Freitag, November 22

Elon Musk und Vivek Ramaswamy sollen die amerikanische Bürokratie gesundschrumpfen. Erstmals liefern sie dafür konkretere Pläne. Das eigentliche Schuldenproblem der USA kann allerdings nur der Kongress lösen.

Washington muss sparen. Daran besteht kaum ein Zweifel. Erstmals gibt der amerikanische Staat mehr Geld für die Begleichung der Schuldzinsen aus als für sein Verteidigungsbudget. Dies liegt nicht nur, aber auch an einem wachsenden Beamtenapparat. Auch unter Joe Biden wuchs die Zahl der Bundesangestellten um rund 121 000 Stellen auf mittlerweile knapp 2,4 Millionen Beschäftigte an.

Donald Trump hat deshalb die Unternehmer Elon Musk und Vivek Ramaswamy damit beauftragt, Sparvorschläge auszuarbeiten. Die beiden leiten ein neu geschaffenes «Department of Government Efficiency» (Doge), das allerdings nicht Teil der neuen Regierung sein wird und nur eine beratende Funktion hat. Musk und Ramaswamy sind beide innovative Köpfe mit grossen Ambitionen. Im Wahlkampf kündigte der Tesla- und SpaceX-Gründer Musk an, den Staatshaushalt um «mindestens 2 Billionen Dollar» zu kürzen. Ramaswamy gründete ein eigenes Pharmaunternehmen und soll selbst ein Vermögen von knapp einer Milliarde Dollar besitzen. Einen Namen machte sich der indischstämmige Yale-Absolvent aber erst mit seinen feurigen Reden als republikanischer Präsidentschaftsbewerber. Bei seinen Auftritten versprach er, den Beamtenapparat in Washington um 75 Prozent zu verkleinern.

Grossteil der Ausgaben ist fest gebunden

Die grossen Ankündigungen erscheinen wenig realistisch. Die von Musk genannten 2 Billionen Dollar entsprächen knapp 30 Prozent der gesamten Staatsausgaben. Der reichste Mann der Welt gab selbst zu, dass eine solche Kürzung einen wirtschaftlichen Schock auslösen würde. Rund 60 Prozent der Staatsangestellten sind zudem in Ministerien und Abteilungen beschäftigt, die den Republikanern am Herzen liegen: etwa im Departement für Veteranenangelegenheiten (21 Prozent), in der Navy (10 Prozent), der Army (10 Prozent), der Luftwaffe (8 Prozent) oder dem Ministerium für Innere Sicherheit (9 Prozent).

Mehr als die Hälfte der öffentlichen Ausgaben sind fest gebunden. Der grosse Teil davon betrifft die staatlichen Renten- und Sozialversicherungen. Deren steigende Kosten wiederum sind durch die Alterung der Gesellschaft bedingt. Um die Finanzierung langfristig zu sichern, müsste der Kongress die Sozialprogramme reformieren. Aber Donald Trump hat im Wahlkampf versprochen, weder an der Höhe der Renten noch an der des Rentenalters etwas zu ändern. Bei den variablen Ausgaben, die der Kongress jedes Jahr festlegt, machen die Verteidigungsausgaben fast die Hälfte der Kosten aus. Auch dies ist ein Bereich, in dem die Konservativen ungern sparen. Gleichzeitig hat Trump grosse Steuersenkungen versprochen. Dies könnte das Defizit weiter erhöhen und damit auch die Zinslast verstärken.

Unabhängig davon skizzierten Musk und Ramaswamy mit einem Meinungsbeitrag im «Wall Street Journal» am Mittwoch ihre Sparpläne etwas konkreter. Sie umfassen im Grunde drei Punkte: Deregulierung, Stellenabbau und Ausgabenkürzungen. Gemäss den Plänen soll Doge zunächst alle behördlichen Verordnungen identifizieren, die keine vom Kongress erlassene gesetzliche Grundlage haben. Trump soll diese dann annullieren. Durch diese Deregulierung erhoffen sich Musk und Ramaswamy einerseits eine Stimulierung der Wirtschaft. Andrerseits liefere eine «drastische Reduktion» von Regulierungen auch die Grundlage für Personalkürzungen. Wenn es weniger Vorschriften gebe, brauche es auch weniger Beamte, um diese umzusetzen.

