Die Rechtspopulisten von Vox brechen mit dem Partido Popular. Das könnte den Weg für mehr Zusammenarbeit zwischen den Konservativen und der Regierung ebnen.
Santiago Abascal, der Chef von Spaniens rechtspopulistischer Partei Vox, hat sein Profil als kompromissloser Hardliner geschärft. Zum Wochenende kündigte er unerwartet die Regierungsbündnisse mit dem konservativen Partido Popular (PP) auf. Vox und PP regieren in sechs Regionen Spaniens gemeinsam.
Der Auslöser für die Spaltung war die Bereitschaft des PP, sich mit den regierenden Sozialisten bei der Umverteilung von minderjährigen, unbegleiteten Migranten solidarisch zu zeigen. Auf den Kanarischen Inseln sitzen derzeit 6000 Menores Extranjeros No Acompañados (Mena) fest, die mit Flüchtlingsbooten aus Nordafrika gekommen sind. Für die Mena gibt es kaum Platz, geschweige denn ausreichende Betreuung. Bei den Minderjährigen handelt es sich fast ausschliesslich um Jungen, die meisten stammen aus Marokko.
Kanarische Inseln überfordert
Die kanarischen Behörden, die jetzt schon völlig überlastet sind, befürchten, dass sich diese Zahl bis zum Jahresende fast verdoppeln könnte, und forderten eine Umverteilung der Zuwanderer auf das Festland.
Die Ankunft illegal eingereister, minderjähriger Migranten bedrohe die Sicherheit der Spanier, hiess es in einer institutionellen Erklärung von Vox. Ein Vox-Sprecher aus Mallorca fügte hinzu, man dürfe Macheten-Angriffen, Raubüberfällen und Vergewaltigungen, die Folge der unkontrollierten Einwanderung seien, nicht teilnahmslos zusehen.
Diese Äusserungen wurden am Wochenende auch von der konservativen Presse kritisiert. Die geplante Aufnahme von 120 Minderjährigen in den Regionen, in denen Vox mit dem PP regiert, könne schwerlich die Sicherheit von den 12 Millionen dort lebenden Spaniern gefährden, befand das Nachrichtenportal «El Español».
Die Medien sind sich einig, dass Abascal mit dem Bruch einen Befreiungsschlag plant, um die Wähler wieder zurückzuholen, nachdem seine Partei bei den Europawahlen und bei den Regionalwahlen in diesem Jahr enttäuscht hat. Abascal musste zusehen, wie die Rechtspopulisten in Deutschland, Frankreich und Italien deutlich zulegten.
Vox sei mit seiner Entscheidung über das Ziel hinausgeschossen, sagte der Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo, der es allerdings vermied, die Brücken zu den Rechtspopulisten völlig abzubrechen. Er will so verhindern, dass sich der Bruch auch auf die insgesamt 140 Rathäuser ausweitet, in denen PP und Vox gemeinsam das Zepter halten.
Rückkehr ins Zentrum
Er weiss, dass es für die Konservativen schwer werden wird, fortan in den von der Spaltung betroffenen Regionen, darunter Valencia, die Balearen und Extremadura, die Legislaturperiode mit einer Minderheitsregierung zu Ende zu bringen. Bei wichtigen Gesetzesvorhaben und beim Haushalt benötigen die Konservativen nun die punktuelle Unterstützung der Parteien auf der Oppositionsbank. In einigen Regionalparlamenten gibt es bereits Anzeichen, dass es künftig zu mehr Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten von der PSOE kommen könnte.
Und nicht zuletzt hat Feijóo, der unter dem Druck der Vox-Partei immer weiter nach rechts rückte, um nicht noch mehr Wähler zu verlieren, jetzt die Möglichkeit, zu jenem moderaten Profil zurückzufinden, das seine Zeit als langjähriger Ministerpräsident Galiciens kennzeichnete. Das sieht auch die katalanische Tageszeitung «La Vanguardia» so. Für Feijóo sei der Bruch mit den Rechtspopulisten eine Chance, politischen Raum in der Mitte zurückzuerobern – und damit auch Wählergruppen, die sich in den letzten Jahren für die Sozialdemokraten entschieden hatten.