Die Wettmärkte geben dem republikanischen Kandidaten Donald Trump gute Chancen, die US-Präsidentschaftswahlen im November zu gewinnen. Ein solches Szenario wäre für einige Länder ungemütlich.
Mit dem Rückzug Joe Bidens aus dem Präsidentschaftsrennen in letzter Sekunde und der nahezu sicheren Nomination von Kamala Harris als potenzielle Herausforderin Donald Trumps haben die Wahlen in den USA eine neue Wendung genommen. Zwar scheint die derzeitige Vizepräsidentin bei den Wählern populärer zu sein als Biden. Den Wettmärkten zufolge hat allerdings nach wie vor Donald Trump die grösseren Chancen, am 5. November als Sieger aus den Präsidentschaftswahlen hervorzugehen.
Einerseits blieb Kamala Harris in den vergangenen vier Jahren eher blass, andererseits wird sie auch für diverse Probleme unter der Regierung Biden wie die hohe Inflation und die starke (illegale) Zuwanderung an der Südgrenze der USA der vergangenen Jahre mitverantwortlich gemacht. Trump kann derweil aus dem missglückten Attentat Kapital schlagen, in dem er instinktiv souverän reagiert hatte und seinen Ruf als «harter Leader» festigen konnte.
Donald Trump, der Merkantilist
Auch viele Marktbeobachter rechnen inzwischen mit einer zweiten Amtszeit Donald Trumps. Es wäre ein spektakuläres Comeback, nachdem das Ende seiner ersten Amtszeit unrühmlich war. Anleger dürften deshalb zunehmend darauf fokussieren, was mögliche wirtschaftspolitische Konsequenzen einer Rückkehr Trumps wären.
Es ist kein Geheimnis, dass Trump für Steuersenkungen und Deregulierung plädiert und kein Freund grüner Energie ist. Auch seine merkantilistische Ader ist aus seiner früheren Amtszeit bekannt. So ist er der Ansicht, dass alle Länder, die einen bilateralen Handelsbilanzüberschuss mit den USA erzielen, die USA übervorteilen. Für den ehemaligen US-Präsidenten ist der internationale Handel ein Nullsummenspiel, das Konzept des komparativen Kostenvorteils ist ihm fremd.
Mit der gestiegenen Wahrscheinlichkeit von «Trump 2.o» dürfte deshalb auch die Nervosität in gewissen Hauptstädten rund um den Globus zugenommen haben. Sollte er gewählt werden, dürften nämlich insbesondere Länder mit einer positiven Handelsbilanz gegenüber den Vereinigten Staaten ins Visier geraten.
China mit hohem Handelsbilanzüberschuss
Besonders exponiert ist China, das den mit Abstand grössten Handelsbilanzüberschuss mit den USA ausweist (2023 belief er sich gemäss dem US Census Bureau auf rund 280 Mrd. $). Da das Land ohnehin unter einer stotternden Konjunktur leidet – die platzende Immobilienblase fordert ihren Tribut –, wäre eine Verschärfung im sino-amerikanischen Handelsdisput eine Katastrophe.
Allerdings dürfte nicht nur Peking mit Besorgnis den US-Wahlen entgegenblicken. Auch Mexiko, Vietnam und Deutschland dürften ins Visier geraten, falls Donald Trump gewählt würde. So warnte Robin Winkler, Chefvolkswirt Deutschland der Deutschen Bank, kürzlich: «Die Verwundbarkeit Deutschlands durch Protektionismus in den USA ist grösser als vor der Pandemie».
Der Ex-Präsident hat angekündigt, einen Zoll von 10% auf alle Importe in die USA zu verhängen. Wie Analysten der Investmentbank Goldman Sachs schätzen, dürfte ein solcher Zoll das Bruttoinlandprodukt im Euroraum um einen ganzen Prozentpunkt senken. Die Unternehmensgewinne dürften im Umfang von 6 bis 10% einbrechen. Für die Börsen wäre das ein herber Schlag.
Bis im November kann freilich noch einiges geschehen – dennoch sollten sich Anleger auf eine mögliche Rückkehr Donald Trumps vorbereiten.