Der gesetzliche Schutz für Beamte erlaube zwar keine gezielten Entlassungen von bestimmten Personen, um politisch motivierte Kündigungen zu verhindern. Aber ein genereller Personalabbau sei erlaubt, schreiben Musk und Ramaswamy. Der Präsident verfüge dabei über die Kompetenz für «umfangreiche Entlassungen» oder auch für die Verlegung von Behörden in einen anderen Gliedstaat. Die beiden Unternehmer hoffen dabei, dass die konservative Richtermehrheit am Supreme Court ihre Interpretation der Gesetze stützen wird, sollten ihre Sparmassnahmen zu Rechtsstreitigkeiten führen.

Mögliche Interessenkonflikte

Musk und Ramaswamy wollen Stellen indes auch auf indirekte Weise kürzen, indem sie den Beamten die Möglichkeit des Home-Office entziehen: «Wenn die Bundesbeamten aufgefordert wären, fünf Tage in der Woche ins Büro zu kommen, würde dies zu einer Welle von freiwilligen Kündigungen führen, was wir begrüssen würden.» Eine solche Massnahme sei unsinnig, kritisierte am Donnerstag jedoch die Gewerkschafterin Jacqueline Simon. Die Privatwirtschaft bezahle höhere Saläre als der Staat. Wenn die Beamten solche Freiheiten verlieren würden, werde es für den öffentlichen Dienst noch schwieriger, talentierte Mitarbeiter zu finden.

In einem dritten Schritt wollen Musk und Ramaswamy bestimmte Ausgaben kürzen. Erstens möchten sie wie Trump, dass der Präsident die Verwendung von bereits durch den Kongress bewilligten Mitteln stoppen kann. Gemäss einem Gesetz von 1974 darf der Präsident dies bis jetzt jedoch nicht. Zweitens beziffern die beiden die «unautorisierten Ausgaben» im Staatshaushalt auf 500 Milliarden Dollar. Dabei handelt es sich um Gelder, die vom Kongress jedes Jahr bewilligt werden, obwohl die gesetzliche Autorisierung dafür eigentlich abgelaufen ist. Musk und Ramaswamy wollen diese Mittel kritisch ins Visier nehmen. Drittens wollen sie auch die Vergabe von staatlichen Aufträgen, insbesondere beim Pentagon, auf mögliche Verschwendungen überprüfen.

Auch der Zeitplan der beiden Visionäre ist ambitioniert. Bis zum 4. Juli 2026 – dem 250. Geburtstag der USA – wollen sie den amerikanischen Staat wieder schlank und fit machen. Allerdings haben sie noch immer nicht genau definiert, wo sie genau sparen und deregulieren möchten. Die zentrale Frage ist dabei, ob sie ihre eigenen Interessen zurückstellen können. Musks Unternehmen erhielten in den vergangenen zehn Jahren staatliche Aufträge im Umfang von über 15 Milliarden Dollar. Verschiedene Bundesbehörden führten rund 20 Untersuchungen gegen seine Firmen durch. Unter anderem ging es um die Sicherheit der elektrischen Tesla-Autos und die von SpaceX-Raketen verursachten Umweltbelastungen.

Amerika werde heute von Bürokraten beherrscht, die nicht vom Volk gewählt seien, kritisieren Musk und Ramaswamy in ihrem Zeitungskommentar. Auch Trump erhebt diesen Vorwurf oft. Wobei das linke Internetmagazin «Salon» nun süffisant bemerkt: Um dieses Problem zu lösen, habe der angehende Präsident nun zwei «nichtgewählte Milliardäre» beauftragt.

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