Die Streamingplattform hat eine neue Strategie: Wer Werbung akzeptiert, erhält ein günstiges Abo. Das hat der Firma neuen Schub gegeben.
Nie zuvor haben so viele Menschen Filme und Serien auf Netflix geschaut. Die Streamingplattform hat im vergangenen Herbst und Winter 13 Millionen Abonnenten dazugewonnen, ein Rekordergebnis. Im Laufe des Jahres 2023 wuchs die Zahl der Abos gar um 30 Millionen.
Insgesamt haben heute weltweit über eine Viertelmilliarde Menschen ein Netflix-Abo. In der Schweiz liegt die Zahl der Abonnements laut einer Studie des Marktforschungsinstitut Ipsos bei 2,4 Millionen.
2022 hatte die Streamingplattform noch mit sinkenden Zahlen bei den Abonnements zu kämpfen, und man fragte sich, ob andere Anbieter wie Amazon Prime oder Disney plus bald aufholen würden. Nun ist Netflix wieder unangefochtener Marktführer. Netflix schloss das Jahr mit einem Umsatz von 9,8 Milliarden Dollar ab. Das entspricht einem Umsatzwachstum von 12,5 Prozent gegenüber dem dritten Quartal.
Laut einer Analytikerin der Bank of America «hat Netflix den Streaming-Wettbewerb gewonnen». Der Kontrast zu vielen anderen Plattformen ist gross: Während Netflix das Jahr 2023 mit einem Nettogewinn von 5,41 Milliarden Dollar schloss, machen Apple oder Amazon beim Streaming gar Verlust. Sie gleichen das mit ihrem Kernangebot aus.
Neue Konditionen für Abonnements
Ursprung des Erfolgs sind mehrere Änderungen, die die Streamingplattform 2023 beschlossen hat. Vor einem Jahr hatte Netflix angekündigt, stärker dagegen vorzugehen, dass mehrere Personen denselben Account nutzen. Laut Netflix wurde in zirka 100 Millionen Haushalten ohne Abo geschaut – mit den Zugangsdaten von Freunden oder Verwandten.
Im Mai setzte Netflix das Vorhaben um. Für jede Person, die ausserhalb eines Haushalts zusätzlich das Netflix-Konto nutzt, muss man seither 5 Franken 90 bezahlen. Und der Plan ging auf. Offenbar ist das Angebot der Streamingplattform attraktiv genug, um von der neuen Regel betroffene Personen vom Kauf eines eigenen Abos zu überzeugen.
Ausserdem fährt Netflix seit einigen Wochen eine neue Werbestrategie. Zwar hatte der Streamingdienst jahrelang behauptet, man werde niemals Werbung schalten. Nun tut Netflix es doch – und hat damit grossen Erfolg.
Seit Anfang November bietet Netflix in ausgewählten Ländern, darunter Deutschland, Frankreich und Italien, ein neues, günstigeres Abo an. Der Vorteil: Es kostet nur 5 Dollar im Monat. Der Nachteil: Wer zum Beispiel eine Folge der amerikanischen Sitcom «Friends» schauen will, muss zuerst einen Werbespot gucken. Etwa in der Hälfte der Folge gibt es eine zweite Unterbrechung.
In der Schweiz ist das Abo noch nicht verfügbar. Dort, wo es bereits erhältlich ist, ist das Angebot allerdings sehr beliebt. Laut Netflix nutzen es bereits 23 Millionen Haushalte. 40 Prozent aller Neukunden haben sich in den letzten Wochen für diese Variante entschieden.
In den USA hat Netflix das günstigste werbefreie Abo bereits abgeschafft. So zahlt man neu fast 16 Dollar, wenn man werbefrei streamen will. Das Abo mit Werbung ist für 7 Dollar monatlich erhältlich.
Netflix steigt ins Live-Entertainment ein
Neben Änderungen bei den Abonnements und der neuen Werbestrategie hat Netflix auch ins Programm investiert. Bei der Präsentation der Geschäftszahlen diese Woche gab die Streamingplattform den Kauf der exklusiven TV-Rechte für die Wrestling-Show «Raw» von World Wrestling Entertainment (WWE) bekannt. Die Wrestling-Show wird ab 2025 bei Netflix laufen – nach dreissig Jahren im linearen Fernsehen.
Laut Netflix hat der Deal mit WWE, der zehn Jahre lang gültig ist, einen Wert von 5 Milliarden Dollar. Der Co-CEO Ted Sarandos sagt, man wolle künftig noch mehr in das Angebot von Live-Sendungen investieren. Das sei auch gut fürs Werbegeschäft, erklärte Sarandos und machte damit deutlich: Netflix hat es auf die Werbegelder abgesehen, die bisher ins lineare Fernsehen flossen.
Laut dem Unternehmen trugen aber auch neue Eigenproduktionen zum Erfolg der letzten Monate bei. Die Veröffentlichung der letzten Staffel der Serie «The Crown», die die Geschichte der britischen Königsfamilie nacherzählt, oder der Thriller «The Killer» von David Fincher hätten die Menschen im Herbst auf Netflix gelockt.
Darüber, wie erfolgreich einzelne Filme oder Serien auf Netflix sind, war bislang wenig bekannt. Im Dezember hatte das Unternehmen das erste Mal eine Liste veröffentlicht, die zeigte, wie viele Stunden Filme und Serien gestreamt wurden. Die Daten bezogen sich auf das erste Halbjahr 2023. Auffällig dabei: Unter den meistgestreamten Titeln ist jeder zweite eine Eigenproduktion.
Dass Netflix damit erfolgreich ist, zeigten auch die Oscar-Nominationen, die diese Woche veröffentlicht wurden: 18 Mal wurden Netflix-Produktionen nominiert, darunter der Spielfilm «Maestro» über das Leben des amerikanischen Komponisten Leonard Bernstein, der als «Bester Film» vorgeschlagen wurde.
Und, als wäre das nicht genug, haben Konkurrenten wie Disney oder Paramount wieder angefangen, ihre Lizenzen für Eigenproduktionen zu teilen. Alles läuft bei Netflix.