Kostenlose Verkehrsmittel für Kinder und Jugendliche sind wieder im Aufwind. Nach der Abschaffung des Gratis-Schülerabos will die Liechtensteiner Regierung das Angebot nun wieder einführen und sogar noch ausbauen.
Mit LIEmobil, den Bussen des öffentlichen Verkehrs in Liechtenstein, werden die Schülerinnen und Schüler kostenlos zu den Schulzentren gefahren. Künftig wird die Benützung der Busse für Kinder und Jugendliche auch in der schulfreien Zeit gratis.
In der Schweiz gab es schon mehrere Anläufe, den öffentlichen Verkehr für Schüler und Jugendliche gratis zugänglich zu machen. In der vergangenen Woche hat das Genfer Kantonsparlament einen Gesetzesentwurf angenommen, der die kostenlose Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel bis zum Alter von 24 Jahren ermöglichen soll. Eine ähnliche Motion wurde diese Woche im Berner Grossen Rat eingereicht.
Bereits 2019 lancierte der damalige BDP-Nationalrat Hans Grunder im eidgenössischen Parlament eine entsprechende Motion. Damit wollte er den Bundesrat beauftragen, gesetzliche Bestimmungen für die Gratisbenützung der öffentlichen Verkehrsmittel für Jugendliche bis 16 Jahren zu schaffen. Der Vorstoss gelangte jedoch nicht zur Umsetzung. Der Bundesrat hatte die Motion mit dem Argument zur Ablehnung empfohlen, man wolle nicht in die Tarifstruktur im öffentlichen Verkehr eingreifen.
In Liechtenstein sind die politischen Voraussetzungen für die Gratisabos etwas anders. Die Regierung unterstützt die Anregungen aus dem Parlament, Schulkindern und Jugendlichen in Ausbildung den kostenlosen Zugang zum öffentlichen Verkehr zu ermöglichen. Die junge Bevölkerungsgruppe ist bei der ÖV-Benützung freilich jetzt schon privilegiert: Die Beförderung von Kindern bis zum 6. Geburtstag erfordert weder Fahrschein noch Abo, für Kinder ab 6 Jahren und für Jugendliche bis zum Alter von 25 Jahren gilt ein ermässigter Tarif.
Abgespeckte Variante
Zudem betritt Liechtenstein nicht Neuland. Bis 2013 erhielten Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen kostenlos ein Jahresabonnement für das LIEmobil-Netz. Diese finanzielle Bevorzugung fiel Sparmassnahmen der Regierung zum Opfer. Die Schüler hatten seither nur noch Anspruch auf ein Gratisabo, das auf die Schultage beschränkt wurde.
Die Kosten für die kostenlose Abgabe von Jahresabos für sämtliche 365 Tage beziffert die Regierung auf knapp 1 Million Franken pro Jahr. Wer ein Gratisabo will, wird allerdings nicht automatisch beglückt, sondern muss einen Antrag stellen. Ob alle aus dem betroffenen Personenkreis davon Gebrauch machen werden, wird sich zeigen. Dieses Vorgehen ermögliche es LIEmobil, die junge Zielgruppe zu erfassen und mit entsprechenden Marketing-Massnahmen für später an ihr Angebot zu binden, betont die Regierung.
Bei den kostenlosen Abos für Schüler und Jugendliche handelt es sich um eine abgespeckte Variante des oft geforderten Nulltarifs für alle ÖV-Benutzer auf dem LIEmobil-Netz. Liechtenstein hatte für das ganze Jahr 1988 eine Versuchsphase für den Nulltarif eingeführt. Damit wollte man vor allem die täglichen Verkehrsstaus an den neuralgischen Punkten minimieren. Die Massnahme führte zu einer bemerkenswerten Zunahme der Fahrgastzahlen bei den LIEmobil-Bussen. Trotz diesem positiven Ergebnis wurde auf eine Weiterführung verzichtet, weil die Zunahme hauptsächlich den Freizeitverkehr betraf und weniger den anvisierten Berufsverkehr.
Vorbild Luxemburg
Als das Herzogtum Luxemburg im Jahr 2020 für alle Busse, Züge und Strassenbahnen die Gratisbenützung für Einwohner wie für Touristen einführte, flammten Forderungen nach dem Nulltarif im Fürstentum erneut auf. Die Regierung erteilte im «Mobilitätskonzept 2030» den Träumen von kostenloser Benützung der LIEmobil-Busse für alle eine Absage.
Die Fahrgastzahlen könnten zwar erneut ansteigen, aber eher durch den Freizeitverkehr als durch eine merkliche Zunahme der Zupendler aus der Schweiz und Österreich zu den Arbeitsplätzen in Liechtenstein. Aus einer Fahrgastanalyse nach der Nulltarif-Versuchsphase hatte das Ergebnis resultiert, dass nur gerade 2 Prozent der Pendler vom privaten Motorfahrzeug auf die öffentlichen Verkehrsmittel umgestiegen waren.
Nicht die Fahrkosten seien das entscheidende Kriterium für das Umsteigen, sondern das Angebot und die Qualität. Liechtenstein befindet sich deshalb seit geraumer Zeit in Gesprächen mit dem Kanton St. Gallen und dem Bundesland Vorarlberg, um mit verbesserten Angeboten die Umsteigeanreize für die Pendler zu erhöhen. Auf den im Dezember bevorstehenden Fahrplanwechsel wird LIEmobil die Fahrzeiten bei den grenzüberschreitenden Linien an die Interregio-Züge anpassen, die halbstündlich durch das Rheintal fahren werden.
Im Unterschied zu früher, als liechtensteinische Busse nur die Bahnhöfe Sargans, Buchs und Feldkirch bedienten, zieht LIEmobil jedes Jahr neue Schlaufen in die St. Galler und Vorarlberger Nachbarschaft, um die Pendler an ihrem Wohnort abzuholen. LIEmobil kündigte ausserdem einen weiteren Ausbau des Fahrplans mit Fokus auf die Pendlerströme mit dem Fahrplanwechsel 2025 an: Zu den Hauptverkehrszeiten soll auf den nachfragestärksten Linien ein Sieben-Minuten-Takt angeboten werden.