Beim Autoprojekt Titan ereilt Apple das gleiche Schicksal wie beim vor Jahren geplanten TV-Gerät. Der Konzern hat es einmal mehr nicht fertiggebracht, einen Mehrwert für den Kunden zu schaffen.
Gehofft darauf haben viele, doch das Elektroauto des Technologie-Riesen Apple wird es nicht geben. Der Hersteller hat nach zehn Jahren endgültig seine Bemühungen aufgegeben, ein eigenes Auto mit Apfel-Logo zu bauen. Damit hat Apple Investitionskosten von geschätzt zehn Milliarden Dollar in den Sand gesetzt.
Zu den Gründen für das Aus ist nicht viel bekannt, jedenfalls kommt es überraschend. Ein Auto von Apple hätte den Konsumenten tolle Vorteile bieten können, wäre der Hersteller nach seinem bewährten Erfolgsrezept vorgegangen: Man nehme ein komplexes Technologieprodukt und mache es für den Kunden so einfach bedienbar, dass er an einem Kauf fast nicht vorbeikommt. So funktionierte der erste Apple-Computer, so die tragbare Musikbox iPod.
Zur Meisterschaft brachte es der Hersteller aus dem Silicon Valley mit seinem iPhone: vorne ein edles Gerät, das gut in der Hand liegt und sich spielend einfach bedienen und anpassen lässt. Unter dem Gehäuse eine komplexe, von der Telekom-Industrie abgekupferte Technologie mit Computerchips, Hard- und Software für Telekommunikation und Infotainment. Dazu ein eigenes Ökosystem für das tägliche Verdienen an neuen Software-Applikationen von Drittanbietern.
Dieses Rezept hätte sich auch auf ein Auto anwenden lassen: schlichtes rundliches Design, gestochen scharfer Bildschirm, nutzwertiges App-Management, clevere Lösungen beim Antrieb. Doch ganz so einfach ist das nicht. Denn ein Fahrzeug ist noch etwas komplexer als ein Smartphone, denn es muss zusätzlich im Strassenverkehr bedient werden und dabei völlig unfallfrei funktionieren. Und es kostet deutlich mehr als ein iPhone.
Insbesondere auf die Fahrtechnik und den Unfallschutz wollte Apple gar nicht eingehen. Stattdessen verzettelten sich die Fachleute intern: Zunächst sollte es ein Elektroauto sein. Dann sollte es nur ein Software-System für Autos sein. Dann wieder ein autonom fahrendes Elektroauto. Doch stets hinkte der Konsumgüterhersteller den führenden Technologien zum Bau von sicheren und emissionsfreien Fahrzeugen hinterher. Und auf der Seite der Software – der eigentlichen Stärke von Apple – haben israelische und chinesische Hersteller dem Apfelkonzern den Rang abgelaufen. Es war zu spät, um auf den rasch voranpreschenden Entwicklungszug aufzuspringen und Mehrwerte für die Kunden und sich zu schaffen.
Ein Ausweg aus der verfahrenen Situation hätte eine Partnerschaft mit einem erfahrenen Autohersteller gebracht. Das weiss auch Elon Musk, der mit Tesla vor vier Jahren beinahe an den Unbilden der effizienten Autoproduktion in Grossserie gescheitert wäre.
Apples Kontakte mit BMW, Volkswagen und anderen Unternehmen dürften zudem daran gescheitert sein, dass man sich über die Nutzung der Daten nicht einigen konnte, die im vernetzten Auto einen reichen Schatz zur Weiterverwertung bieten. Apple pflegt solche Daten in erster Linie für eigene Zwecke zu nutzen, doch da dürfte kein Autobauer als unterprivilegierter Partner mitspielen. Auch diese Chance hat sich Apple selbst vergeben.
Dabei hätte Apple bereits aus den negativen Erfahrungen aus einem anderen Projekt lernen können. Vor Jahren versuchte der Tech-Riese in den Markt der Fernsehgeräte einzubrechen, mit viel Innovation, hoher Bildschirmqualität und guter Benutzerführung. Das Projekt scheiterte, weil Apple nicht genug innovative Funktionen bieten konnte, um im scharf umkämpften Markt zu bestehen. Denn um die gewohnt hohen Margen einzufahren, hätte Apples Fernseher aus der Konkurrenz herausstechen müssen. All das gilt nun wieder für das Elektroauto und das autonome Fahren.
Die letzten zehn Jahre des Projekts Titan zeigen: Apple sollte sich auf kleinere Produkte für den täglichen Gebrauch konzentrieren und dort die Innovationen bringen, die es im reifen Automobilmarkt mit seinem hohen Wandlungspotenzial nicht mehr gibt. Die arrivierten Hersteller der Autobranche haben hier einen enormen Vorsprung – den holen auch Tech-Riesen wie Google, Amazon und eben auch Apple nicht mehr auf.