Rückblick
Auch wenn Mode nicht das Erste sein mag, woran man bei den Olympischen Spielen denkt, spielt sie dennoch eine zentrale Rolle. Bevor der sportliche Grossanlass in Paris losgeht, blicken wir zurück auf einige (Mode-)Momente.
1. Florence Griffith-Joyner mit den schnellsten Beinen und den längsten Nägeln
Die 100- und 200-Meter-Weltrekorde von Florence Griffith-Joyner haben seit 1988 Bestand; 10,49 beziehungsweise 21,34 Sekunden. Ebenso ihre Sport-Looks: mit langen Fingernägeln, einbeinigen Laufanzügen und hautengen Zweiteilern aus Spitze sorgte die vor 26 Jahren verstorbene Olympiasiegerin regelmässig für Aufsehen.
Beyoncé hat Griffith-Joyners Look einmal an Halloween kopiert, sogar Taylor Swift trägt einen sehr ähnlichen einbeinigen Body auf ihrer «Eras»-Tour. Sie gefalle nun einmal gerne, sagte Flo-Jo, wie die schnellste Frau der Welt auch genannt wurde, einmal: «Zieh dich gut an, um gut auszusehen. Sieh gut aus, um dich gut zu fühlen. Und fühle dich gut, um schnell zu laufen.»
2. Simon Ammann als Harry Potter
Sportlerinnen und Sportler vertreten ihr Land, und dabei spielt auch die Kleidung eine grosse Rolle. Giorgio Armani etwa ist seit Jahren der offizielle Ausstatter der italienischen Mannschaft. Seit 2020 und für acht Jahre ist die 2010 in Zürich geborene Sportmarke On Ausrüstungspartner des Schweizer Olympiateams. Für die Olympischen Spiele 2024 in Paris wollte man die coolsten Olympia-Outfits kreieren, die das Schweizer Olympiateam je getragen hat.
Schwierig scheint das nicht, schaut man sich die Olympia-Outfits der letzten Jahre an; allesamt schlicht, bodenständig, klassisch und ganz bestimmt nicht auffallend. Nur einer ist mit seinem Look aus der Reihe getanzt, und zwar komplett: Simon Ammann in Salt Lake City 2002, als der Toggenburger Bauernsohn zum ersten Mal Doppelolympiasieger wurde. Der ohnehin schon als Harry-Potter-Lookalike bekannte Ammann bestieg das Podest in einem silbernen Mantel, der ihn noch mehr wie ein Zauberer aussehen liess. Einer von einem fremden Planeten.
3. Linford Christie macht Werbung mit Puma-Augen
Was für ein Augenschein: Der Sportartikelhersteller Puma nutzte während der Olympischen Spiele 1996 in Atlanta die Augen des britischen Leichtathleten Linford Christie als Werbefläche. Dieser empfing die Reporter bei einer Pressekonferenz mit blauen Puma-Logo-Kontaktlinsen. Weshalb? Christie wollte das Puma-Logo eigentlich auf dem Trikot tragen, was allerdings nicht möglich war, weil Reebok Hauptsponsor der Olympischen Spiele war und Millionen für Werberechte bezahlt hat, Puma hingegen nicht. Damals waren die Regeln des Internationalen Olympischen Komitees noch einiges strenger als heute.
4. Katarina Witt und die Sache mit dem (nicht vorhandenen) Rock
Katarina Witt, mit zwei Olympiasiegen und vier WM-Titeln die erfolgreichste Eiskunstläuferin der Geschichte, gewann 1984 in Sarajevo und 1988 in Calgary die Goldmedaille. Während der Olympischen Winterspiele 1984 trat Witt noch in einem Ensemble aus gerüschter Bluse mit Puffärmeln, einem rosa Minirock mit einer Art integriertem Korsett und einer auffälligen Tiara auf. Bis heute wird das Outfit auf Best-Dressed-Listen genannt.
Der meistdiskutierte Look folgte vier Jahre später. Ohne Rock. Während der Olympischen Winterspiele 1988 in Calgary trug Witt einen blauen Body mit Glitzer und noch mehr Federn. In den Augen einiger Funktionäre ging das gar nicht: viel zu wenig Stoff. Daraufhin wurde die Regel eingeführt, die auch als «Katarina-Regel» bekannt wurde: Fortan hatten alle Teilnehmerinnen einen Rock zu tragen, der sowohl den Hintern als auch die Oberschenkel bedeckt. Erst in der Saison 2005/06 wurde die Regel wieder aufgehoben.
5. Mark Spitz wurde trotz Behaarung zur olympischen Legende
Der amerikanische Schwimmer Mark Spitz trug bei den Olympischen Spielen 1972 in München weder Badekappe noch Schwimmbrille, und auch seinen ikonischen Schnurrbart wollte «Mark the Shark» nicht rasieren. Trotz der Behaarung – und damit mehr Widerstand – holte er sich allein bei den Spielen 1972 in München sieben Mal Gold, stets in Weltrekordzeit. Eine Leistung, die erst später von Michael Phelps übertroffen wurde.
