Eine Studie zum Zusammenhalt der Schweiz fördert Interessantes zutage.
Da finanziert die Grossbrauerei Feldschlösschen eine Studie zum Zusammenhalt in der Schweiz, und die ergibt prompt, dass die Schweizer beim Biertrinken gesellschaftlichen Zusammenhalt spüren. Oder wie es die Studienautoren des Befragungsinstituts Sotomo formulieren: «Typisch schweizerische Tätigkeiten wie Grillieren, Wandern und Biertrinken sind die Momente, bei denen Schweizerinnen und Schweizer Gemeinschaft verspüren.»
Das sprichwörtliche Biertrinken ist in der Konkordanzdemokratie Schweiz aber offenbar keine Selbstverständlichkeit mehr. Eine grosse Mehrheit der Bevölkerung (83 Prozent) teilt die Ansicht «früher war alles besser». Lediglich 15 Prozent der Befragten finden, der Zusammenhalt sei in den vergangenen zehn Jahren gleich geblieben, nur zwei Prozent sehen eine Zunahme. Zwei Drittel der Befragten halten den Zusammenhalt im Land für bröckelig, nur ein Drittel glaubt an dessen Stärke. Frauen sind tendenziell pessimistischer als Männer. Nicht einmal ein Drittel der weiblichen Befragten hält den Zusammenhalt für stark, bei den Männern sind es immerhin 40 Prozent.
Wie die Studie weiter zeigt, sind Junge tendenziell zuversichtlicher als Ältere. Der grösste Unterschied zeigt sich aber beim Einkommen. In der untersten Einkommensklasse bewerten nur 28 Prozent den Zusammenhalt in der Schweiz als gut. Bei der höchsten Einkommensklasse sind es 46 Prozent. Die Studienautoren erklären sich das damit, dass Personen mit höherem Einkommen oft über stärkere soziale Netzwerke verfügen und weniger oft in Situationen sind, in denen sie selbst einer Unterstützung bedürfen. So nimmt die Mehrheit der FDP-Anhängerschaft, einer wirtschaftlich tendenziell gutgestellten Gruppe, den Zusammenhalt in der Schweiz als stark wahr.
Damit stellt sich die Frage, wo denn Anhänger anderer Parteien den Zusammenhalt gestärkt oder bedroht sehen. Schlüsselt man die Umfrageergebnisse nach parteipolitischer Orientierung auf, so zeigt sich, dass rund 90 Prozent der Bevölkerung der Meinung sind, dass die Zuwanderungsfrage spaltet. Auch die Haltung zu Europa wird von etwa drei Vierteln der Befragten als polarisierend wahrgenommen. Bei den Themen Klima, Soziales und Sicherheit zeigt sich ein leichtes Links-rechts-Gefälle. 86 Prozent der grünen Basis betrachten Klimafragen als spaltend, während diese nur 64 Prozent der SVP-Anhängerschaft als polarisierend wahrnehmen.
Ähnlich verhält es sich bei der Sozialpolitik, die von der SP-Basis häufiger polarisierend wahrgenommen wird (70 Prozent) als von Wählern der Mitte (53 Prozent) und der SVP (52 Prozent). Auch bei Geschlechterfragen gibt es ein klares Gefälle. 61 Prozent der SP-Wähler finden, das Thema spalte, während dem nur 34 Prozent der Mitte und 44 Prozent der SVP zustimmen. In Bezug auf Sicherheit sehen SVP-Wähler (44 Prozent) häufiger eine Polarisierung als Grüne (18 Prozent). Je mehr man sich mit einem Thema befasst, desto mehr werden einem offenbar die politischen Unterschiede bewusst.
Obwohl der gesellschaftliche Zusammenhalt in der Schweiz als rückläufig wahrgenommen wird, sind die Schweizerinnen und Schweizer der Auffassung, dass das Miteinander hierzulande immer noch besser sei als im europäischen Ausland.
Tatsächlich: Während in vielen Ländern Europas die politischen Spannungen zunehmen, extreme Parteien Zulauf erhalten und soziale Gräben tiefer werden, scheint die Schweiz in der Wahrnehmung der Bevölkerung vergleichsweise stabil zu bleiben.
Und wie erklärt sich die Bevölkerung das? Mit der direkten Demokratie. Über 70 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die direkte Demokratie den Zusammenhalt in der Schweiz stärke.
Darauf ein Bier.