Im Vergleich zum Ausland ist das Studium an den Hochschulen hierzulande günstig. Das zieht immer mehr Studenten aus Drittstaaten an.
Um an einer Eliteuniversität in den USA, Grossbritannien oder China zu studieren, zahlen Studenten horrende Summen. Für den Bachelor am Massachusetts Institute of Technology (MIT), eine der renommiertesten Hochschulen, blättert man 30 000 Dollar pro Semester hin. Ein Studium an der ETH Zürich ist mit 1460 Franken pro Jahr dagegen ein Schnäppchen.
Bildung ist in der Schweiz nicht weniger teuer und schon gar nicht weniger wert. Tief sind die Studiengebühren deshalb, weil die Steuerzahler einen Grossteil der Ausbildungskosten subventionieren.
Und das lockt Studenten aus anderen Ländern an. Mehr als 40 Prozent der Studierenden auf Masterstufe an der ETH Zürich sind mittlerweile sogenannte «Bildungsausländer». Damit gemeint sind Personen, die die Hochschulzugangsberechtigung im Ausland erworben haben und für das Studium in die Schweiz ziehen. An der ETH Lausanne sind es sogar 60 Prozent. Dies berichtete die «Sonntags-Zeitung».
25 000 Studierende zählt die ETH heute. Die Zahl hat sich seit 2000 mehr als verdoppelt. Auch der Anteil der Personen aus dem Ausland ist kontinuierlich gestiegen.
Immer mehr chinesische Studierende
Der Zustrom ist gewollt. Damit die Hochschule in der Forschung ihren Spitzenplatz halten könne, sei sie auf die besten Köpfe aus der ganzen Welt angewiesen, sagt die Mediensprecherin Franziska Schmid. Der Ausländeranteil der ETH ist vergleichbar mit dem der britischen Top-Universität Oxford, bei der 42 Prozent internationale Studenten eingeschrieben sind.
Auffällig ist, dass unter den Studierenden aus dem Ausland immer mehr chinesische Studenten sind. Auf Masterstufe an der ETH stellen sie hinter den Schweizern und den Deutschen die dritthäufigste Nation. Waren 2012 erst 144 Studierende mit chinesischer Nationalität auf Masterstufe eingeschrieben, sind es zehn Jahre später mehr als 700. Bei den Studenten mit deutscher Nationalität hat sich die Zahl im gleichen Zeitraum nur um die Hälfte davon erhöht.
Die Internationalisierung einer Hochschule ermöglicht die Zirkulation von Wissen und Erfahrung. Angehörige von Drittstaaten sind vor allem in den technischen Wissenschaften und Naturwissenschaften vertreten. Mit Blick auf China wird es deshalb kaum zu vermeiden sein, dass die Forschung teilweise auch für militärische Zwecke eingesetzt wird.
Der chinesische Staatschef Xi Jinping regiert das Land autokratisch, führt einen Unterdrückungsstaat und verfolgt einen klaren Plan, zur Weltmacht aufzusteigen. Dazu braucht es auch das Wissen aus dem Westen. Das 2017 eingeführte chinesische Geheimdienstgesetz kann chinesische Wissenschafter im Ausland zu Ausforschung und Informationsbeschaffung verpflichten.
2022 berichtete die NZZ von einem chinesischen Doktoranden, der 2016 in Zürich an einem System zur Navigation in Gebäuden geforscht hat. Begonnen hatte er sein Doktorat an der National University of Defense Technology (NUDT) in China, dem führenden Forschungsinstitut der chinesischen Volksbefreiungsarmee. Heute würde ein solches Projekt wohl abgelehnt. Die mittlerweile geschaffene Exportkontrolle an der ETH prüft Forschungsanfragen aus dem Ausland und den Wissenstransfer.
Arbeitsbewilligung als Hürde
Der Zuwachs an chinesischen Studenten sei ein Thema, das die ETH im Auge behalte, sagt die Mediensprecherin. Die Perspektive, dass ausländische Studierende von einem Studium oder Doktorat nur profitieren, greife aber zu kurz. Die Studierenden kämen bereits mit einer ausgezeichneten, im Ausland finanzierten Vorbildung, sonst würden sie nicht zugelassen. Als Teil des Arbeitsmarkts und der Wirtschaft leisteten sie zudem einen erheblichen Beitrag gegen den Fachkräftemangel in der Schweiz, sagt Schmid.
Dazu müssten die Absolventen nach dem von der Schweiz mitfinanzierten Abschluss aber auch in der Schweiz oder in Europa bleiben, um hier zu arbeiten. Laut der Tageszeitung «China Daily» kehren die meisten chinesischen Studenten nach der Ausbildung nach China zurück. Die von der ETH versprochene Innovationskraft droht ins Ausland abzufliessen.
Dass ein Teil der Studierenden nach dem Abschluss zurück in ihr Heimatland geht oder an eine andere Universität berufen wird, gehöre bei einer international ausgerichteten Hochschule dazu, sagt Schmid.
Mehr als zwei Drittel der ausländischen Absolventen bleiben gemäss der Hochschule aber für den Berufseinstieg in der Schweiz und zahlen hier Steuern. Dies zu überprüfen, ist allerdings schwierig. Zahlen liefert die Absolventenbefragung des Bundesamts für Statistik zwischen 2011 und 2021. Laut dieser Befragung arbeiten 89 Prozent aller Master-Absolventen der ETH Zürich ein Jahr nach ihrem Abschluss in der Schweiz. Dies bei einem Ausländeranteil auf Masterstufe von rund 40 Prozent.
Eine grosse Hürde ist die Arbeitsbewilligung. Akademiker aus Drittstaaten fallen in der Schweiz unter das Kontingentsystem. Im Jahr 2024 können maximal 8500 Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen vergeben werden an Personen, die auf dem Stellenmarkt besonders gesucht sind.
Die Schweiz investiert also zwar viel in die Ausbildung. Sie schickt qualifizierte Ingenieure dann aber wieder weg, die keinen Schweizer Pass oder einen aus einem EU-/EFTA-Land haben. Damit die Absolventen dem Schweizer Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen könnten, sei auch der Gesetzgeber gefragt, sagt Schmid.