6. Zola Budd, die «Barfussläuferin»
In ihrer Heimat Bloemfontein in Südafrika sei es Zola Budd gewohnt gewesen, barfuss zu laufen. Also trat die damals 17-Jährige 1984 im 3000-Meter-Lauf in Los Angeles ohne Rennschuhe an. Es sollte ein Lauf werden, der in die Geschichte einging: Budd wurde nicht nur als «Barfussläuferin» weltbekannt, sondern als die Athletin, die mit der amerikanischen Läuferin Mary Decker kollidierte. Decker wurde damals als grosse Favoritin gehandelt und war ausserdem Budds Sportidol. Der Frust war gross: Beiden hat es am Ende nicht auf das Podest gereicht.
7. Edwin Moses rannte trotz Goldschmuck für einmal nur zu Bronze
Manche nehmen die Olympischen Spiele auch zum Anlass, ihren Schmuck zu präsentieren. Wie Edwin Moses, der Amerikaner und Olympiasieger von 1976 und 1984 sowie Weltmeister der Jahre 1983 und 1987, der während seiner Sprints regelmässig Sonnenbrillen und Schmuck getragen hat. Sein berühmtester modischer Auftritt war der an den Olympischen Spielen 1988 in Seoul: Mit einer goldenen Pilotenbrille auf der Nase und einer doppelreihigen Halskette nahm er am 400-Meter-Hürdenrennen der Männer teil. Und erreichte den für ihn ungewohnten dritten Platz.
8. Es geht noch ausgefallener: Niconner Alexander und die Alien-Brille
Bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney präsentierte die amerikanische Sonnenbrillenmarke Oakley das neuste und wohl verrückteste Modell: Der Sprinter Niconner Alexander aus Trinidad und Tobago startete im Halbfinale des 4×100-Meter-Laufs mit der futuristischen «Over The Top» – kurz OTT – über dem Kopf. Die ausserirdisch anmutende Sonnenbrille wird nicht wie gewohnt mit Bügeln über den Ohren befestigt, sondern auf den Schädel geklemmt. Das sollte Druckstellen und Hüpfen vermeiden, das bei Sonnenbrillen beim Laufen normalerweise auftritt.
Die Reaktion der Öffentlichkeit war gemischt, im Sport und in der Pop-Kultur hat das Design jedoch Kultstatus erreicht: Zu den Trägern gehört unter anderem der schwedische Profi-Golfer Jarmo Sandelin, die Radsportler David Millar und Frank Schleck, wie auch der Rapper Flavor Flav, der Anfang der 2000er bei Konzerten mit der OTT auftrat. Auch auf der Leinwand hatte sie ihre Auftritte; in «Spiderman» (2002), «Spy Kids 3» oder «Blade II». Die «Over The Top» wurde zwischen 2000 und 2004 produziert, noch heute werden die Brillen im Resale-Markt für einige hundert bis tausend Franken gehandelt.
9. Das norwegische Curling-Team und seine ausgefallenen Hosen
Dem Skip Thomas Ulsrud waren die schwarzen Hosen seiner Mannschaft zu langweilig. Deshalb trägt das norwegische Curling-Team seit den Olympischen Winterspielen 2010 in Vancouver Hosendesigns, die auffälliger nicht sein können: mit Piet-Mondrian-Kunst-inspirierten Mustern, Hawaii-Blumen, Hahnentritt- oder Harlekin-Hosen in patriotischem Blau, Rot und Weiss bieten sie den Zuschauerinnen und Zuschauern auch aus modischer Sicht Unterhaltung.
10. Nayara Figueira und Lara Teixeira schwimmen mit glitzernder Hirn-Kappe
Die brasilianischen Synchronschwimmerinnen Nayara Figueira und Lara Teixeira traten an den Olympischen Spielen 2012 in London in Anzügen auf, die von der menschlichen Anatomie inspiriert wurden: Auf der Rückseite sind mit giftgrünen Glitzerperlen Rippen und Wirbelsäule gestickt, auf der Vorderseite der Blutkreislauf, dazu passende Kappen mit Gehirnstrukturen.
11. Gold im Kopf – und Gold am Körper: Eric Heiden triumphiert 1980
Der amerikanische Eisschnelläufer Eric Heiden fuhr 1980 nicht nur einen neuen olympischen Rekord im 500-Meter-Sprint der Herren, sondern schloss die Olympischen Winterspielen in Lake Placid, New York, mit fünfmal Gold als erfolgreichster Athlet ab. Er triumphierte auf allen fünf Distanzen, vom Kurzsprint bis hin zum längsten Rennen von 10 000 Metern. Ob sein Erfolg auch daran lag, dass er ein von Kopf bis Fuss goldenes Outfit getragen hat?