brauchen viel Strom, und der Dax-Konzern liefert die entsprechenden Komponenten für den Netzausbau. Das katapultierte den Aktienkurs auf mehr als 60 €.

Es folgte eine Hiobsbotschaft aus China, die der Anlegergemeinde erst über das vergangene Wochenende richtig bewusst wurde. Das Unternehmen DeepSeek hat mit dem R1 offenbar ein KI-Modell entwickelt, das deutlich kostengünstiger ist und auch auf Chips mit geringerer Kapazität läuft. Da dürfte dann auch weniger Strom benötigt werden. Für die Aktien von Siemens Energy bedeutete dies am Montag ein zweistelliges Minus und ein neues Kursniveau von um die 50 €.

Um es konkret zu machen: Im Vergleich zu OpenAI sei DeepSeeks R1 um das Zwanzig- bis Vierzigfache günstiger, haben die Analysten von Bernstein errechnet. Das liess die meisten Titel mit einem KI-Bezug am Montag fallen.

Für The Market sind die Valoren von Siemens Energy aufgrund des defizitären Windgeschäfts ohnehin Hochrisikoaktien. Sie sind auf Basis des für 2025 geschätzten Gewinns mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 73 (2026: 22) trotz Kursrücksetzer zudem stolz bewertet. GE Vernova kommt auf ein KGV von 64.

Neue Spitzenreiter im Ranking nach Kursmomentum sind im Dax nun Rheinmetall und Heidelberg Materials. Insbesondere der Zementhersteller profitiert von der wieder gestiegenen konjunkturellen Zuversicht. Die Papiere des Rüstungskonzerns haben mittlerweile die Marke von 700 € durchbrochen. The Market hat Rheinmetall erstmals im April vergangenen Jahres empfohlen und bei Heidelberg Materials im Juni zum Kauf geraten. Der Baustoffspezialist hat ein 2025er KGV von 11, der Waffenhersteller kommt auf 24, wächst aber stark. Betrachtet man das dynamische KGV von Rheinmetall, auch PEG Ratio (für Price Earnings Growth) genannt, das das geschätzte Gewinnwachstum in die Formel einbezieht, liegt die Kennzahl bei guten 0,6 (Werte unter 1 signalisieren eine Unterbewertung).

Erholt haben sich die Aktien von Zalando. Sie hatten zwischenzeitlich eine Schwächephase, deren Aussitzen sich aber gelohnt hat. The Market riet dazu im vorherigen Momentum Screen. Da notierten die Valoren des Onlinemodehändlers noch bei 28.22 € nahe dem 200-Tage-Durchschnitt. Nun steht ihr Kurs wieder bei rund 34 €, und das 52-Wochen-Hoch von 35.87 € ist in greifbare Nähe gerückt.

Zalando hat gemäss vorläufigen Zahlen die eigene Prognose für die Profitabilität im Geschäftsjahr 2024 übertroffen. Grund sei ein besser als erwartet ausgefallenes viertes Quartal mit durch starkes Marketing getriebenem Kundenwachstum und einem besseren Abverkauf gewesen. Der bereinigte Gewinn auf Stufe Ebit werde voraussichtlich bei rund 510 Mio. € und damit über der Prognose von Oktober mit 440 bis 480 Mio. € liegen. Das Bruttowarenvolumen stieg um 4,5% auf 15,3 Mrd. €, der Umsatz um 3,9% auf 10,5 Mrd. €. Der Investitionsaufwand (Capex) belief sich auf 210 Mio. €. Endgültige Zahlen veröffentlicht Zalando am 6. März. Bis 17. Februar läuft indes noch das Übernahmeangebot für About You. Zalando bietet 6.50 € je Anteilschein in bar. Der Deal macht aus Sicht von The Market Sinn. Die Zalando-Aktien weisen ein KGV (2025) von 28 auf, aber auch der Modehändler wächst stark, was die Kennzahl relativiert (PEG: 1,1).

Federn lassen mussten hingegen die Titel von MTU Aero Engines. Sie finden sich mittlerweile im Mittelfeld der Dax-Tabelle wieder. Das hat vor allem einen Grund: Beim Triebwerkspezialisten geht nach dem CEO nun auch der CFO. The Market ist sich sicher: Das sind rote Flaggen. Denn die Nachfolger kommen von ausserhalb und bringen teils wenig Branchenkenntnis mit.

Dazu muss man konstatieren, dass die Valoren selbst unter Berücksichtigung des üblichen Preisaufschlags für Qualitätsaktien nicht mehr besonders attraktiv bewertet sind. Das 2025er KGV liegt bei 20. Für die Jahre 2024 bis 2026 dürfte der Cashflow zudem niedrig ausfallen, was Anleger bislang angesichts des florierenden Ersatzteilgeschäfts kaum gestört hat. Das Aufwärtspotenzial scheint nun aber begrenzt, und die Bewertung lässt letztlich wenig Spielraum für Fehler (der neuen Führung). Wer die Papiere besitzt, sollte vielleicht schon einmal einen Teil seines Gewinns realisieren.

