Mit der Fürstin von Wales und König Charles III. fallen gleich zwei tragende Säulen der Monarchie vorderhand aus. Das stellt die Königsfamilie vor Personalengpässe. Könnte nun gar Harry temporär als «arbeitender Royal» zurückkehren?
Die Titelseiten der britischen Presse waren am Samstag von einem einzigen Thema beherrscht: Kate Middleton, die Gattin von Thronfolger Prinz William, hatte am Freitagabend in einer Videobotschaft mitgeteilt, dass sie an Krebs erkrankt sei und sich einer Chemotherapie unterziehe. Die Diagnose sei einem Schock gleichgekommen, erklärte Kate. Diese Aussage griffen viele Medien auf und sprachen von einer «Schock-Diagnose».
Kate erhielt aber auch viel Anerkennung für ihren Mut sowie viele Sympathiebekundungen. Der «Daily Telegraph» verglich die Fürstin von Wales mit der verstorbenen Queen Elizabeth II., die Schicksalsschläge auch stets stoisch und mit der typisch britischen «steifen Oberlippe» erduldet hatte. Und er stellt die «Würde» Kates in Kontrast zum Verhalten der «Online-Trolle», die in den letzten Wochen wildeste Verschwörungstheorien zum Befinden Kates verbreitet hatten.
Gleich zwei Protagonisten fallen aus
Offensichtlich ist am Tag nach Bekanntwerden von Kates Erkrankung aber auch, dass die Monarchie vor schwierigen Monaten steht. Im Februar hatte König Charles III. bekanntgegeben, dass er an Krebs erkrankt sei und sich einer Behandlung unterziehen müsse. Er hat seine öffentlichen königlichen Pflichten vorerst abgegeben, wobei er auf Aufnahmen des Palasts gesund wirkt und noch immer Termine im kleineren Rahmen wahrnimmt.
Auch Kate hofft auf eine vollständige Genesung, bat die Öffentlichkeit und die Medien aber darum, ihr und ihrer Familie Zeit und Raum für die Behandlung und die Erholung zu geben. Öffentliche Auftritte soll Kate in den kommenden Monaten nur sporadisch absolvieren, wenn die Ärzte dies explizit bewilligen. Damit fallen gleich zwei der wichtigsten Protagonisten und Sympathieträger der Königsfamilie vorübergehend aus. Das Boulevardblatt «Daily Mail», das der Monarchie überaus wohl gesinnt ist, sprach daher von einer «tiefen Krise».
Prinz William wird sich einerseits als Familienvater verstärkt um seine Gattin und die drei Kinder kümmern müssen. Andererseits muss er als Thronfolger auch vermehrt berufliche Pflichten erfüllen, die sein Vater nicht mehr wahrnehmen kann. Elizabeth II. hatte einst gesagt, sie müsse als Monarchin öffentlich sichtbar sein, damit die Bevölkerung an sie glaube. Ein vorübergehender Rückzug ins Privatleben ist für William trotz seiner schwierigen familiären Situation also keine Option.
Camilla springt in die Bresche
Die Krebserkrankungen suchen die Königsfamilie zu einem Zeitpunkt heim, an dem die Personaldecke ohnehin dünn ist. König Charles hatte nach seinem Aufstieg auf den Thron angekündigt, dass er die Monarchie verschlanken und die königliche Kernfamilie in den Mittelpunkt rücken wolle. Charles› Bruder Andrew taugt wegen seiner Freundschaft zum pädophilen Financier Jeffrey Epstein bis heute nicht als Aushängeschild, auch wenn er die Königsfamilie jüngst bei einer Prozession zum Gedenken an den letzten griechischen König Konstantin II. anführen durfte. Auch Prinz Harry und seine Gattin Meghan sind keine «arbeitenden Royals» mehr, seit sie sich nach einem heftigen Familienstreit nach Kalifornien absetzten.
Daher fehlt es nun an Familienmitgliedern, die in die Bresche springen könnten. Angesichts der Engpässe hat Charles› Bruder Edward bereits im vergangenen Jahr seine Arbeit intensiviert und 297 öffentliche Auftritte absolviert. Charles› Schwester, Prinzessin Anne, führt bereits regelmässig die Rangliste der Royals an, die am meisten öffentliche Auftritte wahrnehmen. Die zähe 73-Jährige hat durchblicken lassen, dass sie Charles› Plan, die Monarchie zu verschlanken, für keine gute Idee hält.
Ähnlich wie William ist auch Camilla einer Doppelbelastung ausgesetzt. Sie will einerseits den König bei seiner Krebsbehandlung unterstützen. Anderseits nimmt sie nun viele öffentliche Verpflichtungen, an denen sie an Charles Seite hätte teilnehmen sollen, alleine wahr. So reiste Camilla letzte Woche auf die Isle of Man und nach Nordirland. Im Alter von 76 Jahren dürften aber auch ihrer Belastbarkeit Grenzen gesetzt sein.
Führt Schicksalsschlag zu Versöhnung?
Sollten sich die gesundheitsbedingten Ausfälle von Charles und Kate in die Länge ziehen, könnte sich auch die Frage nach einer möglichen Versöhnung mit Harry neu stellen. Harry und Meghan meldeten sich am Freitagabend nach Kates Ankündigung zu Wort. «Wir wünschen Kate und der Familie Gesundheit und Heilung und hoffen, dass sie dies privat und in Frieden tun können», hiess es in einem Statement. Laut mehreren Medienberichten kontaktierten sie Kate und William in der Folge auch privat.
In der britischen Boulevardpresse, die Harry und Meghan in der Regel feindlich gesinnt ist, war von einem «Olivenzweig» die Rede. Die royalistische «Sun» zitierte einen Experten, der Kates Krebsdiagnose als «perfekte Gelegenheit» für Harry und Meghan bezeichnete, um das Kriegsbeil mit William und Kate zu begraben. Harry soll seinem Vater bereits nach dessen Krebsdiagnose angeboten haben, temporär als «arbeitender Royal» zurückzukehren, um die Familie zu entlasten.
Doch die Vorwürfe, die Harry in den letzten Jahren in seinem Buch und in der mit Meghan produzierten Netflix-Serie gegen die Königsfamilie erhoben, wiegen noch immer schwer. William und Harry sprechen kaum noch miteinander und traten jüngst an den Diana Awards zum Gedenken an ihre Mutter separat auf. Es gibt im Königspalast daher auch viele Skeptiker, die glauben, eine Rückkehr von Harry würde die schwierige Situation für die Royals nur noch schlimmer machen.