Deutschlands Warenhäuser bekommen einen neuen, alten Besitzer, der sie schon einmal als Selbstbedienungsladen begriffen hat. Für die Wirtschaft ist das zum Glück nicht mehr so wichtig, so lange keine Steuergelder fliessen.
Der Abstieg von Galeria Karstadt Kaufhof ist wie die Filmaufnahme eines Zugunglücks in Zeitlupe: Alles wird immer schlimmer – und das ist dem Betrachter von vornherein klar. Wir verfolgen schliesslich schon die dritte Insolvenz des Unternehmens seit 2020.
Folgerichtig scheint daher die Nachricht im «Handelsblatt» vom 9. April, dass der Käufer des Warenhausunternehmens ein alter Bekannter ist: NRDC Equity Partners, die Investmentgesellschaft des US-Immobilienerben Richard Baker. Die Nachrichtenagentur «Reuters» hat die Meldung inzwischen bestätigt. Die offizielle Bestätigung stand am Dienstagvormittag noch aus.
Der in Connecticut aufgewachsene Baker ist der Sohn eines Immobilienentwicklers, der mit unglamourösen US-Einkaufszentren ein Vermögen aufgebaut hatte. Baker junior stieg früh in das Business des Vaters ein und ist geschult in einer Branche mit rauem Geschäftsgebaren, die auch den früheren US-Präsidenten Donald Trump hervorgebracht hat.
«Unregelmässigkeiten in der Rechnungslegung»
Das Publikum muss glücklicherweise nicht Rätselraten, was Baker mit deutschen Warenhäusern anstellen würde. Denn 2015 hatte er mit Hudson Bay Capital (HBC) schon einmal Galeria Kaufhof gekauft, vom früheren Eigentümer Metro. Seine Leistungsbilanz war verheerend.
manager-magazin-Redakteur Sören Jensen überschrieb seinen Artikel im Oktober 2017 mit dem Titel «Schattenwirtschaft» mit der Unterzeile: «Weil die Konzernmutter dreist in die Kasse greift, soll jetzt die Belegschaft zahlen». HBC strebte damals einen Sanierungstarifvertrag an. Die deutsche HBC-Tochter hatte seinerzeit mehrere hundert Millionen Euro bei der klammen Kaufhof geliehen. Immobilien wanderten zu HBC-Gesellschaften und wurden um insgesamt 50 Mio. € teurer zurück vermietet. Deloitte verweigerte wegen «Unregelmässigkeiten in der Rechnungslegung» die uneingeschränkte Bestätigung des Prüfungsberichts.
Ähnlich fiel das Urteil in «Der Spiegel» aus: «Tatsächlich macht das Management um Richard Baker alles schlimmer», schrieb das Magazin 2018. Die Bereitschaft für Zugeständnisse durch die Belegschaft sei nicht gerade erhöht worden durch die Tatsache, dass Baker gern zusammen mit seinem Hündchen Bella per Privatjet eingeflogen sei. Immerhin gelang ihm 2019 der Verkauf von Galeria an René Benkos Signa.
Nicht nur in Deutschland, auch daheim in Nordamerika hinterliess Baker enttäuschte Geschäftspartner. 2008 hatte seine NRDC den Warenhausbetreiber Hudson’s Bay Company erworben, Kanadas ältestes Unternehmen. 2012 folge der Börsengang zu 17 kanadischen Dollar pro Aktie in Toronto. 2020 nahm Baker HBC von der Börse, für lediglich 11 kanadische Dollar pro Aktie. Wer seit dem IPO an Bord war, hatte binnen acht Jahren ein Drittel seines Kapitals verloren.
Bitte keine weitere Staatshilfe
Die Mitteilung über Bakers Rückkehr wäre also geeignet, Angst und Schrecken beim unbeteiligten Leser auszulösen. Glücklicherweise jedoch ist Galeria Kaufhof Karstadt dafür wirtschaftlich nicht mehr wichtig genug. Die Konsumenten haben gelernt, ohne Neckermann und ohne den Quelle-Katalog zu leben. Sie würden auch eine Existenz ohne die 92 Karstadt- und Kaufhof-Warenhäuser akzeptieren.
Misslich ist die Situation vor allem für die mehr als 15’000 Beschäftigten des Unternehmens. Glücklicherweise ist die Arbeitslosenquote in Deutschland mit 6% auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Daher ist zu hoffen, dass Betroffene rasch wieder neue Stellen finden.
Wichtig ist auch, dass die Warenhauskette nicht erneut Staatshilfen erhält. Der Bund hat den Konzern bereits mit 680 Mio. € gestützt. Die Absage an öffentliche Gelder für ein absehbar wenig aussichtsreiches Rettungsprojekt wird durch den neuen Eigentümer noch dringlicher. Denn Richard Baker hat bei Galeria und anderswo bereits gezeigt, wie er mit Geld umgehen kann.