Stilkritik
Wo man hingeht, überall ist Beyoncé zu hören. Zu reden gibt aber auch die neue Optik.
Taylor Swift kurz beiseite! Denn seit vergangenem Wochenende gibt es im popkulturellen Kosmos nur noch ein Thema: Beyoncé. Die R&B-Königin macht jetzt Country und sieht auch so aus: Für ihr achtes Studioalbum «Cowboy Carter» holt die 42-Jährige das Lasso, den Cowboyhut und die Chaps heraus.
Das wirkt auf den ersten Blick mehr kostümiert als angezogen, aber so zeigte sich das schon immer bei Beyoncé. Bald gibt sie sich als Göttin, bald als Heilige, bald macht sie optische Reverenzen an die queeren Ballroom-Szene in den Achtzigern, so etwa beim vergangenen Album «Renaissance». Keiner ihrer Looks aber war jemals so gesellschaftspolitisch wie der gegenwärtige.
Nicht nur musikalisch mit einem Musikstil, der als typisch Weiss gilt, sondern auch modisch macht die in Houston, Texas aufgewachsene Afroamerikanerin Anspielungen auf die uramerikanische Geschichte: auf den Cowboy in der Prärie mit seinem Hauptmerkmal, dem Cowboyhut.
In dem Kontext, in dem Beyoncé ihn trägt, ist er mehr als nur eine Kopfbedeckung oder ein Mode-Accessoire. Er ist Teil der amerikanischen Ikonografie. Der Geschichte des weissen Amerikas, die sie nun optisch umkehrt.
Beyoncé sieht man derzeit nicht mehr ohne. Doch so plakativ wie der Look auf dem Album-Cover, der nur so vor Symbolen und Botschaften strotzt, sind ihre Outfits nicht immer. Mal gibt der Ledergürtel mit grosser Schnalle den Ton an, mal sind es Jacken mit Fransen und Strass. Und eben: Chaps, die traditionellen Lederhosen, die Cowboys über ihrer Hose tragen.
Damit liegt sie im Trend. Bereits im vergangenen Jahr zeigten Modelabels wie Louis Vuitton, Stella McCartney, Roberto Cavalli oder Chloé, die sonst nicht viel mit Country am Hut haben, wie man den Western-Look luxuriös umsetzen kann, mit Präriekleidern, bestickten Blusen und Fransen an Lederjacken, ohne wie eine Karikatur zu wirken.
Der Country-Chic begann sich also bereits vor Beyoncé zum Trend zu entwickeln, doch durch sie ist es fast unmöglich geworden, diese modische Entwicklung zu ignorieren.