Joe Biden sieht in Japan einen «globalen Partner» im Wettbewerb mit den autoritären Regimen in China und Russland. Bei einem Gipfeltreffen in Washington vertiefen beide Länder ihre Kooperation. Unter anderem mit einer integrierten Flugabwehr.
Joe Biden lässt dem japanischen Ministerpräsidenten Fumio Kishida während seines dreitägigen Besuchs in Washington alle Ehren zuteilwerden. Bereits am Dienstag trafen sich beide mit ihren Frauen für ein privates Abendessen in einem Fischrestaurant. Am Mittwochabend fand im Weissen Haus ein offizielles Staatsbankett mit über 200 Gästen statt, bei dem Paul Simon für die Musik sorgte. Diesen Donnerstag hält Kishida eine Rede im Kongress. Später trifft er sich dann mit Biden und dem philippinischen Präsidenten Ferdinand Marcos junior zu einem trilateralen Gipfel.
Vor den bilateralen Gesprächen am Mittwoch bezeichnete der amerikanische Präsident die Partnerschaft mit Japan als «unzerstörbar». Beide Länder hätten nach dem Zweiten Weltkrieg beschliessen können, Feinde zu bleiben. Doch stattdessen seien sie «engste Freunde» geworden. Beide Demokratien seien heute «Leuchttürme der Freiheit», deren Licht um den ganzen Erdball scheine.
«Eine wahrhaft globale Partnerschaft»
Biden lobte Kishida zudem für Japans grosszügige Unterstützung der Ukraine mit bis jetzt rund 12 Milliarden Dollar und die eigene militärische Aufrüstung. Als Antwort auf Chinas und Nordkoreas bedrohliches Auftreten gegenüber seinen Nachbarländern und Pekings engere Kooperation mit Russland will Tokio unter Kishidas Führung die Verteidigungsausgaben in den nächsten Jahren auf 2 Prozent der Wirtschaftsleistung verdoppeln. Dies erlaubt Japan nun unter anderem den Kauf von 400 amerikanischen Marschflugkörpern des Typs Tomahawk.
Zugleich lockerte Japan sein bisheriges Exportverbot für Waffen. Der Hintergrund dafür ist einerseits die Entwicklung eines neuen Kampfjets mit Italien und Grossbritannien. Andererseits lieferte Tokio den USA selbstgebaute Patriot-Flugabwehrraketen, um die amerikanischen Lieferungen an Kiew zu kompensieren. Dieser japanische Kurswechsel könnte auch die Basis für eine verstärkte Partnerschaft bei der Entwicklung und Produktion von Waffensystemen legen.
Ähnlich wie Biden sieht Kishida die Welt an einer historischen Wegscheide. «Die Ukraine von heute könnte das Ostasien von morgen sein», erklärte er am Mittwoch nach den bilateralen Gesprächen mit dem amerikanischen Präsidenten. Es gelte, die freie und regelbasierte Weltordnung nun «resolut zu verteidigen».
Japans veränderte Sicherheitsstrategie läute eine neue Ära in den Beziehungen mit den USA ein, schrieb der amerikanische Botschafter Rahm Emanuel im Hinblick auf das Gipfeltreffen im «Wall Street Journal». Biden selbst sprach am Mittwoch von einer «wahrhaft globalen Partnerschaft», die es nun zu vertiefen gelte. Hierzu würden die USA, Japan und Australien ihre Flug- und Raketenabwehrsysteme integrieren, erklärte der amerikanische Präsident. Zudem gebe es Sondierungsgespräche über die Möglichkeit, Japan in das Aukus-Bündnis mit Australien und Grossbritannien aufzunehmen.
Im Rahmen von Aukus soll Australien befähigt werden, eigene Atom-U-Boote zu bauen. Gleichzeitig wollen die Partner eine zweite Ebene der Kooperation mit anderen militärischen Komponenten aufbauen, in die auch Länder wie Japan einbezogen werden könnten.
Vereinheitlichte Kommandostrukturen
In einem weiteren Schritt einigten sich Biden und Kishida auf eine verstärkte Interoperabilität zwischen den japanischen Streitkräften und den in Japan stationierten amerikanischen Truppen – insgesamt 54 000 Soldaten. Nächstes Jahr soll eine gemeinsame Kommandozentrale eröffnet werden. Die Modernisierung der Kommandostruktur dürfte vermutlich aber nicht so weit gehen wie in Südkorea, schreibt das «Wall Street Journal». Dort würde ein amerikanischer General im Kriegsfall auch den Befehl über die koreanischen Verbände übernehmen. Trotzdem sprach Biden von dem «bedeutendsten Upgrade» seit dem Bestand der Allianz mit Japan.
Neben der militärischen Zusammenarbeit wollen die beiden Länder unter anderem auch ihre Partnerschaft in der Raumfahrt ausbauen. Im Zuge des Artemis-Programms werde mit einem japanischen Astronauten erstmals ein Nichtamerikaner mit der Nasa zum Mond fliegen, sagte Biden.
Auch der trilaterale Gipfel diesen Donnerstag mit dem philippinischen Präsidenten ist ein Novum. Gleichzeitig entspricht es der Strategie von Bidens Regierung, die bilateralen Allianzen der USA in Ostasien zu einem multilateralen «Gitterwerk» auszubauen. China versuche die amerikanischen Verbündeten in der Region zu isolieren, erklärte ein leitender Regierungsbeamter in einer vertraulichen Telefonkonferenz mit Journalisten am Dienstag. «Die Idee ist, auf eine multilaterale, gitterartige Sicherheitsarchitektur umzustellen, um China zu isolieren.»