Mittwoch, November 27

Mit der Veräusserung des Werks in der Uiguren-Provinz schliesst der Konzern eine Baustelle seines China-Geschäfts – es bleiben aber noch zahlreiche andere.

Die Verhandlungen mit dem chinesischen Joint-venture-Partner SAIC waren lang und mühsam. Doch am Ende gelingt dem Volkswagen-Konzern jetzt das, woran er seit langem arbeitete: eine Veräusserung der Fabrik in Urumqi, der Hauptstadt der Provinz Xinjiang im Nordwesten Chinas.

«Aus wirtschaftlichen Gründen ist der Standort im Zuge der strategischen Neuausrichtung durch das Joint-Venture veräussert worden. Das Gleiche gilt für die Teststrecken in Turfan und Anting», teilte ein VW-Sprecher am Mittwoch mit. In Anting bei Schanghai baut VW zusammen mit seinem Partner SAIC Pkw. Kaufen wird das Werk in Urumqi das chinesische Unternehmen Shanghai Motor Vehicle Inspection Center (SMVIC).

Untersuchung mit fragwürdigen Methoden

Jahrelang sahen sich die Wolfsburger Vorwürfen ausgesetzt, in dem Werk in Urumqi sowie auf der dazugehörigen Teststrecke in Turfan uigurische Zwangsarbeiter zu beschäftigen. Volkswagen versuchte die Anschuldigungen zu entkräften und gab ein angeblich unabhängiges Gutachten in Auftrag, schoss damit allerdings ein Eigentor.

Vor einigen Wochen stellte sich heraus, dass die Untersuchung mit mehr als fragwürdigen Methoden zustande gekommen war. So wurden Befragungen von Arbeitern in dem Werk videoüberwacht. Einer der wichtigsten Beteiligten der Prüfung war ein ehemaliger Barkeeper aus Grossbritannien.

Volkswagen hatte die Fabrik in Xinjiang 2013 mutmasslich auf Druck der chinesischen Regierung eröffnet. Peking wollte die rückständige Region wirtschaftlich voranbringen. Da fügte es sich gut, dass China für VW der weltweit wichtigste Markt ist und das Unternehmen darum auf eine harmonische Zusammenarbeit mit den Behörden angewiesen ist.

Wirtschaftlich erfolgreich war die Fabrik nie. Derzeit werden in Urumqi lediglich in Anting gefertigte Autos auf Qualität getestet. Im Werk arbeiten 170 Mitarbeiter. Der Käufer SMVIC hat laut VW-Angaben zugesagt, die Arbeiter übernehmen zu wollen.

Eine schwierige Trennung

Sich von der umstrittenen Fabrik in Urumqi zu trennen, war für VW äusserst schwierig. Der Joint-Venture-Partner SAIC ist ein Staatsunternehmen und untersteht der Regierung der Stadt Schanghai, damit also letztlich der Kommunistischen Partei, auf deren guten Willen die Deutschen angewiesen sind.

Gleichzeitig mit der Ankündigung des Verkaufs des Werks in Urumqi gab Volkswagen bekannt, das Joint-Venture mit SAIC bis 2040 verlängern zu wollen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass VW in die Verlängerung nur unter der Bedingungen eines Verkaufs des Werks in Urumqi einwilligte.

Die meisten Experten sind sich darüber einig, dass der Autobau auf dem hoch kompetitiven Markt China im Rahmen eines Joint-Ventures längst nicht mehr zeitgemäss ist. Die meist staatlichen Partnerunternehmen verfolgen stets auch politische Ziele. Eine Entlassung von Mitarbeitern ist beispielsweise schwierig.

Der Volkswagen-Konzern unterhält in Changchun im Nordosten Chinas ein weiteres Joint-Venture, mit dem Staatskonzern First Automotive Works (FAW) als Partner. Dieser untersteht der Zentralregierung in Peking. In Changchun fertigen die Wolfsburger Autos der Marken Audi und VW.

China wollte von den ausländischen Firmen lernen

Die chinesische Regierung hatte den Joint-Venture-Zwang nach Beginn der Reform- und Öffnungspolitik Ende der 1970er Jahre eingeführt. Ziel war es, von den Firmen aus dem Ausland zu lernen, aber auch Technologie abzuschöpfen. Inzwischen haben die Behörden die Auflagen gelockert. So kann ein Autohersteller aus dem Ausland die Mehrheit an einem Joint-Venture halten.

In Hefei, wo VW gerade ein hochmodernes Werk für die Fertigung von Elektroautos hochfährt, hält der Partner JAC nur einen Minderheitsanteil.

Der Volkswagen-Konzern steht auf seinem wichtigsten Markt vor den grössten Herausforderungen der vergangenen vier Jahrzehnte. Der Marktanteil des Herstellers hat sich in den vergangenen Jahren halbiert. Den qualitativ meist hochwertigen Elektroautos chinesischer Hersteller wie BYD hat VW bisher kaum etwas entgegenzusetzen.

Auch deshalb sind die China-Gewinne von VW in den vergangenen Jahren zusammengeschmolzen. Der Konzern fährt derzeit ein striktes Sparprogramm und prüft nach Informationen aus Branchenkreisen auch Entlassungen.

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