Die Stadtpolizei soll Autofahrer, die ihr grosses Fahrzeug nicht ganz genau ins Parkfeld stellen, konsequent bestrafen.
Mit seiner knuffigen Karosserie und seiner markanten Schnauze ist der «Countryman» unverkennbar ein Mini. Doch wirklich «mini» ist an der jüngsten Version des britischen Autoklassikers von 1959 gar nichts mehr. Der «Countryman» ist rund 4,5 Meter lang, über 2 Meter breit und, in der Version mit Elektroantrieb, 2 Tonnen schwer.
Der moderne Mini ist so «maxi», dass er sogar mit einer Warnung geliefert wird: «Wenn Sie eine Garage besitzen, wollen Sie sichergehen, dass Ihr Mini auch hineinpasst», schreibt der Hersteller auf seiner Website. Dieser Hinweis wäre mit der 3 Meter kurzen und 1,4 Meter schmalen Originalversion nicht nötig gewesen.
So wie beim Mini ist es in den letzten Jahren fast allen Herstellern ergangen. Ihre Autos haben zugelegt. Laut einer Studie, aus welcher die BBC zitiert, beträgt das seitliche Wachstum etwa 0,5 Zentimeter pro Jahr.
Der Trend zu aufgepumpten Autos hat sich auch in den Normen des Schweizerischen Verbands der Strassen- und Verkehrsfachleute (VSS) niedergeschlagen. Für die Planung von Parkplätzen rechnet der VSS seit 2021 mit einer Autobreite von 1 Meter 85 – zuvor waren es 5 Zentimeter weniger gewesen. Die Standardlänge liegt bei 4 Meter 90. Fast 90 Prozent der Autos auf Schweizer Strassen seien mit diesen Massen abgedeckt, schreibt der VSS auf Anfrage der NZZ.
Von 13 Autos waren nur 2 korrekt einparkiert
Viel Platz nehmen die Dickschiffe auch in der Politik ein. SUV gelten in rot-grünen Kreisen als Sinnbild des überbordenden Konsums und eines umweltschädlichen Verhaltens. Klimaaktivisten veranstalten immer wieder nächtliche Luftablasstouren durch Quartierstrassen, bei denen sie es auf SUV abgesehen haben. Dies, obwohl die grossen Wagen nicht selten abgasfreie Elektroautos sind.
Im Stadtzürcher Gemeindeparlament haben die Fraktionen der SP und der AL nun ein Anti-SUV-Postulat parkiert. Der Stadtrat solle prüfen, wie der Trend zu breiteren Autos in Zürich gebrochen werden könne.
Als Speerspitze der antiautomobilen Staatsmacht walten soll dabei ausgerechnet jene Institution, die von Rot-Grün in anderen Belangen jeweils besonders viel Kritik einstecken muss: die Polizei.
Bis jetzt geht die Stadtpolizei recht grosszügig mit nicht ganz korrekt parkierten Autos um. Erst wenn eines der Räder mehr als zur Hälfte aus dem Parkfeld hinausrage, gebe es eine Busse, sagte das städtische Sicherheitsdepartement im Februar gegenüber der NZZ.
Mit dieser Toleranz, so die Forderung von SP und AL, solle es bald vorbei sein. Die Polizei solle den Bussenblock zücken, sobald Autos nicht vollständig innerhalb der Markierung eines Parkfelds abgestellt werden. Ausserdem soll auch ausserhalb der gebührenpflichtigen Zeiten mehr kontrolliert werden.
Eine solche strikte Auslegung der Regeln würde wohl sehr viele Autofahrer treffen, wie ein kleiner Augenschein an einem Nachmittag im Zürcher Seefeld zeigt: Von dreizehn Autos in einer zufällig ausgewählten Seitenstrasse waren nur gerade zwei so parkiert, dass nicht einmal ein Reifenteil die weisse Linie von innen touchierte.
Interessanterweise handelte es sich bei den etwas unpräzise abgestellten Fahrzeugen aber nicht um SUV, sondern eher um kleinere und ältere Modelle. Ihnen fehlt, was in vielen modernen und teuren Autos zum Standard gehört: Assistenzsysteme und 360-Grad-Kameras, mit denen auch 2 Meter breite Geländewagen perfekt einparkiert werden können – auf Wunsch sogar vollautomatisch.
Die SP und die AL schreiben, dass die Autofahrer im Vorfeld der strengeren Auslegung der Regeln gewarnt werden sollten, damit es nicht zu Überraschungen komme.
Umerziehung für Autofahrer
Die beiden linken Parteien rufen aber nicht nur zur stärkeren Kontrolle von Parkiervergehen auf. Auch das Strassenbild soll sich verändern. Bei mehrspurigen Strassen sollen die äusseren Fahrspuren enger markiert werden und nur noch für schmale Fahrzeuge zugelassen werden. Dort dürfte also ein Original-Mini ohne Katalysator jederzeit durchfahren, nicht aber ein vollelektrischer «Countryman» von 2024.
Ausserdem verlangt das Postulat nach einer Kampagne. Autofahrer sollen dafür sensibilisiert werden, beim Überholen und Kreuzen von Fahrrädern einen Minimalabstand zu wahren.
Dass sich diese zwei letzten Ziele, künstlich verengte Strassen und ein sicheres Überholen von Velos, möglicherweise widersprechen, scheint den Antragstellern nicht aufgefallen zu sein.
Angetönt wird im Vorstoss schliesslich auch, dass Besitzer von schweren und breiten Fahrzeugen höhere Parkgebühren bezahlen sollen – dies wird im Parlament im Rahmen einer weiteren Vorlage beraten werden.
Ein einziges Gardemass für Parkfelder gibt es nicht
Eine einheitliche Grösse für Parkfelder gibt es übrigens nicht. Der Verband VSS schreibt, dass ein senkrecht zur Fahrtrichtung angeordnetes Parkfeld in einem Parkhaus zwischen 2,50 und 2,80 Meter breit sein kann. Das Mass hängt davon ab, wie viel Platz zur Verfügung steht, um auf das Parkfeld zu fahren. Je schmaler der Fahrweg ist, desto breiter ist das Parkfeld. Ausserdem gibt es bei den Feldergrössen Zuschläge für Hindernisse wie Wände oder Pfeiler in der Tiefgarage.
Einige Parkhäuser haben für ihre SUV-Kunden inzwischen spezielle extragrosse Parkfelder aufgemalt. Das Parkhaus Hohe Promenade an der Rämistrasse in Zürich etwa hat gleich seine ganze vierte Etage den XXL-Plätzen gewidmet. 95 Stück gibt es dort. Die breiten Felder sind aber nicht nur für die «bösen» SUV gedacht, sondern auch für Familien – und für Rollstuhlfahrer.