In den vergangenen zwei Jahren war Kaufen teurer als Mieten. Trotzdem sind die Eigenheimpreise nicht gesunken. Und nun hat die Nationalbank die Zinsen bereits wieder gesenkt.
Die Nachfrage nach Eigentumswohnungen nimmt wieder zu. Seit Mitte des vergangenen Jahres ist die Zahl der Such-Abonnemente laut dem Beratungsunternehmen Wüest Partner (WP) um 7 Prozent gestiegen. Deutlich mehr Personen tragen sich also wieder mit dem Gedanken, ein Eigenheim zu erwerben.
Günstige Hypotheken
Ein Grund ist die Zinssituation. Sie hat sich in den vergangenen sechs Monaten deutlich entspannt. So konnte man in der Schweiz ab Herbst 2023 hoffen, dass es mit den Zinsen nicht mehr weiter nach oben gehe. Dies, nachdem die Schweizerische Nationalbank (SNB) im September nach fünf Erhöhungen in Folge erstmals wieder einen «Nullentscheid» gefällt hatte. Im März folgte dann zur Überraschung vieler sogar bereits wieder eine Senkung.
Dies hat die Hypothekarzinsen in der zweiten Jahreshälfte 2023 nach unten gedrückt: Der Richtsatz für zehnjährige Festhypotheken, der im vergangenen Sommer noch bei 2,8 Prozent lag, notiert nun seit fünf Monaten bei 2,2 bis 2,3 Prozent. Kurzfristige Saron-Hypotheken sind seit der Zinssenkung vom März ebenfalls etwa für diesen Preis zu haben.
Druck aus dem Mietwohnungsmarkt
Es sind jedoch nicht nur die tieferen Zinsen, die Wohneigentum wieder attraktiver machen. Auch die Situation auf dem Mietwohnungsmarkt trägt das Ihre dazu bei. Dieser ist nämlich mittlerweile so ausgetrocknet, dass jeder, der es sich halbwegs leisten kann, zumindest überlegt, ob er sich ein Eigenheim kaufen will.
Im Gegensatz zu den Mietwohnungen herrscht auf dem Eigenheimmarkt keine extreme Knappheit. Die Zahl der inserierten Eigentumswohnungen hat in den vergangenen zwei Jahren zugenommen. Nicht, dass in diesem Bereich mehr gebaut würde als bei den Mietwohnungen. Die Neubaubewilligungen für Stockwerkeigentum lagen gemäss WP im vergangenen Jahr fast einen Viertel unter dem Schnitt der vergangenen zehn Jahre. Aber es kommen relativ viele gebrauchte Objekte auf den Markt.
Weil diese Objekte zu sehr hohen Preisen angeboten werden, dauert es länger, bis ein Käufer gefunden wird. «Viele potenzielle Käufer sind nicht bereit, den hohen Preisforderungen nachzukommen, während die Verkaufswilligen keinen Anlass sehen, ihre Preisvorstellungen zu reduzieren», sagt Robert Weinert, Partner bei WP. Das Ergebnis: Liegenschaften bleiben länger auf dem Markt, so dass es nach mehr Angebot aussieht. Gleichzeitig kommen weniger Transaktionen überhaupt zustande: Die Zahl der registrierten Freihandtransaktionen lag laut Raiffeisen im ersten Quartal 2024 um 25 Prozent tiefer als noch vor einem Jahr.
Wo sich Käufer und Verkäufer finden und Liegenschaften die Hand wechseln, zeigt sich ein erheblicher Preisanstieg: Eigentumswohnungen wurden im vergangenen Jahr um 3 Prozent teurer. Eine Trendwende zeichnet sich laut Weinert auch für das laufende Jahr nicht ab: «Wir haben unsere Prognose sogar noch angehoben: Statt 1,2 Prozent Preissteigerungen erwarten wir dieses Jahr sogar ein Plus von 2,5 Prozent.»
Mieten bald wieder teurer als Kaufen
Dass die Preise für Eigenheime seit der Zinswende im Jahr 2022 mehr oder weniger durchgehend gestiegen sind, ist insofern speziell, als sich die Wohnkosten im Eigentum nach dem Ende der Tiefzinsphase zeitweise beinahe verdoppelt haben, wie Raiffeisen berechnet hat. Es war wieder günstiger, in einer Mietwohnung zu leben, als mit einer Hypothek die eigenen vier Wände zu erstehen.
Mit der Zinssenkung der SNB vom März könnte dies jedoch bereits wieder geändert haben. Für Raiffeisen brauchte es bloss diesen einen Zinsschritt, damit Eigentum für Neuerwerber wieder gleich viel kostet wie das Wohnen zur Miete. Jeder weitere Zinsschritt nach unten wird dazu führen, dass die Wohnkosten im Eigenheim wieder unter jenen der Mietwohnung liegen. Mit dieser Aussicht ist es für Verkäufer nur rational, auf ihren Preisforderungen zu beharren. Denn schon bald könnte die Zahlungsbereitschaft der Käufer wieder steigen.