Zum dritten Mal campieren linke Aktivisten auf Deutschlands teuerster Insel. Bereits in den vergangenen Jahren hatten sie für Ärger gesorgt. Daraus wollen sie gelernt haben.
Die linken Aktivisten sind zurück auf der Insel. Sie haben abseits der Festwiese des Ortes Tinnum am Sylter Flughafen und in unmittelbarer Nähe zum örtlichen Porsche-Händler ihr Camp aufgeschlagen. Dies aber mit Rücksicht auf das Tinnumer Dorffest, das am kommenden Wochenende auf der Festwiese stattfindet. Erst danach wollen sie direkt auf die Wiese ziehen. «Lasst uns dafür sorgen, dass den Bonzen auch der letzte Kaviar vom Löffel rutscht», schrieb das Bündnis «Aktion Sylt» in seinem Aufruf zum Camp.
An dessen Eingang haben die Aktivisten am Montag ein Transparent aufgehängt. «Sylt enteignen, Bonzen raus!», steht darauf. Bis zum Abend sollten 50 Personen im Camp angekommen sein, insgesamt rechneten sie in den nächsten sechs Wochen mit bis zu 300 Teilnehmern, erzählten die Organisatoren Jonas Hötger und Marvin Bederke dem «Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag». Sie wollten einen scharfen Protest gegen die ihrer Ansicht nach herrschenden Ungerechtigkeiten auf Sylt kundtun: «für ein solidarisches Miteinander, Klimagerechtigkeit, eine inklusive Gesellschaft und gegen Gentrifizierung». Die Veranstaltung ist für den Zeitraum vom 22. Juli bis zum 1. September angemeldet worden.
Erstmalig waren im Sommer 2022 Dutzende linke Aktivisten aus ganz Deutschland nach Sylt gereist. Auf Deutschlands teuerste Insel, auf der ein Quadratmeter bis zu 20 000 Euro kostet. Mit dem damals verfügbaren Neun-Euro-Ticket kamen sie im Zug und blieben wochenlang – mitten im Hauptort Westerland, wo sie für Chaos und Ärger sorgten. Einheimische beschwerten sich über Pöbeleien, Lärm, Wildpinkler, Dreck und Umsatzeinbussen. Ein Sicherheitsdienst sollte schliesslich für Ordnung sorgen.
Doch: Die Punks brachten 2022, und 2023 wieder, zumindest einen frischen Wind auf die zwar oft stürmische aber doch auch windstill-verschlafene Insel. Damit sie nicht wie 2022 im Stadtpark hausen, veranstaltete die Gemeinde dort im vergangenen Jahr eine monatelange Kunstschau. In diesem Jahr findet prophylaktisch eine Veranstaltungsreihe im Rathauspark statt, mit Live-Musik und Aktionen zum Mitmachen für Sylter und Gäste und gegen die Vereinnahmung durch Punks.
Diese raubten mit ihren bisherigen Sylt-Ausflügen zwar Anwohnern wie Touristen Nerven, wiesen aber auch auf Probleme Sylts hin: die sinkende Einwohnerzahl, die steigenden Mieten und die weitere Mondänisierung des ohnehin schon als «Promi-Insel» verschrienen Eilands.
Im Mai verschlechterten einige betrunkene, junge Menschen den Ruf der Insel weiter. Sie grölten ein ausländerfeindliches Lied und sorgten beinahe für eine Staatskrise. «Aktion Sylt» rief zur spontanen Reise in den Norden auf, man werde «die Insel heimsuchen und lautstark gegen rechts demonstrieren». Dem Aufruf folgten allerdings nur eine Handvoll Punks.
Generell haben sie bislang wenig bewirkt: Auf Sylt gibt es seit Jahren keinen ordentlichen Haushalt, durch Nothaushalte stocken der nötige Ausbau der Insel-Infrastruktur und Wohnungsbau-Vorhaben. Einheimische finden kaum mehr Wohnraum zwischen den teuren Ferienhäusern. Der Punk-Protest hat daran nichts verändert.
Mobile Toilettenhäuschen und ein Müllcontainer
Die Punks hingegen scheinen sich gebessert zu haben. «Was uns wichtig ist zu betonen, ist, dass wir die Lehren aus dem vergangenen Jahr gezogen haben und in diesem Jahr eine fünftägige Frist nach Camp-Ende mit den Behörden vereinbart haben, in der wir uns nur ums Aufräumen und Saubermachen kümmern, um die Wiese anschliessend wieder in einem tadellosen Zustand zu übergeben», sagte der Planer Marvin Bederke weiter. Mobile Toilettenhäuschen seien aufgestellt worden, ein Müllcontainer bestellt. Es gebe konstruktiven Kontakt zu den Behörden und bislang keinerlei Beschwerden.
Diesen Eindruck vermitteln, zumindest bislang, auch die Sylter. Florian Korte, der Sprecher der Gemeinde, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Wir gehen von einem friedlichen Verlauf des Protestcamps aus. Die Gespräche zwischen der Sylter Polizei, dem Kreis Nordfriesland und unserer Ordnungsbehörde liefen und laufen sehr konstruktiv.» Wenn die Protestler dies halten und dabei ein Bewusstsein für die Sylter Problemthemen schaffen, könnte ihre Heimsuchung der Insel auch eine gute Nachricht für diese sein.