An den Märkten für Agrarrohstoffe findet erneut ein parabolischer Anstieg statt. Diesmal trifft es den Futures-Markt für konzentrierten Orangensaft. Die Gründe sind stets die gleichen.
Wenn es um explodierende Kurse an den Finanzmärkten geht, dürfte dieser Tage jede und jeder zuallererst an Nvidia denken. Der auch als Schaufelhersteller für die schier grenzenlose KI-Manie betitelte US-Chipdesigner bewies erst am Dienstag wieder, dass auf ihn derzeit Verlass ist, als seine Aktien (+7%) den S&P 500 fast im Alleingang ins Plus hievten. Mittlerweile ist Nvidia mit 2,8 Mrd. $ mehr wert als sämtliche börsennotierte Unternehmen in Deutschland zusammen.
Parabolische Anstiege bieten in diesem Jahr jedoch auch die Märkte für Agrarrohstoffe. Im Frühjahr sorgte bereits der hochschnellende Kakaopreis für Aufsehen. Grund war (und ist) eine schlechte Ernte in den wichtigen Anbaugebieten in Westafrika – primär in Côte d’ Ivoire und Ghana –, ausgelöst durch miserable Wetterbedingungen. Ein Short-Squeeze tat sein Übriges, den Kurs zusätzlich zu befeuern – zwischenzeitlich bis auf 12’000 $ pro Tonne.
Preis für Orangensaft verdoppelt sich
Eine ähnliche Geschichte spielt sich derzeit am Futures-Markt für Orangensaft ab. Die Terminkontrakte für konzentrierten Orangensaft, die an der Intercontinental Exchange (ICE) in New York gehandelt werden, erreichten am Dienstag einen Preis von 4.92 $ je Pfund – fast doppelt so viel wie vor einem Jahr. Mit Orangensaft-Futures können sich die Akteure der Branche gegen Preisschwankungen absichern.
Die Misere nahm Ende 2022 ihren Anfang, als im US-Staat Florida zunächst ein Hurrikan und anschliessend ein Kälteeinbruch die dortigen Orangenhaine verwüsteten. Der «Sunshine State» ist die wichtigste Anbauregion in den USA – die wiederum sind einer der wichtigsten Produzenten der Welt. In den letzten Wochen hat sich der Preisanstieg noch einmal drastisch verschärft. Seit Anfang Mai verteuerten sich die Future-Kurse um rund 30%.
Damit hat der Future-Preis für Orangensaft auf Fünfjahressicht sogar den Preis für Kakao-Terminkontrakte überflügelt. Letztere sind von ihren Höchstständen zuletzt etwas zurückgekommen.
Ernteausfälle in Brasilien verunsichern
Grund für die Panik ist Brasilien. In der mit Abstand wichtigsten Anbauregion für Orangen zeichnet sich seit einigen Wochen eine schlechte Ernte ab. Gemäss Schätzungen von Fundecitrus, der Organisation der Zitrusbauer, wird die Ernte in dieser Saison um ein Viertel tiefer ausfallen. Wie bei den Kakaobohnen ist der Grund auch hier das Klima: Überdurchschnittlich hohe Temperaturen, die mit unterdurchschnittlichen Niederschlägen einhergehen, sind kein gutes Umfeld für Orangenhaine.
Gemäss «Financial Times», die sich wiederum auf Analysten der Rabobank beruft, sind fast 40% der Orangenhaine in der Hauptanbauregion im Südosten des Landes zudem mit Citrus Greening infiziert – eine bekannte Orangenkrankheit, die immer wieder für Ernteausfälle sorgt. Die einzige Möglichkeit, diese Krankheit zu bekämpfen, liegt darin, die infizierten Haine aus dem Boden zu reissen und neue zu pflanzen. Will heissen: Die Industrie und damit auch die Konsumenten dürften die Auswirkungen noch jahrelang spüren.