Am Freitagmorgen ist in Leipzig ein Flugzeug mit afghanischen Straftätern von Deutschland nach Kabul gestartet. Damit werden 28 Ausreisepflichtige abgeschoben.
Deutschland hat am Freitagmorgen afghanische Straftäter abgeschoben. Das bestätigte die Bundesregierung. Zuvor hatte der «Spiegel» berichtet. Es ist das erste Mal seit der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021, dass Deutschland wieder Straftäter nach Afghanistan ausschafft.
Laut Berichten startete der Flug der Airline Qatar Airways am Freitagmorgen um 6 Uhr 56 von Leipzig aus. Es sollen sich 28 afghanische Straftäter an Bord befinden. Bei den Männern soll es sich um besonders schwere Fälle handeln. Sie wurden aus verschiedenen Bundesländern nach Leipzig gebracht. Laut dem Regierungssprecher Steffen Hebestreit sind es «verurteilte Straftäter, die kein Bleiberecht in Deutschland hatten und gegen die Ausweisungsverfügungen vorlagen».
Jeder Täter hat laut Medienberichten 1000 Euro Handgeld erhalten. Die deutsche Regierung bietet – ähnlich der Schweiz – Asylmigranten eine finanzielle «Starthilfe», wenn sie freiwillig in ihr Heimatland zurückkehren.
Unter den Abgeschobenen soll der Vergewaltiger von Illerkirchberg sein
Nach Informationen der «Welt» befindet sich unter den Abgeschobenen ein Vergewaltiger aus Illerkirchberg. Der Afghane hatte 2022 eine 14-Jährige bei einer Gruppenvergewaltigung sexuell missbraucht. Obwohl das Innenministerium von Baden-Württemberg bereits vor zwei Jahren die Bundesinnenministerin aufforderte, den Straftäter abzuschieben, verweigerte Faeser dies bis zu diesem Jahr.
Die Abschiebung am Freitag hat das Bundesinnenministerium organisiert. Schon im Juni haben sich Bund und Länder nach der Innenministerkonferenz auf Ausschaffungen nach Afghanistan und Syrien geeinigt. Das Innenministerium hatte jedes Bundesland um eine Liste mit Straftätern und Gefährdern gebeten, die das Land verlassen sollen.
Innenministerin Nancy Faeser schrieb am Freitagmorgen auf ihrem X-Profil: «Unsere Sicherheit zählt, unser Rechtsstaat handelt.» Sie dankte der Bundespolizei für die Zusammenarbeit. Die SPD-Politikerin will im Laufe des Tages den Innenausschuss des Bundestages unterrichten.
Unterstützung vom Emirat Katar
Deutschland unterhält seit der Übernahme der Taliban keine diplomatischen Beziehungen zu Kabul. Politiker etablierter Parteien argumentierten deshalb in der Vergangenheit, dass Ausschaffungen nach Afghanistan aufgrund dieser diplomatischen Lücke nicht möglich seien.
Laut «Spiegel»-Informationen verhandelte die Bundesregierung nicht direkt mit den Taliban, sondern erhielt Unterstützung vom Emirat Katar. Die Regierung habe den Golfstaat um «diskrete Schützenhilfe» gebeten.
Die Ankündigungen, mehr abzuschieben, haben mittlerweile mehrere Kapitel. Im Oktober 2023 erklärte Kanzler Olaf Scholz im «Spiegel»: «Wir müssen endlich im grossen Stil» abschieben. Nach dem tödlichen Messerangriff von Mannheim Ende Mai hatte Scholz dann angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen und terroristischen Gefährdern nach Afghanistan und auch Syrien wieder zu ermöglichen. Das hatte der Kanzler nach dem islamistischen Attentat in Solingen noch einmal bekräftigt.
Auch die Innenministerin Faeser hat ihre Haltung zu Ausschaffungen in Länder wie Afghanistan geändert. Zu Beginn ihrer Amtszeit waren diese ausgeschlossen. Am Donnerstag hatte Innenministerin Nancy Faeser in einer Pressekonferenz angekündigt, dass Deutschland «sehr bald» Straftäter nach Afghanistan und Syrien abschieben werde. Aussenministerin Annalena Baerbock hingegen hat in der Vergangenheit immer wieder die hohen Hürden für solche Ausschaffungen betont.
Grüne dämpfen Erwartungen, CDU fordert konsequentes Vorgehen
Der Vorsitzende der Grünen Omid Nouripour sagte nun dem «Spiegel»: «Es war stets klar, dass es technische Möglichkeiten geben kann, in wenigen Fällen Menschen nach Afghanistan zu fliegen.» Doch mit Abschiebungen «im grossen Stil» wie Kanzler Scholz sie einst versprochen hatte, sei nicht zu rechnen. «Dafür brauchte es eine direkte staatliche Zusammenarbeit, die mit den Steinzeitislamisten der Taliban nicht möglich ist.»
Der Christlichdemokrat Christoph de Vries nennt die Abschiebung der Straftäter überfällig. Der NZZ sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete: «Nun zeigt sich, dass alle Argumente der Innen- und der Aussenministerin in den vergangenen Jahren, nicht abzuschieben, vorgeschobene Ausflüchte waren und schlichtweg der politische Wille fehlte. Der erste Abschiebeflug kann nur ein Anfang sein.» Dazu gehörten vor allem auch syrische Kriminelle, die bei Gewalttaten und Sexualdelikten deutlich überrepräsentiert seien, so de Vries.








