Die Enttäuschung beim Böögg-Bauer Lukas Meier ist nach der Absage am Sechseläuten gross. Verbrannt werden soll der verschonte Böögg nun trotzdem – und zwar so bald wie möglich.
Noch nie waren die Windböen so heftig an einem Sechseläutenmontag. Die Verbrennung des Bööggs wurde deshalb kurz vor 18 Uhr wegen des Windes abgeblasen – zum ersten Mal in der Geschichte des Sechseläutens. Denn der erwartete Funkenflug des Feuers und die über 140 Knallkörper im Böögg stellten eine Gefahr dar für die Hundertschaften von Zuschauern sowie für die umstehenden Gebäude auf dem Sechseläutenplatz.
Viele beurteilten die Entscheidung, auf den spannungsreichen Schlusspunkt des Frühlingsfests zu verzichten, zwar als richtig. Trotzdem zeigten sich zahlreiche Zuschauer, insbesondere auch Kinder, enttäuscht über das fehlende Ausrufezeichen des Abends.
Seither hat der Erbauer des Bööggs, Lukas Meier, keine Ruhe mehr. Ständig klingelt bei ihm das Telefon. Wie hat er diesen Moment erlebt? Und wird der Böögg nun tatsächlich im diesjährigen Gastkanton Appenzell Ausserrhoden verbrannt?
Herr Meier, gestern kurz vor 18 Uhr hiess es plötzlich, der Böögg werde wegen des starken Windes nicht verbrannt. Was ging Ihnen durch den Kopf?
Das ist eine Tragödie!
Haben Sie damit gerechnet?
Wir waren durch die Wettervorhersage bereits vorbereitet und hatten schon am Sonntag einige Szenarien für den Fall, dass wir den Böögg nicht würden abbrennen lassen können, besprochen.
Aufgrund der starken Windböen hätten Funken und brennendes Material ins Publikum fliegen können. Der Scheiterhaufen wurde daher aus Sicherheitsgründen nicht angezündet. War das die richtige Entscheidung?
Ja, die Entscheidung, den Böögg nicht anzuzünden, war richtig. Weil das Wetter sogar besser war als erwartet und es nicht regnete, zog das Sechseläuten noch mehr Besucherinnen und Besucher an. Die Sicherheit der Menschen steht an erster Stelle.
Sie können dem Entscheid also auch Positives abgewinnen.
Ja, es hat auch etwas Schönes: Die Appenzell-Ausserrhoder haben den ersten Böögg, der das Sechseläuten überlebt hat.
Welche Reaktionen haben Sie erhalten?
Sehr viel Aufbauendes. Gefühlt hat mir jeder, der mich kennt, eine liebe SMS geschickt und mich aufgemuntert. Am Ende war die Atmosphäre auch ohne den brennenden Böögg schön.
Aber etwas hat trotzdem gefehlt, der Schlusspunkt, das Ausrufezeichen hinter dem Fest . . .
Das ist natürlich schon traurig. Vor allem, wenn man später mit ansehen muss, wie der Böögg vom Scheiterhaufen heruntergeholt und im Lastwagen verstaut wird. Das Sechseläuten ist ohne die Böögg-Verbrennung nicht das Gleiche. Das gab es so bisher noch nie.
Wo ist der Böögg jetzt?
Er ist sicher in einem Lager in der Nähe von Zürich eingeschlossen. Wir holten ihn am Montagabend um halb zehn vom Scheiterhaufen herunter, nachdem wir kurzerhand Kräne, Lastwagen und Aufzüge hatten auftreiben müssen. Das ist natürlich normalerweise nicht der Fall.
Die Ausserrhoder und Ausserrhoderinnen ringen nun um den Böögg. Im Gespräch als mögliche Orte für das Abbrennen sind die Schwägalp am Fusse des Säntis, die Waldegg bei Teufen, der Gäbris und der Rechberg bei Herisau. Gleichzeitig sieht die Satiregruppe Narregmend den brennenden Böögg bereits auf der Viehschauwiese in Stein, nachdem sie letztes Jahr einen kleinen Böögg auf dem Dorfplatz angezündet hat – sprichwörtlich gibt es nun die Qual der Wahl.
Noch ist nichts endgültig entschieden. Was nun mit dem Böögg passiert, ist noch in Planung. Es ist jetzt Sache des Zentralkomitees der Zünfte Zürichs und des Organisationskomitees des Gastkantons. Der Wille ist aber da, dass der Böögg noch dieses Jahr und in Appenzell Ausserrhoden verbrannt wird. Dies sagte mir gestern auch der Appenzeller Landammann Yves Noël Balmer.
Was ist Ihr Wunschszenario?
Ich halte die Schwägalp für eine sehr gute Idee. Jedes Jahr im August findet dort oben der Schwägalp-Schwinget statt, eine Veranstaltung, die über 10 000 Personen anzieht. Der Ort vermag das zu stemmen, und die Leute dort wissen, wie das geht. Schliesslich darf das Drumherum, der Verkehr oder die Verpflegung der Besucher, nicht unterschätzt werden. Gleichzeitig ist es auch eine Chance für die Region mit Familien und Kindern, die an dem Spektakel teilhaben wollen.
Hauptsache, es geschieht noch vor dem Sommer.
Genau, das hängt natürlich damit zusammen, dass der Winter vertrieben und der Sommer eingeläutet werden soll. Wir hoffen einfach, dass der Böögg verbrannt werden kann. Sonst fehlt ja die Wettervorhersage für den Sommer! Aber das liegt nun in den Händen der Ausserrhoder Regierung. Und die ist bekanntlich nicht immer so schnell.
Welche Bedeutung hat das Sechseläuten eigentlich für Sie?
Ich bin mit dem Sechseläuten aufgewachsen. Seit ich vier Jahre alt bin, gehe ich bei der Zunft Schwamendingen am Umzug mit. Und seit ein paar Jahren bin ich Böögg-Bauer – dies war mein achter Böögg. Es ist eine Zeit der vielen schönen Feste mit Freunden, Zunftmitgliedern und dem Gastkanton. Es ist das Gesamtpaket, das das Sechseläuten besonders macht.
Und nächstes Jahr knallt der Böögg dann wieder auf dem Sechseläutenplatz?
Ja, dann wird alles wie gewohnt stattfinden – nur hoffentlich ohne Wind.
Der Appenzeller Landammann Yves Noël Balmer sagte auf Anfrage der NZZ, dass die Ausserrhoder Regierung in den nächsten Tagen die Rahmenbedingungen für das Abbrennen des Bööggs festlegen und in einer Medienmitteilung bekanntgeben werde.