Aktien von Autobauern wie Volkswagen legten aufgrund von Trumps Aussagen jüngst zu. Sie wären mit die grössten Verlierer bei entsprechenden Zöllen. Die Wolfsburger haben im vergangenen Jahr 9 Mio. Fahrzeuge ausgeliefert – ein Minus von 2% gegenüber dem Vorjahr. 745ʼ000 davon waren vollelektrisch angetrieben (–3%) und 270ʼ000 Plug-in-Hybrid-Modelle (+5%). Absatzzahlen, die angesichts der Umstände als positiv zu bewerten sind. Auf die Sprünge geholfen hat den Aktien zuletzt auch der Pressebericht, VW plane noch im ersten Halbjahr den Verkauf weiterer 15% an seiner Nutzfahrzeug-Tochter Traton, wie das Manager Magazin unter Berufung auf Beteiligte erfahren haben will. Valoren von Autobauern sind wegen der strukturellen Probleme allerdings mit Vorsicht zu geniessen. VW könnte gar die nächste ThyssenKrupp werden.

Schwung haben auch Bankaktien. Bei Commerzbank steht weiter das Interesse von UniCredit im Vordergrund, Deutsche Bank stellt ihr vorläufiges Zahlenwerk diesen Donnerstag vor.

Auch bei den Schweizer Valoren hat sich etwas grundsätzlich verändert. Dabei haben der SLI und der französische Leitindex Cac 40 zweierlei Gemeinsamkeiten. Sie glänzten zuletzt nicht besonders mit Kursmomentum – was sich jetzt etwas gebessert hat –, und in ihren Ranglisten führen neben den Bankhäusern neuerdings vor allem Luxushersteller die Tabellen an.

So fallen unter den eidgenössischen Titeln besonders Richemont auf, die beflügelt wurden durch gute eigene Quartalszahlen, diejenigen der Konkurrenz wie zuletzt Burberry aus Grossbritannien sowie die Hoffnung auf eine Besserung in China und eben auf das Ausbleiben von Einfuhrzöllen. Der Luxuskonzern aus Genf führt den SLI in Sachen relativer Stärke nach Levy (RSL) an. Zur Erinnerung: Die Kennzahl vergleicht den gegenwärtigen Aktienkurs mit dem Durchschnittskurs der vergangenen 130 Tage bzw. 26 Wochen. Je höher der Wert, desto besser, desto mehr Kursmomentum.

Richemont hat ihren Umsatz im Weihnachtsquartal überraschend 10% auf 6,2 Mrd. € gesteigert. Analysten hatten mit einer stabilen Entwicklung gerechnet. Besonders die Schmuckmarken Cartier und Van Cleef & Arpels sind bestens positioniert, das China-Exposure (Grossraum China – inkl. Macau und Hongkong) hält sich mit 26% in Grenzen. Bei der Vorzeigemarke Cartier legten die Verkäufe von Oktober bis Dezember 14% zu, während es im Uhrengeschäft mit Marken wie IWC einen Rückgang von 8% gab. Gewinnzahlen veröffentlicht Richemont zum dritten Quartal ihres Geschäftsjahres nicht.

Die Gewinnschätzungen von Richemont für das Gesamtjahr dürften noch weiter nach oben revidiert werden, was die Bewertung relativieren sollte. Das KGV für 2025 liegt bei 30. Eine Prämie gegenüber dem restlichen Sektor hält The Market für gerechtfertigt. Zum Vergleich: Kering kommt derzeit auf ein KGV von 22, Swatch Group auf 23, Prada auf 24, LVMH auf 27 und Hermès auf 62.

In Davos zugeschaltet, forderte US-Präsident Trump unter anderem niedrigere Ölpreise und Zinssenkungen. Das kam am Markt gut an, der allerdings erst einmal mit einem unveränderten Leitzins der US-Notenbank (Fed) am Mittwoch rechnet, während die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag einen weiteren Zinsschritt von 0,25 Prozentpunkten wagen dürfte. Viel wird auch auf die Berichtssaison ankommen, die in Deutschland heute mit dem Dax-Schwergewicht und Momentumtitel SAP gestartet ist. Gegenwärtig scheint aber eine gute Zeit für Trendfolger zu sein.


Über diesen Link gelangen Sie zum Dokument mit sämtlichen Tabellen.

Haben Sie Anregungen zum Momentum Screen? Vermissen Sie eine Tabelle? Dann schreiben Sie uns: ulrich.hanke@themarket.ch.

Der Autor hält Aktien von MTU Aero Engines und Rheinmetall.

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