Die deutsche Politik und die Marine lassen sich von chinesischen Drohungen nicht beirren und setzen ein deutliches Zeichen.
Zwei deutsche Kriegsschiffe fahren gegenwärtig durch die Strasse von Taiwan, welche die gleichnamige Insel vom chinesischen Festland trennt. Am Freitag kurz vor Mittag mitteleuropäischer Zeit fuhren die Fregatte «Baden-Württemberg» und der Einsatzgruppenversorger «Frankfurt am Main» etwa auf der Höhe der taiwanischen Hauptstadt Taipeh mit südlichem Kurs.
Damit setzt die deutsche Politik Spekulationen zur Frage ein Ende, ob man sich von chinesischen Drohungen einschüchtern lassen würde. Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte kurz vor Beginn der Durchfahrt, dass Deutschland mit der Fahrt durch die Strasse von Taiwan ein Signal senden wolle: «Es ist der kürzeste Weg. Es ist angesichts der Wetterlage der sicherste Weg, und es sind internationale Gewässer, also fahren wir durch.»
China betrachtet die Taiwan-Strasse als sein Gewässer
Das Zeichen wurde gut sichtbar gesetzt: Die beiden Schiffe liessen während des Transits ihr AIS-Signal eingeschaltet und sind daher auf Plattformen, die Schiffsbewegungen verfolgen, sichtbar. Für Schiffe ab einer gewissen Grösse ist es aus Sicherheitsgründen obligatorisch, ein AIS-Signal abzusetzen; für Kriegsschiffe gelten allerdings Ausnahmen, weil sie sich häufig auf geheimer Mission befinden.
China betrachtet Taiwan als Teil seines Territoriums und die Strasse von Taiwan als Gewässer unter seiner Jurisdiktion. Was das genau bedeutet, ist unklar, doch die Position ist unter modernem Seerecht nicht haltbar.
Die Taiwan-Strasse ist an ihrer engsten Stelle rund 130 Kilometer breit. Selbst wenn Peking die Insel Taiwan kontrollieren würde, läge ein breiter Streifen des Gewässers ausserhalb der chinesischen Territorialgewässer. Schiffe aller Nationen, zivile wie militärische, dürfen daher die Taiwan-Strasse durchfahren, ohne Peking darüber zu informieren oder dort eine Bewilligung einholen zu müssen.
Dennoch protestiert Peking jeweils und droht mit Gegenmassnahmen, wenn Kriegsschiffe fremder Länder durch dieses Gewässer fahren. Vor drei Jahren, als die deutsche Fregatte «Bayern» im Pazifik unterwegs war, fuhr sie im offenen Pazifik an der Ostseite der Insel Taiwan vorbei und vermied die Seestrasse. Die Kritik für diesen Bückling vor China war laut.
China bedrängt fremde Kriegsschiffe
Um zu unterstreichen, dass man auf dem Recht der freien Seefahrt besteht und die chinesische Position nicht akzeptiert, passieren Kriegsschiffe verschiedener Länder regelmässig unangekündigt die Strasse von Taiwan. Die US Navy tut dies fast jeden Monat, in der jüngeren Vergangenheit sind Transits der kanadischen, der australischen, der britischen und der französischen Marine bekannt. China beschwert sich jeweils laut.
Häufig beschatten chinesische Einheiten diese Schiffe und bedrängen sie teilweise auch. So schnitt im Juni 2023 ein Schiff der Marine der Volksbefreiungsarmee der USS «Chung-Hoon» den Weg ab und zwang den 9700 Tonnen schweren Zerstörer zu einem Bremsmanöver. Das U.S. Indo-Pacific Command bezeichnete das chinesische Verhalten als gefährlich.
Wie sich die chinesische Marine am Freitag gegenüber den beiden deutschen Schiffen verhalten hat, ist bis jetzt nicht bekannt.
Die deutsche Marine fährt um die Welt
Die «Baden-Württemberg» und die «Frankfurt am Main» sind seit Mai im Rahmen des Indo-Pacific Deployment 2024 unterwegs. Die Reise führte von Wilhelmshaven über den Atlantik und durch den Panamakanal in den Pazifik. Im Juni nahmen die beiden Kriegsschiffe in Hawaii am Rimpac-Manöver teil, dem grössten multilateralen Marinemanöver im Pazifik unter der Führung der USA.
Nach Stopps in Japan und Südkorea führte ihre kürzeste Route nach Manila in den Philippinen durch die Strasse von Taiwan. Im Dezember sollen die Fregatte und der Truppenversorger wieder in Deutschland sein.