Innert einer Woche wurde der Marokkaner dreimal verhaftet und beging dann gleich wieder Delikte.
Der 29-jährige marokkanische Beschuldigte kam im Juli 2023 in die Schweiz und stellte ein Asylgesuch. Den Richtern erzählt er, er habe in Marokko einen Friseursalon betrieben. Drogenhändler aus dem Quartier hätten aber Drogen in seinem Friseursalon lagern wollen. Da habe er Probleme mit ihnen bekommen, übersetzt die Arabisch-Dolmetscherin.
Er habe die Männer bei der Polizei angezeigt. Sie hätten ihn dann aber bedroht und in seiner Wohnung und im Friseursalon die Scheiben eingeschlagen. Deshalb habe er das Land verlassen müssen. Es ist für Prozessbeobachter nicht zu verifizieren, was an dieser Geschichte stimmt.
Ein Cousin in Italien habe ihm die Reise in die Schweiz bezahlt. Er sei gekommen, um nach Arbeit zu suchen. Hier stellte er ein Asylgesuch und lebte im Bundesasylzentrum in Zürich. Gegessen habe er dort aber nicht. «Das Essen ist sehr schlecht dort», übersetzt die Dolmetscherin. Er habe sich Essen gekauft. Sein Cousin in Italien habe das finanziert.
Fäuste ins Gesicht eines Passanten
Er sei insgesamt etwa einen Monat in Zürich gewesen. Am 25. Juli klaute er im St. Annahof zwei Herrenhosen und zwei Pullover im Wert von 376 Franken und versteckte sie in seinem Rucksack. Er wurde erwischt, festgenommen und nach rund drei Stunden wieder auf freien Fuss gesetzt.
Am 31. Juli hielt er sich an der Seepromenade auf. Durch eine Lücke in einer Hecke griff er sich das Mobiltelefon einer Frau. Ein Passant sah dies und sprach den Dieb darauf an. Dieser gab der Frau ihr Smartphone zwar zurück, ging aber mit einem Kollegen gewalttätig auf den Passanten los: Sie schlugen ihm die Fäuste ins Gesicht und traten ihn in die Kniekehle. Als der Mann zu Boden ging, kickten sie mit den Füssen in seinen Oberkörper. Das Opfer erlitt Schürfungen und Rippenprellungen.
Am gleichen Tag zog der Marokkaner zwei Männern im Kreis 4 ihre Mobiltelefone aus den Hosentaschen und stahl in einer Bar das Portemonnaie einer Frau. Er konnte erneut verhaftet werden und wurde am 1. August wieder auf freien Fuss gesetzt.
Am 2. August rammte er beim Gehen absichtlich eine Fussgängerin an der Hohlstrasse, warf sich auf sie und ging mit ihr zusammen zu Boden, wo er um ihren Rucksack kämpfte. Er riss daran. Die Frau wehrte sich mit Händen und Füssen und rief um Hilfe. Zwei Passanten konnten den Täter packen, widerstandsunfähig machen und bis zum Eintreffen der Polizei festhalten. Seither sass der Mann in Sicherheitshaft, also rund sieben Monate.
Mehrfacher Diebstahl, Angriff, versuchter Raub
Da er sich in den Fällen, die man ihm nachweisen konnte, geständig zeigte und alle Schadenersatzforderungen akzeptierte, wird der Prozess gegen ihn im abgekürzten Verfahren durchgeführt. Der Marokkaner hat eine bedingte Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Jahre Landesverweis akzeptiert. Zudem werden ihm Verfahrens- und Gerichtskosten von rund 6800 Franken auferlegt, was aber theoretischer Natur sein dürfte.
Der Gerichtsvorsitzende fragt den Beschuldigten, weshalb er jedes Mal sofort wieder delinquiert habe, wenn er aus der Haft entlassen worden sei. «Ich habe Schulden und wollte sie abzahlen», übersetzt die Dolmetscherin. Er habe in der Schweiz schlechte Freunde gehabt, die ihn schlecht beeinflusst hätten. In Marokko habe er nicht gestohlen.
Das Bezirksgericht Zürich heisst den Urteilsvorschlag gut und verurteilt den 29-Jährigen wegen mehrfachen Diebstahls, Angriffs und versuchten Raubes. Der amtliche Verteidiger erhält 7600 Franken Honorar. Der Beschuldigte wird aus der Haft entlassen und dem Migrationsamt zur Ausschaffung zugeführt.
Der beantragte Landesverweis von zehn Jahren geht für das Gericht in Ordnung. Der Beschuldigte darf in dieser Zeit auch kein anderes Schengen-Land betreten. Er äussert zwar die Absicht, zu seinem Cousin nach Italien zu reisen. Der Richter macht ihm aber klar, dass er dies vergessen kann. – «Wenn Sie das Gastrecht derart mit Füssen treten, ist es klar, dass sie nicht hier bleiben können», erklärt er zum Schluss und fügt hinzu: «Leute wie Sie wollen wir wirklich nicht.»
Urteil DH240007 vom 4. 3. 2024, abgekürztes Verfahren.