Der drittgrösste Reisekonzern Europas ist am Ende – und so auch die Ferienvorfreude für viele FTI-Kunden. Die wichtigsten Fragen und Antworten für Kunden aus Deutschland und der Schweiz.
Die Sommerferien rücken näher, die Vorfreude wird grösser – doch nicht bei allen. Europas drittgrösster Reisekonzern, FTI, hat am Montag Insolvenz angemeldet. Tausende Kunden bangen nun um ihre Ferienpläne. Die ersten Reisen wurden bereits abgesagt. Schweizer FTI-Kunden können noch auf ihre Ferien hoffen – oder zumindest auf eine rasche Rückerstattung ihres Geldes. Denn noch sind nicht alle FTI-Tochterfirmen von der Pleite betroffen. Was Reisende aus Deutschland und der Schweiz beachten müssen.
Welche Firmen sind in Konkurs gegangen?
Grundsätzlich ist die FTI Touristik GmbH betroffen, zu der unter anderem FTI in Deutschland, Österreich und den Niederlanden, die Marke 5vorFlug in Deutschland, die BigXtra Touristik GmbH und mehrere Auto-Vermieter gehören. Alle anderen Tochterfirmen operieren weiter. FTI hat jedoch angekündigt, dass weitere Insolvenz-Anträge von Konzerngesellschaften folgen könnten. Genauere Informationen finden sich auf der Website von FTI.
Wie kann ich nachvollziehen, ob meine Reise vom Insolvenzverfahren betroffen ist?
Entscheidend ist, wer die Reise in Rechnung gestellt hat. Ist der Rechnungssteller eine der oben genannten Firmen, fallen die gebuchte Reise, die Autovermietung oder der Flug höchstwahrscheinlich aus. So sind Leistungen dieser Firmen mit Startdatum zwischen dem 3. und 10. Juni alle abgesagt worden. FTI ist laut eigenen Angaben gesetzlich zu diesem Schritt verpflichtet.
Pauschalreisen, die später beginnen, versucht FTI laut eigenen Angaben «nach Kräften» dennoch durchzuführen. Auch einzelne Ausflüge, Übernachtungen oder Autovermietungen, die über eine der insolventen Firmen gebucht worden sind und ab dem 11. Juni stattfinden sollen, können allenfalls in Anspruch genommen werden. «Wir hoffen, eine Lösung für Reisen ab spätestens 1. Juli zu finden», sagte der Insolvenzexperte Axel Bierbach der deutschen Presseagentur am Mittwoch. Gespräche mit anderen Anbietern liefen schon.
Teilweise haben Reisende über die Plattformen von FTI auch Angebote anderer Reiseanbieter gebucht. Diese Leistungen sind auf keinen Fall vom Insolvenzverfahren betroffen und finden statt.
Meine Reise wurde storniert, bekomme ich eine Entschädigung?
Wer eine Pauschalreise gebucht hat, hat per Gesetz Anspruch auf eine vollständige Rückerstattung der geleisteten Zahlungen. Seit der Pleite von Thomas Cook übernimmt der Deutsche Reisesicherungsfonds (DRSF) diesen Schutz. Der DRSF wird die betroffenen Reisenden kontaktieren, sobald FTI ihm die Daten zur Verfügung stellt.
Ab wann gilt eine Buchung als Pauschalreise?
Von einer Pauschalreise spricht ein Anbieter, wenn er mehrere unterschiedliche Leistungen dem Kunden in einem Paket anbietet, etwa Flug, Übernachtung, Transfer zum Hotel und Ausflüge zu einem Preis. Sobald zwei Hauptleistungen, etwa der Flug und das Hotel, in Kombination verkauft werden, handelt es sich um eine Pauschalreise. Hat der Kunde hingegen nur einen Ausflug, eine Autovermietung oder das Hotel gebucht, handelt es sich um eine Einzelleistung.
Beim Kauf über ein Reisebüro ist zu beachten, dass teilweise auch das Reisebüro als Veranstalter der Pauschalreise auftritt. So gibt es Agenturen, die dem Endkunden ein Paket aus verschiedenen Einzelleistungen verkaufen, etwa das Hotel über FTI buchen, den Flug aber direkt bei einer Airline. In diesem Fall haftet die Agentur für mögliche Ausfälle, nicht FTI selbst.
Ich bin bereits unterwegs. Muss ich die Rückreise selbst organisieren?
Der Deutsche Reisesicherungsfonds hilft Kunden, die eine Pauschalreise über eines der insolventen Unternehmen gebucht haben. Der Fonds versucht zu ermöglichen, dass die Reise wie geplant fortgesetzt werden kann. Klappt dies nicht, organisiert er die Rückreise. Er erhält dabei Unterstützung vom Auswärtigen Amt und vom Deutschen Reiseverband. Es wurde eine Telefon-Hotline für Betroffene eingerichtet. Hat ein Reisebüro oder ein anderer Veranstalter einzelne Leistungen der insolventen Firmen für eine Pauschalreise gebucht, muss dieser für Alternativen sorgen.
Was müssen Schweizer Reisende beachten?
Die Schweizer FTI-Tochter, die FTI Touristik AG ansässig in Allschwil, operiert nach wie vor. Sie wickelt laut eigenen Angaben 98 Prozent der Verträge über Reisebüros ab. Wer seine Reise über dieses Unternehmen gebucht hat, kann die Reise theoretisch noch antreten. Die Schweizer Tochter hat jedoch ihren Kunden angeboten, Pauschalreisen, die zwischen dem 4. Juni und 4. Juli 2024 stattfinden, kostenlos zu stornieren, wie das Fachmedium «Abouttravel» berichtet.
Der Schweizer Reise-Ombudsmann Walter Kunz empfiehlt Reisenden, dieses Angebot anzunehmen. Ihm sei von Reisenden, die momentan mit FTI unterwegs seien, bereits von Unannehmlichkeiten berichtet worden. So sei ein Paar auf Malta dazu aufgefordert worden, das Hotel vor Ort zu zahlen. «Das Geld kann vom Schweizer Garantiefonds zurückgefordert werden, sofern die Schweizer Tochter auch Konkurs anmeldet», sagt Kunz. Ähnlich wie in Deutschland gilt in der Schweiz der Schutz nur für Pauschalreisen.
Kunz geht davon aus, dass nur wenige Schweizer Reisende durch die FTI-Insolvenz finanziell zu Schaden kommen, da in den meisten Fällen ein Reisebüro involviert ist. Diese bezahlen die gebuchten Leistungen meist erst zwei, drei Wochen im Voraus. Das Geld der Endkunden könne also einfach zurückerstattet werden, sagt Kunz. Gefährdet, ihr Geld zu verlieren, seien nur die wenigen Leute, die im Internet Einzelleistungen von FTI gebucht hätten.
Thomas Cook, jetzt FTI: Sind andere Reiseagenturen in Gefahr, in Insolvenz zu geraten`?
Nein, das ist eher unwahrscheinlich. Die beiden weiteren grossen Reiseveranstalter Europas, TUI und DER Touristik, haben anders als FTI die Flaute der Corona-Pandemie überstanden und profitieren nun von der anziehenden Reiselust. Sie vermeldeten im vergangenen Geschäftsjahr mehr Buchungen, Umsatz und Gewinn. TUI konnte bereits die Staatshilfen wieder zurückzahlen, die der Konzern während der Pandemie bezogen hatte. FTI war dies nicht gelungen. DER Touristik war nie auf Hilfe des Staates angewiesen.