Nur dank dem Erwerb von Uponor ist Georg Fischer 2023 leicht gewachsen. Die Grossakquisition erlaubt es der Industriegruppe jedoch, ihre Mittelfristziele nach oben anzupassen. Die Börse nimmt viel Positives vorweg.
Die letztjährige Übernahme des finnischen Herstellers von Rohrleitungssystemen Uponor hat den Schaffhauser Industriekonzern Georg Fischer (GF) auf einen Schlag um rund einen Viertel grösser gemacht. Der Kaufpreis von 2,2 Mrd. Fr. war ein Kraftakt, den es zu verdauen gilt.
Die in den beiden Vorjahren noch knapp im positiven Bereich liegende Nettoverschuldung schnellte Ende 2023 auf 1879 Mio. Fr. Das entspricht einer Verschuldungsquote (Nettoschulden im Verhältnis zum Betriebsgewinn auf Stufe Ebitda) von 3,9. Für ein Industrieunternehmen, das in recht zyklischen Bereichen operiert, ist das ein sehr hoher Wert.
Bis Ende Jahr soll die Verschuldungsquote gegen 2,6-2,7 fallen, versprach Finanzchef Mads Joergensen. Dazu soll der freie Cashflow verwendet werden, der im laufenden Jahr bei 200-250 Mio. Fr. erwartet wird.
Eine Kapitalerhöhung im Zusammenhang mit der Uponor-Übernahme werde es nicht geben, heisst es. Obwohl die Eigenkapitalquote per Ende 2023 auf den extrem tiefen Wert von 0,5% eingebrochen ist (Ende 2022: 44,8%), fühlt sich das GF-Management nicht alarmiert. «Theoretisch könnten wir sogar weitere Akquisitionen machen», erklärte der Finanzchef. Das knapp im Investment grade liegende Rating von BBB sei von den Ratingagenturen bestätigt worden.
Länger hoch verschuldet
Ursprünglich war die Absicht, dass die kurzfristig über Fremdkapital finanzierte Transaktion durch eine Kapitalerhöhung refinanziert werden soll, um die Verschuldung wieder in den grünen Bereich zu bringen. Ziel war eine Verschuldungsquote von 1,5, was für ein Industrieunternehmen ein vernünftiger Wert ist.
Davon hat das Unternehmen Abstand genommen. Ende Februar gab es bekannt, darauf zu verzichten. Stattdessen will GF Obligationen emittieren, um die Bankkredite abzulösen.
Diese Variante verschont die Aktionären von einer Gewinnverwässerung. Das geht jedoch zulasten einer strapazierten Bilanz und verursacht zusätzliche Kosten für die Bedienung des festverzinslichen Fremdkapitals. 2023 betrugen die Finanzkosten 53 Mio. Fr. Tendenziell dürften sie steigen. Der zweijährige Brückenkredit soll so rasch als möglich abgelöst werden, sagte der Finanzchef an der Bilanzmedienkonferenz.
Höhere Rentabilität dank Uponor
Die Begeisterung des GF-Managements für ihre Grossakquisition ist auch nach Ablauf der ersten Monate ungebrochen. Bis Uponor das Renditeniveau der bisherigen GF-Einheiten erreicht, wird es zwar Zeit brauchen. Doch allzu lange wird das nicht gehen, sonst hätte GF die Mittelfristziele 2025 nach Ablauf der ersten Hälfte nicht nach oben anpassen können.
Angesicht der Grosseinkaufs war die Anpassung des Umsatzziels 2025 von bisher 4,4-5 Mrd. Fr. auf 5-5,5 Mrd. Fr. keine Überraschung. Dass jedoch auch höhere Renditeziele ins Auge gefasst werden, war nicht unbedingt zu erwarten. Die Ebit-Marge wird nun im Bereich von 10-12% (bisher 9-11%) und die Kapitalrendite (ROIC, Return on Invested Capital) von 20-24% (bisher 20-22%) gesehen.
Im Vergleich dazu: Im vergangenen Jahr kam GF auf eine Ebit-Marge von 9,1% (i. V. 9,8) sowie einen ROIC von 21,5%.
Neu setzt das Unternehmen auf Ziele für die Ebitda-Marge, die bis 2025 rund 13-15% erreichen soll (2023: 12,1%). Für GF wäre das ein neues Rentabilitätsniveau.
