Anderswo wurde das Format bereits vor Jahren eingestellt. Doch die Deutschen schalten bei «Wer wird Millionär?» auch nach einem Vierteljahrhundert noch ein.
Im Idealfall könne man in seiner Sendung in einer Viertelstunde Millionär werden: Mit diesen Worten wirbt der Moderator Günther Jauch am 3. September 1999 in der ersten Folge «Wer wird Millionär?» für die neue Quizsendung. Lediglich 15 Fragen müssten die Kandidaten richtig beantworten, um die Millionensumme zu gewinnen.
Das Konzept der Show ist simpel, der Weg zum Hauptgewinn trotzdem schwer. In jeder Sendung nehmen sechs Kandidaten in einer Auswahlrunde teil. Wer am schnellsten die richtige Antwort gibt, darf gegenüber Moderator Jauch in der Studiomitte Platz nehmen. Von da an gewinnen die Kandidaten Geld für jede richtig beantwortete Frage. Der Schwierigkeitsgrad steigert sich mit jeder Frage.
Jeder Teilnehmer hat drei Joker zur Verfügung. Steigt ein Kandidat während des Spiels aus, gewinnt er die bisher erspielte Gewinnsumme. Beantwortet ein Teilnehmer eine Frage falsch, verliert er das Geld – der Gewinn fällt auf die nächste Sicherheitsstufe, die in der Regel bei 500 Euro liegt. Daran hat sich in 25 Jahren nur wenig geändert.
«Wer wird Millionär?» war bei der Premiere im Jahr 1999 keine Neuerfindung. Das Format war eine britische Adaption und eine von vielen Quizsendungen, die in den 1980er und 1990er Jahren die Abende vor dem TV dominierten. Doch während andere Quiz schnell wieder verschwanden, steht «Wer wird Millionär?» bis heute im wöchentlichen Fernsehprogramm. In diesen Tagen feiert der Sender RTL das 25-Jahre-Jubiläum der Show.
Sendung sorgt für Quiz-Boom
Ein Dauerbrenner ist die Sendung auch dank dem Moderator Günther Jauch. Bei der Premiere im Jahr 1999 war er 43 Jahre alt, hatte zuvor für das ZDF das «aktuelle Sportstudio» moderiert und Champions-League-Spiele kommentiert. Auf die Moderation einer Quizsendung hatte er eigentlich keine wirkliche Lust, wie er einst der «Bild» sagte. Doch nachdem er sich vier Kassetten mit Aufzeichnungen des britischen Originals angesehen hatte, sagte er zu.
Und so steht Jauch am 3. September 1999 im Studio in Köln, begrüsst die Zuschauer und macht lockere Sprüche. Er spielt mit Gegensätzen. «Hier erhalten notorische Schulabbrecher die Chance auf ein glanzvolles Comeback und Einsteins Nachfahren können schrecklich versagen.» Schon in den ersten Minuten macht der Quizmaster klar: Die Sendung ist unberechenbar, bietet aber jeder Gesellschaftsschicht die Chance auf den schnellen Reichtum. Das macht die Show erfolgreich.
Jauch verliert sich gerne in Gesprächen mit seinen Kandidaten. Das zieht die Sendung zwar in die Länge, sorgt aber für Spannung. Er könne sich eine Viertelstunde lang an einer Frage abarbeiten, sagte er einst in einem Interview mit der «Süddeutschen Zeitung». In der Sendung erfahre man in guten Momenten mehr über die Welt und das Leben. «Wenn mir ein Finanzbeamter gegenübersitzt und wir über Steuern ins Gespräch kommen, lernt man manchmal mehr als in einer Stunde Polit-Talk.»
2800 Kandidaten in 25 Jahren
Mehr als 2800 Kandidaten sind Jauch in den vergangenen 25 Jahren auf dem «heissen Stuhl» gegenübergesessen, haben Fragen beantwortet und mit dem Moderator über das Leben philosophiert. Die Arzthelferin Tanja Ortmann machte den Anfang. Ihre erste Frage sollte ein Sprichwort vervollständigen: «Besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem . . . ?» Die Antwortmöglichkeiten: A: Sofa / B: Klo / C: Grill / D: Dach. Ortmann beantwortete in der Folge sieben Fragen richtig und ging mit einem Gewinn in der Höhe von 8000 Mark nach Hause.
Bis der erste Milliongewinner feststand, verging über ein Jahr. Der Geschichtsprofessor Eckhard Freise beantworte im Dezember 2000 als Erster die 15. Frage. «Mit wem stand Edmund Hillary 1953 auf dem Gipfel des Mount Everest?», lautete sie. Freise antwortete richtigerweise Tenzing Norgay und sicherte sich eine Million Mark. Doch der Gewinn war schnell weg. Freise bezahlte davon seine Doppelhaushälfte ab, den Rest der Summe spendete er. Heute ist er ein gefragter Gast in diversen TV-Quizshows und gilt als Koryphäe für Wissensfragen aller Art.
Auf Freise folgten 15 weitere Kandidaten, die die Millionenfrage lösen konnten. Unter ihnen sind mit Oliver Pocher, Thomas Gottschalk und Barbara Schönenberger auch drei Prominente, die den Hauptgewinn in Prominenten-Specials gewannen. Sie spendeten das Geld für einen wohltätigen Zweck.
Auch 2024 noch ein stabiler Marktanteil
Die Show beschert dem Sender RTL Rekordquoten. Ein Jahr nach der Premiere schalteten durchschnittlich zehn Millionen Zuschauer ein – pro Sendung. Die Sendung wurde zunächst dreimal und danach zweimal wöchentlich ausgestrahlt.
Seit 2015 läuft «Wer wird Millionär?» jeweils nur noch montagabends. Doch auch 2024 erreicht sie immer noch einen stabilen Marktanteil von über zehn Prozent. Günther Jauch stellt seine Fragen, und die Deutschen schauen zu.
In der Schweiz hat das Format keinen Erfolg
Der Erfolg der deutschen Version von «Wer wird Millionär?» ist einzigartig. 1998 startete das Format mit dem Titel «Who Wants to Be a Millionaire?» in Grossbritannien und wurde dann in über hundert Ländern adaptiert. In vielen davon wird die Show nach wenigen Staffeln wieder eingestellt. So auch in der Schweiz.
Der Kabarettist René Rindlisbacher moderierte die Show ab März 2000 auf dem Sender TV3. Mit der Einstellung des Senders im Dezember 2001 verschwand auch die Show aus dem Programm. Zehn Jahre später feierte sie auf dem Sender 3+ ein Comeback – wurde nach lediglich drei Sendungen aufgrund zu hoher Kosten aber wieder abgesetzt.