Nach dem Zweitürer Gran Turismo lanciert Maserati nun das SUV Grecale in der elektrisch angetriebenen Version Folgore. Mildhybridmodelle und der leistungsstarke Trofeo bleiben im Programm.
Der Trend geht derzeit bei den Autobauern vom konventionellen zum vollelektrischen Antrieb. Aber diese Transformation fällt manchen Autoherstellern leichter als anderen.
Kleinere Autobauer, die in der Regel in höheren Preisklassen vertreten sind, wie etwa Maserati, scheinen nur einen Hebel umlegen zu müssen, um den Antriebswandel zu realisieren. So erhält neben dem Coupé Gran Turismo und der Offenversion Gran Cabrio jetzt auch das SUV Grecale neben den konventionellen Verbrennerantrieben wahlweise einen vollelektrischen Antriebsstrang.
Die Herausforderung für Maserati bei der Elektrifizierung des Grecale bestand nicht nur darin, das SUV-Karosseriekonzept mit dem neuen Elektroantrieb zu vereinen, sondern auch darin, ein überzeugendes Exterieur-Design zu kreieren. Hinsichtlich des Karosserie-Designs gibt es bei den Herstellern nämlich grundsätzlich unterschiedliche Ansichten.
Wollen die einen die markentypischen Design-Merkmale möglichst rein auf das neue Antriebskonzept übertragen, schlagen andere einen Weg in Richtung eines spezifischen E-Looks ein, der völlig neue Design-Charakteristika vorsieht. Dabei laufen sie jedoch Gefahr, mit neuen Modellen von Quereinsteigermarken verwechselt zu werden.
Am Maserati-Hauptsitz in Modena war die Sache klar: Der Batterie-Grecale, der wie die E-Versionen der Modelle Gran Turismo und Gran Cabrio den Beinamen Folgore erhält, soll gemäss Markenphilosophie sofort als Maserati erkannt werden – also seine charakteristischen Design-Merkmale behalten.
Mit einer Länge von 4,87 Metern ist das «kleine» SUV-Modell von Maserati bloss 13 Zentimeter kürzer als der grosse Bruder Levante. Nur einige kleine, aber feine Exterieur-Unterschiede zu den konventionell angetriebenen Modellen geben ihm einen exklusiven optischen Auftritt. Beispielsweise die kupferrote Lackfarbe Rame Folgore, die je nach Umgebung und Lichteinfall anders wirkt. Inspirieren liessen sich die Designer dabei von der Fassade des Guggenheim-Museums in Bilbao.
Aerodynamik nicht für Reichweite optimiert
Der spezielle Folgore-Frontgrill präsentiert sich mit glänzend schwarzen Einsätzen auf leicht eloxierter, schwarzer Basis. Auch die Frontspoiler, die Türgriffe, die Fensterrahmen und die Seitenschweller sind in einem glänzenden Schwarz gehalten. Geliefert wird der Elektro-Grecale je nach Markt und Ausstattungslinie mit 19-, 20- oder 21-Zoll-Aero-Rädern. Mit der Aerodynamik-Überarbeitung und dem neuen Heckdiffusor kommt der Folgore auf einen Luftwiderstandsbeiwert cW von nicht eben bahnbrechenden 0,33.
Im Interieur gibt es neue Materialien. Charakteristisch ist das Carbon-Kupfer-Prägemuster mit 3-D-Haptik am Armaturenbrett und an den Türverkleidungen. Die elektrisch verstellbaren Sportsitze mit Bezügen aus Econyl in Schwarz und Braun können beheizt und belüftet werden. Die neue Faser, die auch im Dachhimmel und in den Teppichen zum Einsatz kommt, wird aus Kunststoffabfällen wie alten Fischernetzen und aus Stoffabfällen aus der Industrie gefertigt. Im Gesamteindruck wirkt der Innenraum sehr hochwertig.
Mit den Modellen Giulia und Stelvio der Stellantis-Markenschwester Alfa Romeo teilt sich der neue Folgore die Plattform – in modifizierter Ausführung, denn der Radstand beträgt 2,90 Meter. Das sind acht Zentimeter mehr als bei Alfa. Immerhin war ein 105-kWh-Batteriepaket zwischen den Achsen unterzubringen.
Wie in allen elektrischen Autos macht das Batteriegewicht eine entsprechend grosse Antriebsleistung erforderlich. Im Grecale sind dazu zwei gleiche Permanentmagnetmotoren installiert, die zu einer maximalen Systemleistung von 410 kW (557 PS) führen und mit dem Drehmomentmaximum von 820 Nm das fast 2,5 Tonnen wiegende Auto in 4,1 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 km/h zu beschleunigen vermögen.
Folgore-Kunden erhalten das Auto mit dem All-inclusive-Angebot für das Laden zu Hause und an öffentlichen Stationen. Im Anschaffungspreis von 135 400 Franken inbegriffen ist eine Wallbox, die eine Ladeleistung zwischen 3 und 22 kW liefert und über einen Ladelastausgleich für die effiziente Nutzung des Stromnetzes verfügt. Eine App auf dem Smartphone sucht Ladepunkte und verwaltet Ladevorgänge.
Der gewünschte Motorklang kommt aus den Boxen
Für Maserati, traditionell bekannt für nicht eben sozialverträglichen V8-Sound, stellt der Elektroantrieb eine besondere Herausforderung dar. Wie auf ersten Probefahrten zu vernehmen war, ist die Lösung dieses Problems im Grecale Folgore ansprechend gelungen. Die Sound-Tüftler fanden einen guten Kompromiss zwischen langweiligem Space-Sound und synthetischem Nachahmen des Verbrennerklangs. So hören Fahrer und Passagiere Antriebsgeräusche, die gut zu den unterschiedlichen Fahrprogrammen passen – abhängig vom Fahrmodus etwas lauter oder etwas dezenter.
Neben dem Normalmodus GT stehen Sport, Offroad und Max Range zur Wahl. Die Fahrmodi werden über einen Drehschalter am Lenkrad gewählt. Auch der blaue Startknopf befindet sich am Lenkrad, und die Fahrtrichtung wird per Drucktaste in der Mittelkonsole gewählt. Mit den langen Schaltwippen an der Lenksäule erfolgt die Einstellung des Rekuperationsgrades.
Im Sparmodus Max Range wird die Höchstgeschwindigkeit auf 130 km/h gedrosselt, das Ansprechverhalten des Fahrpedals heruntergeregelt und die Leistung der Klimaanlage begrenzt. Im Sportmodus ist vom Fahrzeuggewicht nicht mehr viel zu spüren – die gut 400 Kilowatt sorgen für kräftigen Schub, die Lenkung ist sehr präzise und vermittelt viel Rückmeldung von der Fahrbahn.
Serienmässig mit Luftfederung ausgestattet, bietet der Grecale Folgore sowohl hochstehenden Reisekomfort als auch die notwendige Straffheit bei sportlicher Fahrweise. Das Fahrwerk überträgt keine störenden Geräusche oder Vibrationen ins Innere, und selbst Windgeräusche auf der Autobahn sind kaum zu vernehmen. Die Touch-Bedienung am zentralen Screen entspricht aktuellem Standard. Allerdings wünschte man sich noch einige konventionelle Schalter oder Tasten mehr für die wichtigsten Bedienfunktionen.