Die Schweiz hat als 37. Land das Artemis-Abkommen unterzeichnet und sich damit eine Eintrittskarte zur Erkundung des Mondes verschafft. Die hat allerdings ihren Preis.
Die Schweiz hat eine besondere Beziehung zum Mond. Als die Apollo-11-Sonde am 20. Juni 1969 auf dem Erdtrabanten landete, war auch ein Experiment aus der Schweiz mit an Bord. Das an der Universität Bern entwickelte Sonnenwindexperiment wurde aufgestellt, bevor die amerikanischen Astronauten Neil Armstrong und Edwin Aldrin die amerikanische Flagge auf dem Mond hissten.
Die Schweiz wird ihre besondere Beziehung zum Mond auch in Zukunft pflegen können. Die Voraussetzungen dafür hat Bundesrat Guy Parmelin am Montag geschaffen. Im Hauptquartier der Nasa in Washington unterzeichnete er die sogenannten Artemis Accords. Dieses Weltraumabkommen ist sozusagen die Eintrittskarte, um an zukünftigen Mondmissionen der Nasa im Rahmen des Artemis-Programms teilnehmen zu können.
Die Schweiz befindet sich in guter Gesellschaft
Man könnte die Unterzeichnung als Formalität abtun. Immerhin ist die Schweiz bereits das 37. Land, das das Abkommen unterzeichnet hat. Sie befindet sich nun in Gesellschaft von Ländern wie Australien, Grossbritannien, Japan, Italien oder Deutschland, die das Abkommen bereits früher unterzeichnet hatten.
Dass dahinter mehr steckt als eine Routineangelegenheit, wird klar, wenn man sich anschaut, wer nicht zu den Unterzeichnern gehört. Auf der Liste fehlen die Namen der grossen Raumfahrtnationen Russland und China. Beide Länder sehen in den Artemis Accords einen Knebelvertrag, mit dem sich die USA wirtschaftliche Vorteile auf dem Mond verschaffen wollten.
Wirft man einen Blick auf das Vertragswerk, scheint dieser Vorwurf weit hergeholt zu sein. Die Unterzeichner verpflichten sich, bei der Erkundung und Nutzung des Mondes bestimmte Prinzipien zu respektieren. Sie bekennen sich zu einer friedlichen und transparenten Erkundung und erklären sich bereit, Daten auszutauschen, das kulturelle Erbe des Mondes zu wahren, sich in Notfällen zu unterstützen und Weltraumschrott sicher zu entsorgen.
Sicherheitszonen auf dem Mond sollen Konflikte vermeiden
All das klingt harmlos. Heikel wird es dort, wo es um die Nutzung von Ressourcen und die Vermeidung von Konflikten geht. So heisst es im Artemis-Abkommen zwar, dass die Nutzung von Weltraumressourcen in einer Weise erfolgen soll, die im Einklang mit dem Weltraumvertrag steht. Gleichzeitig soll es aber möglich sein, vorübergehend sogenannte Sicherheitszonen einzurichten. So werden im Vertrag Zonen bezeichnet, in denen der Betrieb schädliche Auswirkungen haben könnte. Was mit diesen schädlichen Auswirkungen gemeint ist, wird nicht näher spezifiziert. Kritiker sehen in den Sicherheitszonen den Freibrief, Claims zur Ausbeutung des Mondes abzustecken.
Ob das Artemis-Abkommen tatsächlich im Sinne des Weltraumvertrages ist, wie die Nasa nicht müde wird zu behaupten, ist bei Weltraumrechtlern umstritten. Zum Teil liegt das daran, dass der Weltraumvertrag sehr schwammig formuliert ist. Der Vertrag trat 1967 in Kraft. Seine Unterzeichnung fiel in die Zeit des Kalten Krieges. In erster Linie ging es darum, Kernwaffen im Weltraum zu verbieten. Eine wirtschaftliche Ausbeutung des Mondes im grossen Stil war damals noch nicht abzusehen. Der Weltraumvertrag hält lediglich fest, dass kein Land die Souveränität über den Weltraum oder einen Himmelskörper beanspruchen darf.
Dabei ist es bis heute geblieben. Alle Versuche, das Weltraumrecht zu modernisieren und zu präzisieren, sind bisher am Widerstand der grossen Raumfahrtnationen gescheitert. Keine Land will sich bei der Nutzung des Mondes und anderer Himmelskörper Fesseln anlegen lassen. Und die gegenwärtige politische Situation macht kaum Hoffnung, dass sich das bald ändern könnte.
Für ein kleines Land wie die Schweiz bleiben da nicht viele Optionen. Mit der Unterzeichnung des Artemis-Abkommens steht einer Erkundung des Mondes an der Seite der USA und anderer Länder nichts mehr im Wege. Das ist zu begrüssen. Der Preis dafür ist, dass die Schweiz die amerikanischen Spielregeln akzeptiert.