Der Captain der französischen Auswahl scheidet beim 1:0-Erfolg gegen Österreich verletzt aus. Das versetzt die Franzosen in Aufregung. Aber ihr Chouchou dürfte weiterspielen – nun einfach als Maskenträger.
Die Hektik ist umfassend in der Düsseldorfer Arena. Einerseits auf dem Rasen, auf dem die wackeren Österreicher vergeblich dem 0:1-Rückstand nachrennen. Andrerseits an der Seitenlinie, an der sich der verletzte Kylian Mbappé die Nase hält – und nach der Aufforderung eines französischen Staff-Mitglieds auf den Rasen läuft und sich hinsetzt.
Mbappé provoziert auf kindliche Weise einen Spielunterbruch, damit die Franzosen wechseln können. Zuerst haben sie in der Aufruhr um ihren Captain den Moment verpasst, danach zeigt der Schiedsrichter dafür wenig Feingefühl. Er lässt sich nicht davon beirren, wie übergross die Personalie Mbappé in Frankreich be- und verhandelt wird. Da blutet die Nase eines Monuments. Die französische Welt scheint kurz stillzustehen.
Der Captain wird weiterspielen können
Mbappé wird für seinen Sitzstreik folgerichtig verwarnt. Aber das ist nicht das, was die Équipe Tricolore umtreibt. Vielmehr wird die Frage immer grösser, ob Mbappé am Freitag im zweiten Gruppenspiel gegen die Niederlande überhaupt wird mittun können.
Der französische Verband bestätigt in einem Communiqué die vermutete Nasenbeinfraktur, gibt aber gleichzeitig Entwarnung, von einer Operation könne im Moment abgesehen werden. Wahrscheinlich wird Mbappé fortan mit einer Schutzmaske zu sehen sein. Das ist kein Drama. Lieber die Nase als das Knie.
Ungewöhnlich ist die Gesichtsmaske infolge von Kopfverletzungen nicht. An der WM 2022 trugen etwa Thomas Meunier (Belgien) und Josko Gvardiol (Kroatien) einen Schutz, an der Euro 2021 tat das Antonio Rüdiger. Aus Schweizer Optik bleibt keine Maske, aber eine Nase mit Blut in Erinnerung. An der WM 2006 köpfelte der Schweizer Philippe Senderos gegen Südkorea ein Tor und wurde beim Jubel in grimmiger Pose abgelichtet. Senderos war das Sinnbild des Kämpfers, für den im gleichen Match die WM allerdings vorbei war. Nicht wegen der Nase, sondern wegen einer Schulterluxation.
Für Mbappé gilt das 2024 vermutlich nicht. Der Trainer Didier Deschamps wirkt nach dem Kampfspiel gegen Österreich etwas gereizt und spricht von einem «schwarzen Punkt an diesem Abend». Viel ist an Mbappé aufgezäumt, «Kylian, c’est Kylian», sagt der Trainer, es gebe ein Team mit Mbappé – und eines ohne. Die Banalität muss er nicht weiter erläutern.
Haften bleibt das Bild der blutenden Nase
Kylian Mbappé hat sich an der EM-Endrunde noch etwas grösser gemacht, indem er wie sein Teamkollege Marcus Thuram die politische Instabilität in Frankreich öffentlich thematisierte und sich gegen das Rassemblement national wandte. Einstweilen bleiben Bilder eines am Boden liegenden, verletzten Spielers, eine blutende Nase und ein Sitzstreik haften. Ein Sitzstreik, der nicht mit einem möglichen Politik-, sondern mit einem Spielerwechsel in Verbindung steht.
Ach ja, Mbappé hat den Ball in die Mitte geflankt, den der Österreicher Maximilian Wöber ins eigene Tor köpfelt. Abgesehen davon ist es nicht der Abend Mbappés. Fussballerisch gesehen.