Die Konferenz soll im Juni auf dem Bürgenstock stattfinden. Der Bundesrat zeigt sich zugleich mit Kiew solidarisch, zunächst auf Kosten der Entwicklungszusammenarbeit.
Nun ist es offiziell: Die Schweiz wird am 15. und 16. Juni auf dem Bürgenstock voraussichtlich eine Friedenskonferenz zur Ukraine durchführen. Dies gaben Bundespräsidentin Viola Amherd und Bundesrat Ignazio Cassis am Mittwoch vor den Medien bekannt. Der Bundesrat nahm «die Ergebnisse der exploratorischen Phase zur hochrangigen Konferenz zum Frieden in der Ukraine» zur Kenntnis, wie es in einer Mitteilung hiess. Aufgrund der diplomatischen Tradition und der ermutigenden Rückmeldungen sei es die Verantwortung der Schweiz, einen Beitrag zum Friedensprozess zu leisten.
Für die Organisation ist das Aussendepartement (EDA) zuständig, das eine Task-Force unter der Leitung von Botschafter Gabriel Lüchinger eingesetzt hat. Neben dem EDA sind weitere Departemente involviert. Die Steuerungsgruppe leitet Aussenminister Cassis. Die Task-Force arbeitet eng mit den zuständigen Behörden und der Armee sowie mit den Kantonen Nidwalden, Luzern und Zürich zusammen.
Kommt China?
Die Durchführung der Konferenz wird ein logistischer und organisatorischer Kraftakt. Gemäss dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski sollen die Vertreter von 80 bis 100 Ländern teilnehmen. Die Einladungen würden in den nächsten Tagen verschickt, sagte Amherd.
Wie die NZZ berichtete, soll auch der amerikanische Präsident Joe Biden teilnehmen. Seine Teilnahme in der US-Delegation ist zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht bestätigt, wie eine Sprecherin der amerikanischen Botschaft in Bern sagte – und die Vertretung Washingtons am Mittwoch auch auf dem Kurznachrichtendienst X festhielt. Die Chancen, dass Biden teilnimmt, sind jedoch gestiegen. Unmittelbar vor der geplanten Konferenz findet in Apulien das Gipfeltreffen der G-7 statt. In den letzten Tagen war auch das Interesse internationaler Medien gross.
Trotz ermutigenden Rückmeldungen lässt die Sprachregelung des Bundesrats auch ein Scheitern offen. Man sei sich bewusst, dass es bis Juni noch einige Unbekannte gebe, hiess es in der Medienmitteilung. Der Erfolg oder Misserfolg einer solchen Konferenz hänge von den Teilnehmern ab, insbesondere von Staaten wie China, Russlands wichtigstem Partner. Der Aggressor selber war eingeladen, hat aber bisher keine positiven Zeichen ausgesendet. Ziel der Konferenz ist es unter anderem, einen «konkreten Fahrplan für die Beteiligung Russlands am Friedensprozess» auszuarbeiten, wie es am Mittwoch hiess.
5 Milliarden für den Wiederaufbau der Ukraine
Der Bundesrat nutze die Ankündigung, um sich mit der Ukraine solidarisch zu zeigen. So ist es wohl kein Zufall, dass die Regierung am selben Tag mitteilte, sich bis 2036 mit fünf Milliarden am Wiederaufbau der Ukraine beteiligen zu wollen. Die Weltbank schätzt die Kosten auf mindestens 440 Milliarden Franken. Die Schweiz setze ein «starkes Zeichen der Solidarität» und trage zu «mehr Stabilität auf dem europäischen Kontinent» bei, heisst es in der Medienmitteilung.
Die Finanzlage des Bundes ist jedoch angespannt. Die Politik diskutiert daher schon seit Wochen darüber, ob und wie die Ukraine-Wiederaufbauhilfe finanziert werden soll. Und wie man die Ausgaben mit der ohnehin schon unter Druck stehenden Schuldenbremse in Einklang bringen kann.
Der Bundesrat greift nun zu einem Trick: Er plant eine etappenweise Finanzierung. So will er bis 2028 1,5 Milliarden aufwenden – und zwar aus dem Budget der internationalen Zusammenarbeit. Für die restlichen 3,5 Milliarden Franken möchte der Bundesrat «auch weitere Finanzierungswege» prüfen.
Die diplomatische und finanzielle Unterstützung ist auch ein Versuch des Bundesrats, sich als zuverlässiger Partner für die Ukraine zu präsentieren, nachdem er im Juli 2022 mit der Lugano-Konferenz den Wiederaufbau-Prozess der Ukraine angestossen hat. In der Vergangenheit musste sich der Bundesrat internationale Kritik anhören, beispielsweise in Bezug auf die Russland-Sanktionen und die Beschlagnahmung von Oligarchengeldern.
Das letzte Wort zur finanziellen Unterstützung hat das Parlament. Linke haben bereits Widerstand angekündigt. Entwicklungsorganisationen sorgen sich um Gelder, die sie vom Bund für Projekte in anderen Ländern erhalten. Das Schweizerische Rote Kreuz kritisierte in einer Mitteilung, mit dem Entscheid des Bundesrats würden nicht genügend Mittel für globale Krisen zur Verfügung stehen. Auf bürgerlicher Seite gibt es aufgrund der angespannten Finanzlage dagegen Pläne, die Entwicklungszusammenarbeit zu kürzen.