Die Schauspieler Ryan Reynolds und Rob McElhenney übernahmen den walisischen Fussballklub Wrexham in der fünften Liga. Nun fehlt noch ein Schritt bis zur Premier League. Doch der Höhenflug kostet viel Geld.

Der sagenhafte Aufstieg des Wrexham Association Football Club aus der fünften in die zweite englische Liga könnte dem Drehbuch eines Hollywo­odfilms entstammen, in dem die berühmten amerikanischen Schauspieler Rob McElhenney und Ryan Reynolds die Hauptrollen spielen. Es handelt sich dabei allerdings nicht um eine Erfindung, sondern um die Realität. Alles hat sich in den vergangenen Jahren genau so in Wrexham zugetragen, einer walisischen Ortschaft mit 66 000 Einwohnern, die vierzig Kilometer von Liverpool entfernt an der englischen Grenze liegt.

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Im Februar 2021 erwerben McElhenney und Reynolds den Wrexham AFC für 2 Millionen Pfund – aus einer spontanen Laune heraus. Während der Pandemie sieht McElhenney die Netflix-Serie «Sunderland ’Til I Die», die den abgestürzten Traditionsverein Sunderland begleitet. Und er beschliesst, selbst die Verantwortung für einen Fussballklub zu übernehmen. Er ist fasziniert von der Leidenschaft der Fans und der durch Auf- und Abstieg entstehenden Dramatik. McElhenney fragt seinen Kollegen Reynolds, der Erfahrung als Unternehmer hat, um Unterstützung. Obwohl sich beide nur flüchtig kennen, willigt Reynolds sofort ein. Da Vereine in den höheren Ligen für die zwei nicht bezahlbar sind, entscheiden sie sich für Wrexham, einen der weltweit ältesten Klubs mit stattlicher Fangemeinde.

Innerhalb von drei Spielzeiten gelingt McElhenney und Reynolds mit Wrexham sensationell ein Durchmarsch durch die Spielklassen, wie ihn zuvor kein anderer Klub im englischen Profifussball geschafft hat. Nur eine weitere Promotion trennt sie von der Premier League.

Der kürzliche Aufstieg in die zweite Liga bringt Bonuszahlungen von 2,5 Millionen Pfund für die Belegschaft mit sich. Der Klub muss davon nur zwei Drittel bezahlen, weil man vorab für diesen Fall eine Versicherung abgeschlossen hat. So überzeugt waren McElhenney und Reynolds seinerzeit vom eigenen Erfolg – und für so unrealistisch hielten andere dieses Szenario.

Ein cleveres Marketing schaffte Reichweite und machte das Stadion zur Pilgerstätte

Die Verwandlung Wrexhams hat Fussballromantiker aus allen Kontinenten in den Racecourse Ground gelockt. Die ehrwürdige Spielstätte ist zur Pilgerstätte geworden. Auch die Stadt profitiert von der plötzlichen Bekanntheit des Vereins, indem sie einen Anstieg der Besucherzahlen von zwanzig Prozent verzeichnet. Früher wurde sie als «Spice Town» verhöhnt, weil Leute an einem Busbahnhof abgelichtet wurden, die unter dem Einfluss von Drogen standen. Ein Stadtrat erzählte kürzlich in der BBC, dass viele Gäste die Gelegenheit nutzten, während ihres Aufenthalts auch die Sehenswürdigkeiten der Region zu besichtigen.

Das Marketing des Vereins machte all das möglich. Einen der ersten Verträge gingen McElhenney und Reynolds mit Disney ein, das die erfolgreiche Sportdokumentation «Welcome to Wrexham» produzierte. Dafür erhielt Wrexham zwar kein Geld, profitierte aber von einer enormen Steigerung der eigenen Reichweite. Diese bauten die Besitzer mit ihrem Prominentenstatus in der digitalen Welt weiter aus, allein Reynolds hat auf Instagram mehr als fünfzig Millionen Follower.

Mit amüsanten Posts, raffiniertem Storytelling, Fan-Interaktion und Präsenz vor Ort sorgten sie dafür, dass der Klub vor allem in Nordamerika, Asien und Europa zum Gesprächsthema wurde.

Wrexhams Bekanntheit zog das Interesse von internationalen Firmen an, mit denen der Klub strategische Partnerschaften einging. Mit United Airlines sowie einer Tochtergesellschaft von Danone heuerten bedeutende Sponsoren an. Dadurch entwickelte sich der Umsatz des Vereins exponentiell in zweistellige Millionenhöhe, eine Summe, die für Klubs aus tieferen Spielklassen normalerweise unerreichbar ist.

Als Wrexham noch Viertligist war, betrug der Umsatz bereits aussergewöhnliche 26,7 Millionen Pfund, also knapp 30 Millionen Schweizerfranken – das war bisweilen mehr als der von englischen Zweitligisten. Über die Hälfte der Erlöse wird in den USA generiert, der Heimat von McElhenney und Reynolds.

Gehaltskosten von 11 Millionen Pfund in der vierten Liga

Die Finanzkraft setzten McElhenney und Reynolds ein, um neben der Infrastruktur in die Qualität der Mannschaft zu investieren. So betrugen die Gehaltskosten in der damaligen Viertliga-Spielzeit ebenfalls exorbitante 11 Millionen Pfund. Erst kürzlich engagierte der Klub zwei neue Angreifer, den in der Premier League erprobten Jay Rodríguez sowie Sam Smith, dessen Ablöse vom Drittliga-Konkurrenten Reading 2,5 Millionen Pfund betrug. Smith erzielte prompt mehrere wichtige Tore für den Aufstieg in die zweite Liga.

Trotz dem Erfolg auf dem Platz verzeichnete der Klub in den letzten drei Geschäftsjahren einen Gesamtverlust von mehr als 10 Millionen Pfund. Es wird angenommen, dass McElhenney und Reynolds zusammengerechnet bisher etwa 20 Millionen in den Wrexham AFC gesteckt haben. Kürzlich riefen sie die Fans in einem gemeinsamen Werbespot zum Trikotkauf auf. Die Führung des Vereins sei aufgrund der neuesten Verpflichtungen so teuer, als würde man «Geld anzünden», scherzte Reynolds über die eigenen Verluste. Im Oktober 2024 gab Wrexham bekannt, eine Minderheitsbeteiligung an die in New York ansässige Grossfamilie Allyn abgetreten zu haben, die durch den Verkauf des eigenen Medizintechnikunternehmens vor Jahren einen milliardenschweren Reichtum erzielt hat.

Als neuer Zweitligist wird der Wert von Wrexham AFC auf beeindruckende 150 Millionen Pfund geschätzt. Es stellt sich jedoch die Frage, wie hoch der tatsächliche Wert des Klubs wäre, wenn sich McElhenney und Reynolds zurückziehen würden. Bis jetzt gibt es dafür keine Anzeichen; sie stehen voll und ganz hinter der Sache. Es seien die besten vier Jahre überhaupt gewesen, schrieb Reynolds kürzlich und wollte das auch im Namen von McElhenney verstanden wissen. Ihr Ziel ist die Premier League. Sollte auch das gelingen, dürfte die Geschichte des Wrexham AFC eines Tages in Hollywood erzählt werden.

Ryan Reynolds and Rob McElhenney REACT to Wrexham's promotion to the Championship! 👏

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