Für das laufende Jahr geht das Management davon aus, dass es in den mittelfristigen Zielkorridor kommt, also auf Stufe Ebit mindestens 10% erreicht. Das wäre mehr, als bisher erwartet worden ist. Entsprechend fester tendierten am Dienstag die GF-Valoren.
Die wegen Uponor nur bedingt vergleichbaren Zahlen zum Geschäftsjahr 2023 fielen im Rahmen der Erwartungen aus. Seit Anfang November wird Uponor konsolidiert. In diesen zwei Monaten erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von umgerechnet 164 Mio. Fr. Nur dank diesem Zustupf lag der Konzernumsatz 2023 mit 4030 Mio. Fr. (i.V. 3998) leicht höher. Ohne diesen wäre der Umsatz um 3,4% geringer ausgefallen, was jedoch auch dem starken Franken anzurechnen ist. Organisch kam GF auf ein gutes Wachstum von 3,7%.
Bemerkenswert ist, dass der Margeneinbruch trotz dem Grosseinkauf bescheiden ausgefallen ist. Der bereinigte Betriebsgewinn auf Stufe Ebit erreichte mit 389 (391) Mio. Fr. beinahe das Vorjahresergebnis. Auch der freie Cashflow konnte mit 134 (146) Mio. Fr. fast gehalten werden.
Die Zuversicht, dass GF den Brocken Uponor verdauen wird, zeigt sich auch im Dividendenvorschlag. Wie im Vorjahr sollen den Aktionären pro Aktie 1.30 Fr. ausgeschüttet werden, was einer ansprechenden Rendite von derzeit 1,8% entspricht.
Rohrleitungen dominieren
Mittlerweile erwirtschaftet GF knapp zwei Drittel der Einnahmen im Rohrleitungsgeschäft. Im Gegensatz zu den beiden anderen Divisionen (Casting und Machining Solutions) schreibt es rund doppelt so hohe Gewinnmargen. Dies obwohl die beiden anderen Divisionen derzeit vergleichsweise gute Margen erzielen.
GF Casting verbesserte die Ebit-Marge in der Berichtsperiode von 6,2% auf 7%. Bis 2025 könnten es 9-11% werden, wenn die Mittelfristziele erreicht werden.
Die Ebit-Marge bei GF Machining Solutions lag bei 6,8% (7,0), was ein vergleichsweise guter Wert ist. Bis 2025 sollen es gar 8-10% werden.
Das neue Geschäftsjahr wird sich genau anders als 2023 entwickeln. Während 2023 die erste Jahreshälfte gutes Wachstum zeigte (+7,5%) und die zweite stagnierte, soll dieses Jahr das erste Semester schwierig werden. Weil jedoch das zweite besser ausfallen werde, könne mit einem organischen Wachstum gerechnet werden, versprach Konzernchef Andreas Müller.
Zuversichtlich ist das Management, was die Rentabilität betrifft. Sie soll bereits in den erhöhten Zielkorridor kommen, d. h. auf Stufe Ebit mindestens 10% und beim Ebitda mindestens 13% betragen.
Viel Positives eskomptiert
Der erfreuliche Ausblick und die guten Jahreszahlen haben den Aktien von GF schon seit Wochen Auftrieb gegeben. Seit dem Tief im Herbst 2023 hat der Aktienkurs um mehr als 50% zugelegt.
Diese Avance spiegelt sich auch in einer deutlich höheren Bewertung, die mittlerweile ein überdurchschnittlich hohes Niveau erreicht hat.
Die sportliche Bewertung und die hohe Verschuldung, die noch einige Zeit über dem Unternehmen schweben wird, erhöhen das Rückschlagsrisiko. Die Notierung der GF-Valoren nimmt nun ein perfektes Szenario vorweg. So lange alles wie geplant läuft, kann das gut gehen.
Strategisch befindet sich GF mit Uponor in einer grundlegend besseren Verfassung. Aus Anlegersicht sind die Aktien attraktiver geworden. Denn in der neuen Struktur ist das Unternehmen weniger den Konjunkturzyklen ausgeliefert und hat ein grösseres Gewinnpotenzial. Doch ganz wird sich GF den Zyklen auch in Zukunft nicht entziehen können.